Santiago_
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Joseph Ratzinger - "Eine 'Konzilskirche' gibt es nicht"

Der Meister der Analyse

"Es ist ein Vierteljahrhundert her, da hielt der damalige Glaubenspräfekt Joseph Kardinal Ratzinger vor chilenischen Bischöfen einen Vortrag, in dem er mit messerscharfem Verstand die Debatte um den so genannten „Geist des Konzils“ vorzeichnete, die die Kirche bis heute, also 25 Jahre lang führen sollte. Der endgültige Bruch mit Erzbischof Marcel Lefebvre, der diesen und seine Priesterbruderschaft ins Schisma führen sollte, lag damals nur wenige Tage zurück. Und auch in den letzten Jahren, seit 2009 und der Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe, war es der Streit um die Pius-Bruderschaft, der in Kirchenkreisen für viel Wirbel um die Frage sorgte, wie das Zweite Vatikanum zu lesen und einzuordnen sei. Dieser Vortrag Ratzingers zeigt nochmals die außerordentliche Gabe des Theologen und zurückgetretenen Papstes Benedikt, die Geister zu scheiden und die Fehlentwicklungen der Kirche beim Namen zu nennen. Wir veröffentlichen im Folgenden die in gedruckter Form bisher nicht auf Deutsch vorliegende Ansprache, die man als scharfsinnige Analyse der Fehlinterpretation lesen kann, mit der die Hermeneutik des Bruchs aus dem Zweiten Vatikanum die Geburtsstunde einer ganz anderen Kirche machen wollte.

Im folgenden daraus ein Auszug:

Eine „Konzilskirche“ gibt es nicht
Der Fall Lefebvre als Indikator dafür, was nach dem Zweiten Vatikanum schief gegangen ist: Im Wortlaut eine Ansprache von Kardinal Joseph Ratzinger vor Bischöfen in Chile im Juli 1988

Verehrte und liebe Mitbrüder!

(...)
Ich möchte daher zunächst einige Bemerkungen über die Haltung des Heiligen Stuhls in den Gesprächen mit Lefebvre vorausschicken, um daran eine Besinnung auf die Hintergründe anzuschließen, die über den besonderen Fall hinaus uns alle angehen. (...)

Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders geworden sei und alles Vorherige gar nicht mehr oder nur noch im Licht des Zweiten Vatikanum gelten könne. Das Zweite Vatikanum wird nicht als ein Teil der lebendigen Gesamttradition der Kirche behandelt, sondern geradezu als das Ende der Tradition und als ein völlig neuer Beginn. Obgleich es selbst kein Dogma erlassen hat und sich bescheidener im Rang als pastorales Konzil verstanden wissen wollte, stellen es manche so dar, als sei es gleichsam das Superdogma, das alles andere unwichtig mache.

Dieser Eindruck wird vor allem durch Vorgänge im praktischen Bereich verstärkt. Was vorher das Heiligste war – die überlieferte Form der Liturgie –, erscheint plötzlich als das Verbotenste und das einzig sicher Abzulehnende. Kritik an modernen Maßnahmen der Nachkonzilszeit wird nicht geduldet; wo aber die alten, großen Wahrheiten des Glaubens im Spiele stehen – etwa die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die leibliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele und so weiter – erfolgen Reaktionen überhaupt nicht oder nur höchst gedämpft. Ich habe als Professor selbst erlebt, wie der gleiche Bischof, der vor dem Konzil einen untadeligen Professor wegen seiner etwas groben Ausdrucksweise abgelehnt hatte, sich nach dem Konzil nicht imstande sah, einen anderen Professor abzulehnen, der offen einige Grundwahrheiten des Glaubens leugnete. All dies bringt Menschen zu der Frage, ob denn die Kirche von heute eigentlich noch dieselbe sei wie die Kirche von gestern oder ob man ihnen nicht, ohne sie zu fragen, eine andere untergeschoben habe. Wir können das Zweite Vatikanum nur dann wirklich glaubhaft machen, wenn wir es ganz deutlich als das darstellen, was es ist: ein Stück der ganzen und einen Tradition der Kirche und ihres Glaubens.

Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen hier ja nicht seine Irrtümer, sondern die Frage, wo es bei uns selbst an Eindeutigkeit fehlt. Für Lefebvre handelt es sich hier um den Kampf gegen den weltanschaulichen Liberalismus, gegen die Relativierung der Wahrheitsfrage. Wir werden ihm darin nicht zustimmen, dass der Text des Konzils über die Religionsfreiheit oder das Gebet von Assisi in den vom Papst gewollten Intentionen solche Relativierungen sind. Richtig aber ist, dass es in der geistigen Bewegung der Nachkonzilszeit vielfach ein Vergessen und ein Verdrängen der Wahrheitsfrage gegeben hat, ja, vielleicht ist dies sogar das eigentliche Problem für die Theologie und für die Pastoral von heute. „Wahrheit“ schien plötzlich ein zu hoher Anspruch zu sein, ein „Triumphalismus“, den man sich nicht mehr leisten durfte.

Am deutlichsten ist dieser Vorgang zu sehen in der Krise, in die der Missionsgedanke und die missionarische Praxis geraten sind: Wenn es bei der Verkündigung unseres Glaubens nicht um die Wahrheit geht und wenn die Wahrheit nicht wesentlich ist für das Heil des Menschen, dann verliert Mission ihren Sinn. In der Tat wurde und wird die Schlussfolgerung gezogen, man solle sich in Zukunft nur noch darum bemühen, dass Christen gute Christen, Moslems gute Moslems, Hindus gute Hindus und so weiter seien. Aber wann ist man ein „guter“ Christ? Wann ein „guter“ Moslem? Der Gedanke, dass eigentlich alle Religionen nur Symbole des letztlich Unfassbaren seien, greift auch in der Theologie rapid um sich und reicht schon weit in liturgische Praxis hinein. Wo aber solches geschieht, ist der Glaube als Glaube aufgegeben. Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

Hier gehts zum Volltext: www.vatican-magazin.de/…/167-disputa-342…
Gerti Harzl
Weil @Santiago74 kaum noch anwesend ist, will ich das hier auch gar nicht mehr fortsetzen - ohne ihn ...
Gerti Harzl
In diesem Thread geht es mir nicht um jenen anderen Thread. Es geht um das, was ich HIER anspreche, um die angeblich zwei verschiedenen Kirchen.
Brazos
Reden/schreiben ist Silber, schweigen ist Gold!!!! 🤗 😇 👍
Gerti Harzl
Es steckt eigentlich meinerseits die Frage dahinter, ob ich überhaupt auf GTV noch mitschreiben soll, d.h. ob man auf GTV sich einkapselt auf Nur-Traditionalisten, oder ob die Konzilskirchen-Fraktion hier auch mit dabei sein kann. Aber die Frage habe ich schon oft umsonst gestellt.
Gerti Harzl
@Armer.Sünder Bin mit allem einverstanden, was Sie um 15:09h gepostet haben. Das ist dazu auch interessant, aber ich habe es erst überflogen. Sie wissen schon, geht nicht so schnell bei mir: www.katholisches.info/…/die-konzilskirc…
Ein weiterer Kommentar von Gerti Harzl
Gerti Harzl
Haben Sie noch einen Text hinzugefügt zum Kommentar, ich habe den zweiten Teil zuerst nicht gesehen. Moment bitte.
Armer.Sünder
@Gerti Harzl
Sie haben es sich ja bereits ausgesucht... Die überlieferte Lehre - und damit die Kirche der Tradition - wollen Sie ja nicht!
Gerti Harzl
✍️ Danke, @Armer.Sünder Dann kann ich mir's also aussuchen, ganz wie es mir gerade paßt.
Armer.Sünder
@Gerti Harzl
Benedikt XVI am 21. November 2009: w2.vatican.va/…/hf_ben-xvi_spe_…
".....Papst Paul VI. am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, am 8. Dezember 1965, an die Künstler richtete: »Euch allen«, erklärte er feierlich, »verkündet die Kirche des Konzils [=Konzilskirche] durch unsere Stimme...."
Ich will damit nicht sagen, dass es zwei Kirchen gibt. Die gibt es nicht. Aber das, was wir …Mehr
@Gerti Harzl

Benedikt XVI am 21. November 2009: w2.vatican.va/…/hf_ben-xvi_spe_…
".....Papst Paul VI. am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, am 8. Dezember 1965, an die Künstler richtete: »Euch allen«, erklärte er feierlich, »verkündet die Kirche des Konzils [=Konzilskirche] durch unsere Stimme...."

