Predigt von Pfarrer Maximilian Pühringer zum heutigen Sonntag, 3.10.2021

Predigt 27. Sonntag im Jahreskreis, 3.10.2021
Perikopen: Gen 2,18-24 Mk 10,2-16
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Warum tun wir uns mit manchen Bibeltexten schwer? Ich glaube, weil wir so sehr von unserem aufgeklärten naturwissenschaftlichen Denken geprägt, sind, dass wir keine andere Ebene mehr zulassen können. In Bibeltexten geht es im Normalfall nicht um Naturwissenschaft. Es geht darum etwas über Gott zu sagen. Die heutige Lesung aus dem Buch Genesis sagt uns: Gott hat Freude am Schaffen und Hervorbringen. Er will den Menschen in seiner Schöpfung haben, als Mann und Frau. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt,“ sagt Gott. Bei dieser Aussage möchte ich heute stehen bleiben. Erstens: Sich selber nicht allein lassen. Was bedeutet Alleinsein? Ist das die bloße Abwesenheit anderer Menschen? Ich würde das anders sehen. Es kann sicher belastend sein, wenn manche Menschen zu wenig Gesellschaft haben. Aber wirkliches Alleinsein wäre für mich, wenn ich das Worum und Wozu zum Leben verloren habe? Wenn die alten Fragen mich nicht mehr umtreiben: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist Sinn und Ziel des Lebens? Damit ich mich selber nicht allein lasse, muss ich viel über diese Fragen nachdenken, muss ich über mein Leben reflektieren, muss ich mir sagen, dass im Zusammenspiel von Gottes Hilfe und meinem Mittun, viel entstehen kann. Ich darf mich selber nicht allein lassen, sondern muss immer wieder hineinsteigen in die Tiefe meines Lebens. Zweitens: Die Welt nicht allein lassen. Die Erschaffung von Mann und Frau, steht einerseits für die Weitergabe menschlichen Leben, wo wir spüren, dass Gott den Menschen viel zutraut. Anderseits merken wir hier, dass es auf Ergänzung ankommt. Keiner kann alles tun, aber jeder kann irgendetwas tun. Das gilt für ziemlich alle Bereiche menschlichen Lebens. Die Welt und die Menschen nicht allein lassen bedeutet, dass wir dort nicht fehlen, wo wir nötig sind. Es bedeutet, dass wir uns einmischen und Interesse haben, was übersetzt so viel heißt, wie mittendrin sein. Es heißt aber auch, dass wir bei denen sind, die nach unseren menschlichen Maßstäben an einer Beziehung gescheitert sind. Im Evangelium geht es heute um die Ehescheidung. Da sehen wir einerseits ein wichtiges, hohes Ideal der Ehe, das freilich nicht aufgelöst werden soll. Und dann sehen wir eben auch die Wirklichkeit der Menschen, die eben ist, wie sie ist, und über die wir nicht pauschal drüberfahren können und dürfen. Jesu Antwort nicht zu hartherzig zu sein, appelliert sehr an unser menschliches Mitgefühl. Und dann stellt Jesus noch ein Kind in die Mitte, zum Nachahmen. Ich habe einmal gelesen, dass bei einem Kind das Auge bereits voll entwickelt ist und nicht mehr wächst. Da würde bedeuten, dass wir uns den Blick des Kindes bewahren müssen, damit die Welt und die Menschen in ihr nicht allein bleiben. Drittens: Gott nicht allein lassen. Kann man das so sagen? Der große unbegreifliche Gott, der nicht ohne uns Menschen sein will, kann sicher nicht so alleingelassen werden, wie sich Menschen oft allein lassen. Aber, wenn wir ganz ehrlich sind, wenn wir einmal schauen, wie sich die Welt Gott gegenüber verhält, da kann jeder auch für sich überlegen, muss er sich nicht manchmal ziemlich alleingelassen vorkommen? Mehr möchte ich dazu gar nicht mehr sagen.
Liebe Brüder und Schwestern!
„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt.“ Dieses Wort der Heiligen Schrift ist Programm gegen das Alleinsein und die Vereinsamung, die es in vielerlei Form gibt, anzukämpfen. Wir sollen uns selber nicht allein lassen. Wir sollen die Welt nicht allein lassen. Und wir sollen Gott nicht allein lassen, so als ob es ihn gar nicht gäbe. Im Rosenkranzmonat Oktober schauen wir auch auf Maria. Hier könnte man folgende Rosenkranzgesätzchen beten: ,,…Jesus, der nicht will, das ich allein bleibe,…, dass die Welt allein bleibt…, dass sein himmlischer Vater allein bleibt.“ Amen.