Endzeit und Letzte Dinge Was erwartet den Menschen künftig ?
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Was erwartet den Menschen künftig ?
Hrsg. von Hein-Lothar Barth. Patrimonium Verlag 2013 228 S. 24.80 E
Schon vor Jahrzehnten haben Ferdinand Holböck und zahlreiche andere Theologen u.a. in den beiden heute noch aktuellen und lesenswerten Bänden „Unwandelbares im Wandel der Zeit“ (Pattloch-Verlag) bewegte Klage darüber geführt, wie sehr auch die Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen in die Diskussion geraten ist. Auch „Theologisches“ hat eindringlich genug darauf hingewiesen. Vielfach hat die Ganztodtheorie die Wahrheit verdrängt, daß nach dem Tode und bis zum jüngsten Gericht die getrennte Seele weiterlebt, die Existenz des Fegfeuers wird bestritten oder, wie es heute so schön heißt, marginalisiert und selbst die Lehre von der Anschauung Gottes als himmlischer Lohn wird als Ausfluß der Dominikanertheologie des 13. Jahrhunderts relativiert, wie wir das in der Auseinandersetzung mit der „Eschatologie“ von Prof. Medard Kehl SJ nachgewiesen haben (Theologische Blütenlese; Respondeo 12, Siegburg 2001 S. 13 ff.) Um so mehr ist es zu begrüßen, daß sich die Schönenberger Sommerakademie 2012 unter Leitung von Heinz-Lothar und Raphaela Barth diesem brisanten und für den Glauben der Kirche lebenswichtigen Thema gewidmet hat und unter der Stabführung von Heinz-Lothar Barth die aus den genannten Gründen so aktuellen Vorträge zu einem handlichen Band zusammengefaßt hat.
In einem ungemein inhaltsreichen und spannenden Vortrag vergleicht zunächst der Trierer Patrologe Michael Fiedrowicz die heidnischen Jenseitsvorstellungen der Antike mit der Auferstehungshoffnung der frühen Christen: ist es doch gerade sie gewesen, die so viele Menschen für die Annahme des Glaubens erwärmt hat. Schon früh ergibt sich hier das Bild einer eindrucksvollen dogmatischen Kontinuität.
Höhepunkt des Buches aber ist zweifellos die ebenso temperamentvolle wie kenntnisreiche und das Auge des geschulten Philologen verratende Verteidigung der „heute besonders angegriffenen Elemente der katholischen Eschatologie“ durch Heinz-Lothar Barth selber. Denn es ist tatsächlich so, daß „das persönliche Gericht des einzelnen Menschen hinter kollektivistische Vorstellungen zurück tritt. Die Lehre von der Seele und dem Auferstehungsleib wird verfälscht. Den Sinn des Fegfeuers und der Hölle versteht man nicht mehr. Statt dessen werden Formen der Allerlösungslehre gefördert“. Fester Grund für die Verteidigung der überlieferten Lehre ist selbstverständlich auch für Barth die dogmatische Entscheidung Benedikt XII. aus dem Jahre 1336. Bekanntlich hatte Benedikt XII. diese dogmatische Konstitution promulgiert, um einem Irrtum seines Vorgängers Johannes XXII. zu wehren, den dieser aber einen Tag vor seinem Tod am 3. Dezember 1334 in Gegenwart des Kardinalskollegiums schon selber korrigiert hatte. Barth nimmt uns dann mit auf eine ungemein eindrucksvolle Zeitreise, die vom frühen Christentum über die Position des hl. Paulus zu Origines und den Kirchenvätern führt, die durchaus schon das persönliche Gericht kannten, wobei vor allem der Exkurs über den descensus ad inferos zu beachten ist. Höhepunkt des Referates ist die Kritik an de Lubacs „unkatholischer Vorgehensweise“ und der Nachweis, daß „die Existenz der Seele offenbartes Dogma der Kirche ist und sowohl philosophisch als auch theologisch gut zu begründen ist“. Auch die ausführliche Behandlung der Allerlösungslehre und ihrer heutigen Motive kann in der gegenwärtigen Situation gar nicht genug empfohlen werden und das gleiche gilt im Zeitalter eines falsch verstandenen Ökumenismus natürlich auch von Barths Darstellung des „Protestantismus als Quelle für die Leugnung des Fegfeuers“.
Es folgt ein ausgezeichneter prägnanter Beitrag des Thomisten Detlef Peitz über „das Licht der Erkenntnis und das Feuer der Verdammnis“ auf dem Hintergrund und im Zusammenhang der Seelenlehre des Aquinaten. Nach Jahren erschreckender Geringschätzung der Scholastik und des Niederganges der thomistischen Studien sieht Peitz Hoffnungsstreifen am Horizont: „Gott sei Dank wird dem Thema Seele aber nach fast 50-jährigem Schweigen von jungen Philosophen wie Tobias Kläden, der die vielen Anknüpfungspunkte zwischen der modernen mind – brain - Debatte und der anima – forma – corporis - Lehre des Thomas von Aquin darstellt, und Matthias Vonaburg, der den durch die Beseelung gegebenen Gottesbezug herausstellt, erneut Aufmerksamkeit geschenkt.“
Schlußendlich schenkt uns Pater Markus Pfluger eine gründlich aus den biblischen Quellen erarbeitete Theologie des Antichrist, die sorgfältig beide Extreme vermeidet: die Gefahr nachlassender Wachsamkeit einerseits und andererseits die in kirchlichen Notzeiten leicht auftretende Hysterie, die davon ausgeht, die Ankunft des Antichrist stünde hier und jetzt bevor. Mit Recht weist der Verf. darauf hin, daß „der Zeitpunkt seines Kommens und manche Einzelheiten der Endzeitprophezeiungen für uns dunkel bleiben“. Kennzeichnend für die richtige Haltung, nämlich eine tiefe und gläubige Gelassenheit ist die Anekdote, die er an den Anfang seines Beitrages stellt: „Ein alter Mönch erbat eine Audienz bei Papst Benedikt XIV (1740 – 1758). Mit Tränen in den Augen klagte er, ein entsetzliches Unglück habe sich ereignet. ‚Was ist denn geschehen ?’ erkundigte sich der Papst. ‚Heiliger Vater, mir ist in einer Vision offenbart worden, daß der Antichrist schon geboren ist’. – ‚Und wie alt ist er jetzt ?’ forschte der Papst nach. ‚Dreieinhalb Jahre, Heiliger Vater’ – ‚Gut’, erwiderte Benedikt, ‚dann betrifft die Sache meinen Nachfolger’.“