Ich will damit nicht sagen, dass es zwei Kirchen gibt. Die gibt es nicht. Aber das, was wir heute sehen, diesen VII Modernismus, wurde der Kirche aufgestülpt. Wir sehen daher eine "Konzilskirche". Wie Abramo schon sagte, ein Pius X oder Pis XII würden diese Kirche heute nicht wiedererkennen.

Wenn man "Konzilskirche" sagt, meint man einen Zustand, keine neue Kirche.
Die Kirche wurde durch das VII verwüstet. Den Greuel sehen wir heute ja!
Gerti Harzl
Ach, da fällt mir nun aber ein Stein vom Herzen 👍 Gut, dass ich diesen Beitrag wieder entdeckt habe.
Bonaventura
Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders …Mehr
Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders geworden sei und alles Vorherige gar nicht mehr oder nur noch im Licht des Zweiten Vatikanum gelten könne. Das Zweite Vatikanum wird nicht als ein Teil der lebendigen Gesamttradition der Kirche behandelt, sondern geradezu als das Ende der Tradition und als ein völlig neuer Beginn. Obgleich es selbst kein Dogma erlassen hat und sich bescheidener im Rang als pastorales Konzil verstanden wissen wollte, stellen es manche so dar, als sei es gleichsam das Superdogma, das alles andere unwichtig mache.
www.vatican-magazin.de/…/167-disputa-342…
Bonaventura
...Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."
Hier gehts zum Volltext: www.vatican-magazin.de/…/…Mehr
...Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

Hier gehts zum Volltext: www.vatican-magazin.de/…/167-disputa-342…
7 weitere Kommentare von Bonaventura
Bonaventura
Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders …Mehr
Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders geworden sei und alles Vorherige gar nicht mehr oder nur noch im Licht des Zweiten Vatikanum gelten könne. Das Zweite Vatikanum wird nicht als ein Teil der lebendigen Gesamttradition der Kirche behandelt, sondern geradezu als das Ende der Tradition und als ein völlig neuer Beginn. Obgleich es selbst kein Dogma erlassen hat und sich bescheidener im Rang als pastorales Konzil verstanden wissen wollte, stellen es manche so dar, als sei es gleichsam das Superdogma, das alles andere unwichtig mache.

Dieser Eindruck wird vor allem durch Vorgänge im praktischen Bereich verstärkt. Was vorher das Heiligste war – die überlieferte Form der Liturgie –, erscheint plötzlich als das Verbotenste und das einzig sicher Abzulehnende. Kritik an modernen Maßnahmen der Nachkonzilszeit wird nicht geduldet; wo aber die alten, großen Wahrheiten des Glaubens im Spiele stehen – etwa die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die leibliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele und so weiter – erfolgen Reaktionen überhaupt nicht oder nur höchst gedämpft. Ich habe als Professor selbst erlebt, wie der gleiche Bischof, der vor dem Konzil einen untadeligen Professor wegen seiner etwas groben Ausdrucksweise abgelehnt hatte, sich nach dem Konzil nicht imstande sah, einen anderen Professor abzulehnen, der offen einige Grundwahrheiten des Glaubens leugnete. All dies bringt Menschen zu der Frage, ob denn die Kirche von heute eigentlich noch dieselbe sei wie die Kirche von gestern oder ob man ihnen nicht, ohne sie zu fragen, eine andere untergeschoben habe. Wir können das Zweite Vatikanum nur dann wirklich glaubhaft machen, wenn wir es ganz deutlich als das darstellen, was es ist: ein Stück der ganzen und einen Tradition der Kirche und ihres Glaubens.

Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen hier ja nicht seine Irrtümer, sondern die Frage, wo es bei uns selbst an Eindeutigkeit fehlt. Für Lefebvre handelt es sich hier um den Kampf gegen den weltanschaulichen Liberalismus, gegen die Relativierung der Wahrheitsfrage. Wir werden ihm darin nicht zustimmen, dass der Text des Konzils über die Religionsfreiheit oder das Gebet von Assisi in den vom Papst gewollten Intentionen solche Relativierungen sind. Richtig aber ist, dass es in der geistigen Bewegung der Nachkonzilszeit vielfach ein Vergessen und ein Verdrängen der Wahrheitsfrage gegeben hat, ja, vielleicht ist dies sogar das eigentliche Problem für die Theologie und für die Pastoral von heute. „Wahrheit“ schien plötzlich ein zu hoher Anspruch zu sein, ein „Triumphalismus“, den man sich nicht mehr leisten durfte.

Am deutlichsten ist dieser Vorgang zu sehen in der Krise, in die der Missionsgedanke und die missionarische Praxis geraten sind: Wenn es bei der Verkündigung unseres Glaubens nicht um die Wahrheit geht und wenn die Wahrheit nicht wesentlich ist für das Heil des Menschen, dann verliert Mission ihren Sinn. In der Tat wurde und wird die Schlussfolgerung gezogen, man solle sich in Zukunft nur noch darum bemühen, dass Christen gute Christen, Moslems gute Moslems, Hindus gute Hindus und so weiter seien. Aber wann ist man ein „guter“ Christ? Wann ein „guter“ Moslem? Der Gedanke, dass eigentlich alle Religionen nur Symbole des letztlich Unfassbaren seien, greift auch in der Theologie rapid um sich und reicht schon weit in liturgische Praxis hinein. Wo aber solches geschieht, ist der Glaube als Glaube aufgegeben. Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

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Bonaventura
Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen …Mehr
Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen hier ja nicht seine Irrtümer, sondern die Frage, wo es bei uns selbst an Eindeutigkeit fehlt. Für Lefebvre handelt es sich hier um den Kampf gegen den weltanschaulichen Liberalismus, gegen die Relativierung der Wahrheitsfrage. Wir werden ihm darin nicht zustimmen, dass der Text des Konzils über die Religionsfreiheit oder das Gebet von Assisi in den vom Papst gewollten Intentionen solche Relativierungen sind. Richtig aber ist, dass es in der geistigen Bewegung der Nachkonzilszeit vielfach ein Vergessen und ein Verdrängen der Wahrheitsfrage gegeben hat, ja, vielleicht ist dies sogar das eigentliche Problem für die Theologie und für die Pastoral von heute. „Wahrheit“ schien plötzlich ein zu hoher Anspruch zu sein, ein „Triumphalismus“, den man sich nicht mehr leisten durfte.

Am deutlichsten ist dieser Vorgang zu sehen in der Krise, in die der Missionsgedanke und die missionarische Praxis geraten sind: Wenn es bei der Verkündigung unseres Glaubens nicht um die Wahrheit geht und wenn die Wahrheit nicht wesentlich ist für das Heil des Menschen, dann verliert Mission ihren Sinn. In der Tat wurde und wird die Schlussfolgerung gezogen, man solle sich in Zukunft nur noch darum bemühen, dass Christen gute Christen, Moslems gute Moslems, Hindus gute Hindus und so weiter seien. Aber wann ist man ein „guter“ Christ? Wann ein „guter“ Moslem? Der Gedanke, dass eigentlich alle Religionen nur Symbole des letztlich Unfassbaren seien, greift auch in der Theologie rapid um sich und reicht schon weit in liturgische Praxis hinein. Wo aber solches geschieht, ist der Glaube als Glaube aufgegeben. Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

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Bonaventura
Im Wortlaut eine Ansprache von Kardinal Joseph Ratzinger vor Bischöfen in Chile im Juli 1988
Verehrte und liebe Mitbrüder!
(...)
Ich möchte daher zunächst einige Bemerkungen über die Haltung des Heiligen Stuhls in den Gesprächen mit Lefebvre vorausschicken, um daran eine Besinnung auf die Hintergründe anzuschließen, die über den besonderen Fall hinaus uns alle angehen. (...)
Die Unbeliebigkeit …Mehr
Im Wortlaut eine Ansprache von Kardinal Joseph Ratzinger vor Bischöfen in Chile im Juli 1988

Verehrte und liebe Mitbrüder!

