Tina 13
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„Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48)

Ehrwürdige Dienerin Gottes Madeleine Delbrêl (1904–1964)

Missionarin der „Leute von der Straße“
Der Christ, ein ungewöhnlicher Mensch (La joie de croire, éd. du Seuil 1968, p. 121–124, rev.; ins Dt. übers. © Evangelizo)

„Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48)
In dem Maße, wie ein Christ seinen Glauben bekennt und versucht, ihn zu leben, wird er von Gläubigen und Nichtgläubigen als ungewöhnlich wahrgenommen. […] Das Ungewöhnliche eines Christen ist schlicht und einfach seine Ähnlichkeit mit Jesus Christus, die Christusähnlichkeit, die – durch die Taufe in einen Menschen eingesenkt und sein Herz durchdringend – schließlich sozusagen bis an die Hautoberfläche kommt. […] Er glaubt nicht nur an Gott, sondern er soll ihn auch lieben, wie ein Sohn einen ganz und gar liebevollen und allmächtigen Vater liebt, nach dem Vorbild Christi. […] Er liebt seinen Nächsten nicht nur wie sich selbst, sondern er soll ihn lieben „wie Christus uns geliebt hat“, nach dem Vorbild Christi. […] Er ist nicht nur der Bruder seines ihm angehörigen Mitmenschen, sondern aller Mitmenschen weltweit. […] Er gibt nicht nur, sondern er teilt; er leiht aus, fordert aber nicht zurück; er ist verfügbar für das, was von ihm verlangt wird, aber er tut mehr als das, was von ihm verlangt wird. […] Er ist nicht nur Bruder derer, die ihn lieben, sondern auch seiner Feinde; er erträgt nicht nur Schläge, sondern er entfernt sich auch nicht von dem, der ihn schlägt. Er verzichtet nicht nur darauf, Böses mit Bösem zu vergelten, sondern verzeiht und vergisst; er vergisst nicht nur, sondern er vergilt Böses mit Gutem. Er leidet nicht nur und wird von einigen getötet, sondern sterbend leidet er noch zu ihren Gunsten; nicht nur einmal, sondern jedes Mal. […] Er teilt nicht nur das, was er hat oder was er in sich hat, sondern er gibt das einzige, das Gott ihm zu eigen gegeben hat: sein eigenes Leben. […] Er ist nicht nur glücklich, weil er durch Gott und für Gott lebt, sondern weil er auf ewig mit Gott leben wird und dazu beiträgt, dass auch seine Brüder für immer mit Gott leben werden.