Ich persönlich habe keine Tätowierung und werde niemandem eine Tätowierung empfehlen. Aber ich kann nicht sagen, dass für Christen Tätowierungen prinzipiell verboten sind. Wenn es in manchen christlichen Kreisen heißt es, die Bibel verbiete Tätowierungen, bezieht man sich dabei auf Levitikus 19,28: „Und ihr sollt euch keine Einschnitte machen an eurem Leib eines Toten wegen, und ihr sollt euch …Mehr
Ich persönlich habe keine Tätowierung und werde niemandem eine Tätowierung empfehlen. Aber ich kann nicht sagen, dass für Christen Tätowierungen prinzipiell verboten sind. Wenn es in manchen christlichen Kreisen heißt es, die Bibel verbiete Tätowierungen, bezieht man sich dabei auf Levitikus 19,28: „Und ihr sollt euch keine Einschnitte machen an eurem Leib eines Toten wegen, und ihr sollt euch keine Zeichen einritzen. Ich bin der HERR.“ In der Tat dürfen Christen sich nicht gottfremde Machtzeichen in die Haut ritzen lassen. Auf meiner Haut hat nichts verloren, was dem umfassenden Anspruch des HERRN auf unser Leben widerspricht. Insofern ist eine Totenkopftätowierung für einen Christen unangebracht.
Wer jedoch sagt, jegliche Tätowierung sei dem Wortlaut der Bibel nach verboten, dem würde ich jedoch Folgendes entgegnen: Das Tätowierverbot in Levitikus 19 gilt als göttliche Bestimmung für das Volk Israel, das außerhalb des Erlösungswerks Christi unter dem Anspruch der gesamten Tora mit 613 Einzelanweisungen steht. In der christlichen Auslegungstradition unterscheidet man hingegen zwischen kultischem, richterlichem und dem Moralgesetz. Das kultische Gesetz, wie es sich gerade im Buch Levitikus findet, sowie das richterlichem Gesetz (z.B. Exodus 21 bis 22) gelten dem Wortlaut nach allein für das Volk Israel, nicht aber für andere Völker. Das Moralgesetz, wie es in den Zehn Geboten explizit zur Sprache gebracht ist, gilt hingegen für alle Völker und ist deswegen auch in Luthers Kleinem Katechismus aufgenommen.
Wenn es also heißt „die Bibel sagt“, muss immer hinzugefügt werden, zu wem etwas gesagt ist. Christen, die behaupten, das Tätowierungsverbot gälte vollumfänglich für alle Christen, würde ich fragen, warum sie dann nicht auch Levitikus 19,26 bzw. 27 beachten. Dort heißt es nämlich: „26 Ihr sollt nichts Blutiges essen. Ihr sollt nicht Wahrsagerei oder Zeichendeuterei treiben. 27 Euer Haupthaar sollt ihr nicht rundum scheren, und deinen Bart sollst du nicht stutzen.“ Entgegen diesen biblischen Geboten essen Christen bluthaltiges Fleisch, rasieren sich christliche Männer die Bärte und lassen mitunter sich ihr Haupthaar kahl scheren. Wie will man das eine Gebot unbedingt geltend machen, wenn man als Christ die anderen Gebote, die gleich daneben stehen, einfach ignoriert? Das wäre dann ein Fall von Doppelmoral.