(...)
Ich möchte daher zunächst einige Bemerkungen über die Haltung des Heiligen Stuhls in den Gesprächen mit Lefebvre vorausschicken, um daran eine Besinnung auf die Hintergründe anzuschließen, die über den besonderen Fall hinaus uns alle angehen. (...)

Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders geworden sei und alles Vorherige gar nicht mehr oder nur noch im Licht des Zweiten Vatikanum gelten könne. Das Zweite Vatikanum wird nicht als ein Teil der lebendigen Gesamttradition der Kirche behandelt, sondern geradezu als das Ende der Tradition und als ein völlig neuer Beginn. Obgleich es selbst kein Dogma erlassen hat und sich bescheidener im Rang als pastorales Konzil verstanden wissen wollte, stellen es manche so dar, als sei es gleichsam das Superdogma, das alles andere unwichtig mache.

Dieser Eindruck wird vor allem durch Vorgänge im praktischen Bereich verstärkt. Was vorher das Heiligste war – die überlieferte Form der Liturgie –, erscheint plötzlich als das Verbotenste und das einzig sicher Abzulehnende. Kritik an modernen Maßnahmen der Nachkonzilszeit wird nicht geduldet; wo aber die alten, großen Wahrheiten des Glaubens im Spiele stehen – etwa die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die leibliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele und so weiter – erfolgen Reaktionen überhaupt nicht oder nur höchst gedämpft. Ich habe als Professor selbst erlebt, wie der gleiche Bischof, der vor dem Konzil einen untadeligen Professor wegen seiner etwas groben Ausdrucksweise abgelehnt hatte, sich nach dem Konzil nicht imstande sah, einen anderen Professor abzulehnen, der offen einige Grundwahrheiten des Glaubens leugnete. All dies bringt Menschen zu der Frage, ob denn die Kirche von heute eigentlich noch dieselbe sei wie die Kirche von gestern oder ob man ihnen nicht, ohne sie zu fragen, eine andere untergeschoben habe. Wir können das Zweite Vatikanum nur dann wirklich glaubhaft machen, wenn wir es ganz deutlich als das darstellen, was es ist: ein Stück der ganzen und einen Tradition der Kirche und ihres Glaubens.

Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen hier ja nicht seine Irrtümer, sondern die Frage, wo es bei uns selbst an Eindeutigkeit fehlt. Für Lefebvre handelt es sich hier um den Kampf gegen den weltanschaulichen Liberalismus, gegen die Relativierung der Wahrheitsfrage. Wir werden ihm darin nicht zustimmen, dass der Text des Konzils über die Religionsfreiheit oder das Gebet von Assisi in den vom Papst gewollten Intentionen solche Relativierungen sind. Richtig aber ist, dass es in der geistigen Bewegung der Nachkonzilszeit vielfach ein Vergessen und ein Verdrängen der Wahrheitsfrage gegeben hat, ja, vielleicht ist dies sogar das eigentliche Problem für die Theologie und für die Pastoral von heute. „Wahrheit“ schien plötzlich ein zu hoher Anspruch zu sein, ein „Triumphalismus“, den man sich nicht mehr leisten durfte.

Am deutlichsten ist dieser Vorgang zu sehen in der Krise, in die der Missionsgedanke und die missionarische Praxis geraten sind: Wenn es bei der Verkündigung unseres Glaubens nicht um die Wahrheit geht und wenn die Wahrheit nicht wesentlich ist für das Heil des Menschen, dann verliert Mission ihren Sinn. In der Tat wurde und wird die Schlussfolgerung gezogen, man solle sich in Zukunft nur noch darum bemühen, dass Christen gute Christen, Moslems gute Moslems, Hindus gute Hindus und so weiter seien. Aber wann ist man ein „guter“ Christ? Wann ein „guter“ Moslem? Der Gedanke, dass eigentlich alle Religionen nur Symbole des letztlich Unfassbaren seien, greift auch in der Theologie rapid um sich und reicht schon weit in liturgische Praxis hinein. Wo aber solches geschieht, ist der Glaube als Glaube aufgegeben. Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

