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„Es ist gut, hier zu sein“ (vgl. Lk 9,33)

Hl. Franz von Sales (1567-1622)

Bischof von Genf und Kirchenlehrer
Predigt für den 2. Sonntag in der Fastenzeit, 20. Februar 1622 (Œuvres de Saint François de Sales, Tome X, Annecy Imprimerie Niérat 1898, p. 240–243, rev.; ins Dt. übers. © Evangelizo)

„Es ist gut, hier zu sein“ (vgl. Lk 9,33)

Die Apostel sahen also das Antlitz des Herrn leuchtender und strahlender als die Sonne, und diese Klarheit, diese Herrlichkeit erfasste auch seine Kleider, um uns zu zeigen, dass er nicht knauserig war und sogar seine Kleidung und alles, was ihn umgab, daran teilhaben ließ. Er gab uns eine kleine Kostprobe der ewigen Freude und einen Vorgeschmack dieses Ozeans und Meeres unvergleichlicher Glückseligkeit, damit wir uns nach all dem sehnen; so dass der gute heilige Petrus, der für alle sprach, als wäre er ihr Vorgesetzter, ganz bewegt vor Freude und Trost ausrief: „O wie gut ist es, hier zu sein“, so als wollte er sagen: Ich habe viele Dinge gesehen, aber es gibt nichts, das ich so begehre, als an diesem Ort zu sein. Die drei Jünger sahen auch noch Mose und Elija, die sie nie zuvor gesehen hatten und die sie doch sehr wohl erkannten […]. Beide unterhielten sich mit unserem göttlichen Meister über sein Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte (vgl. Lk 9,31), wobei Ende nichts anderes bedeutet als den Tod, den er aus Liebe erleiden sollte; dann, nach diesem Gespräch, hörten die Apostel plötzlich die Stimme des ewigen Vaters sagen: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (vgl. Mt 17,5). Zunächst möchte ich anmerken, dass wir alle einander in der ewigen Seligkeit erkennen werden, denn in dieser kleinen Kostprobe, die der Heiland seinen Aposteln gab, wollte er, dass sie Mose und Elija, die sie nie gesehen hatten, erkennen. Wenn das so ist, o mein Gott, welche Genugtuung werden wir da einmal empfangen, wenn wir diejenigen sehen, die wir in diesem Leben so sehr geliebt haben! […] Die Freundschaften, die bereits in diesem Leben gut waren, werden im anderen Leben ewig fortbestehen. Wir werden bestimmte Personen besonders lieben, aber diese besonderen Freundschaften werden keine Spaltungen hervorrufen, denn alle unsere Zuneigungen werden ihre Kraft aus der Liebe Gottes schöpfen, der sie alle lenkt und bewirkt, dass wir jeden Seligen mit jener ewigen Liebe lieben, mit der wir von der göttlichen Majestät geliebt worden sind. […] Aber über welches Thema werden wir im himmlischen Jerusalem sprechen? […] Über die Barmherzigkeit, die der Herr uns hier auf Erden erwiesen hat, durch die er uns befähigt hat, in den Genuss einer solchen Glückseligkeit zu kommen, die allein uns genügt. Ich sage allein, weil unter dem Wort Glückseligkeit alle möglichen Güter verstanden werden, die aber in Wahrheit nur ein einziges Gut sind, nämlich die Freude an Gott in der ewigen Glückseligkeit.