Hier gehts zum Volltext: www.vatican-magazin.de/…/167-disputa-342…
Bonaventura
"Es ist ein Vierteljahrhundert her, da hielt der damalige Glaubenspräfekt Joseph Kardinal Ratzinger vor chilenischen Bischöfen einen Vortrag, in dem er mit messerscharfem Verstand die Debatte um den so genannten „Geist des Konzils“ vorzeichnete, die die Kirche bis heute, also 25 Jahre lang führen sollte. Der endgültige Bruch mit Erzbischof Marcel Lefebvre, der diesen und seine Priesterbruderschaft …Mehr
"Es ist ein Vierteljahrhundert her, da hielt der damalige Glaubenspräfekt Joseph Kardinal Ratzinger vor chilenischen Bischöfen einen Vortrag, in dem er mit messerscharfem Verstand die Debatte um den so genannten „Geist des Konzils“ vorzeichnete, die die Kirche bis heute, also 25 Jahre lang führen sollte. Der endgültige Bruch mit Erzbischof Marcel Lefebvre, der diesen und seine Priesterbruderschaft ins Schisma führen sollte, lag damals nur wenige Tage zurück. Und auch in den letzten Jahren, seit 2009 und der Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe, war es der Streit um die Pius-Bruderschaft, der in Kirchenkreisen für viel Wirbel um die Frage sorgte, wie das Zweite Vatikanum zu lesen und einzuordnen sei. Dieser Vortrag Ratzingers zeigt nochmals die außerordentliche Gabe des Theologen und zurückgetretenen Papstes Benedikt, die Geister zu scheiden und die Fehlentwicklungen der Kirche beim Namen zu nennen. Wir veröffentlichen im Folgenden die in gedruckter Form bisher nicht auf Deutsch vorliegende Ansprache, die man als scharfsinnige Analyse der Fehlinterpretation lesen kann, mit der die Hermeneutik des Bruchs aus dem Zweiten Vatikanum die Geburtsstunde einer ganz anderen Kirche machen wollte.

Im folgenden daraus ein Auszug:

Eine „Konzilskirche“ gibt es nicht
Der Fall Lefebvre als Indikator dafür, was nach dem Zweiten Vatikanum schief gegangen ist: Im Wortlaut eine Ansprache von Kardinal Joseph Ratzinger vor Bischöfen in Chile im Juli 1988

Verehrte und liebe Mitbrüder!

(...)
Ich möchte daher zunächst einige Bemerkungen über die Haltung des Heiligen Stuhls in den Gesprächen mit Lefebvre vorausschicken, um daran eine Besinnung auf die Hintergründe anzuschließen, die über den besonderen Fall hinaus uns alle angehen. (...)

Die Unbeliebigkeit des Glaubens und seine Kontinuität
Das Zweite Vatikanum als gültiges und verbindliches Konzil der Kirche gegen Monsignor Lefebvre zu verteidigen, ist und bleibt eine Notwendigkeit. Aber es gibt eine unerleuchtete Isolierung des Zweiten Vatikanums, die die Opposition erst geschaffen hat. Manche Darstellungen erwecken den Eindruck, als ob nach dem Zweiten Vatikanum alles anders geworden sei und alles Vorherige gar nicht mehr oder nur noch im Licht des Zweiten Vatikanum gelten könne. Das Zweite Vatikanum wird nicht als ein Teil der lebendigen Gesamttradition der Kirche behandelt, sondern geradezu als das Ende der Tradition und als ein völlig neuer Beginn. Obgleich es selbst kein Dogma erlassen hat und sich bescheidener im Rang als pastorales Konzil verstanden wissen wollte, stellen es manche so dar, als sei es gleichsam das Superdogma, das alles andere unwichtig mache.

Dieser Eindruck wird vor allem durch Vorgänge im praktischen Bereich verstärkt. Was vorher das Heiligste war – die überlieferte Form der Liturgie –, erscheint plötzlich als das Verbotenste und das einzig sicher Abzulehnende. Kritik an modernen Maßnahmen der Nachkonzilszeit wird nicht geduldet; wo aber die alten, großen Wahrheiten des Glaubens im Spiele stehen – etwa die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die leibliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele und so weiter – erfolgen Reaktionen überhaupt nicht oder nur höchst gedämpft. Ich habe als Professor selbst erlebt, wie der gleiche Bischof, der vor dem Konzil einen untadeligen Professor wegen seiner etwas groben Ausdrucksweise abgelehnt hatte, sich nach dem Konzil nicht imstande sah, einen anderen Professor abzulehnen, der offen einige Grundwahrheiten des Glaubens leugnete. All dies bringt Menschen zu der Frage, ob denn die Kirche von heute eigentlich noch dieselbe sei wie die Kirche von gestern oder ob man ihnen nicht, ohne sie zu fragen, eine andere untergeschoben habe. Wir können das Zweite Vatikanum nur dann wirklich glaubhaft machen, wenn wir es ganz deutlich als das darstellen, was es ist: ein Stück der ganzen und einen Tradition der Kirche und ihres Glaubens.

Die Einzigkeit der Wahrheit
Neben der liturgischen Frage sind der Angriff auf das Dekret über die Religionsfreiheit und auf den angeblichen Geist von Assisi heute die eigentlichen Kampfpunkte, an denen Lefebvre die Grenzen zwischen sich und der katholischen Kirche von heute zieht. Ich brauche nicht eigens zu sagen, dass man seine Behauptungen in dieser Sache nicht annehmen kann. Uns beschäftigen hier ja nicht seine Irrtümer, sondern die Frage, wo es bei uns selbst an Eindeutigkeit fehlt. Für Lefebvre handelt es sich hier um den Kampf gegen den weltanschaulichen Liberalismus, gegen die Relativierung der Wahrheitsfrage. Wir werden ihm darin nicht zustimmen, dass der Text des Konzils über die Religionsfreiheit oder das Gebet von Assisi in den vom Papst gewollten Intentionen solche Relativierungen sind. Richtig aber ist, dass es in der geistigen Bewegung der Nachkonzilszeit vielfach ein Vergessen und ein Verdrängen der Wahrheitsfrage gegeben hat, ja, vielleicht ist dies sogar das eigentliche Problem für die Theologie und für die Pastoral von heute. „Wahrheit“ schien plötzlich ein zu hoher Anspruch zu sein, ein „Triumphalismus“, den man sich nicht mehr leisten durfte.

Am deutlichsten ist dieser Vorgang zu sehen in der Krise, in die der Missionsgedanke und die missionarische Praxis geraten sind: Wenn es bei der Verkündigung unseres Glaubens nicht um die Wahrheit geht und wenn die Wahrheit nicht wesentlich ist für das Heil des Menschen, dann verliert Mission ihren Sinn. In der Tat wurde und wird die Schlussfolgerung gezogen, man solle sich in Zukunft nur noch darum bemühen, dass Christen gute Christen, Moslems gute Moslems, Hindus gute Hindus und so weiter seien. Aber wann ist man ein „guter“ Christ? Wann ein „guter“ Moslem? Der Gedanke, dass eigentlich alle Religionen nur Symbole des letztlich Unfassbaren seien, greift auch in der Theologie rapid um sich und reicht schon weit in liturgische Praxis hinein. Wo aber solches geschieht, ist der Glaube als Glaube aufgegeben. Denn Glaube besteht gerade darin, dass ich mich der erkannten Wahrheit anvertraue. So haben wir gewiss allen Grund, auch in dieser Sache zu neuer Besinnung zu kommen. Wenn es uns gelingt, in diesen Punkten wieder die Ganzheit des Katholischen zu zeigen und zu leben, dann dürfen wir hoffen, dass das Schisma Lefebvre keinen Bestand haben wird."

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Bonaventura
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Eine´Konzilskirche` gibt es nicht! J.Ratzinger, späterer Papst BenediktXVI.!)
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