Augustinus - Hat Mose Gott unverhüllt gesehen ?
Verwendete Quelle: Augustinus, De trinitate Dei, Zweites Buch, Kapitel 10-17.
Die Art der Gotteserscheinungen am Beispiel Sinai - Wie Moses Gott sah
Wegen Ex 33,11: „Der Herr aber redete mit Moses von Angesicht zu Angesicht, so wie jemand mit seinem Freunde spricht“ sind einige zur Auffassung gekommen, Mose habe in das Antlitz Gottes geschaut.
Wenn man die Gotteserscheinungen des AT durchgeht
- in Eden, bei Lot, im Dornbusch, in der Feuersäule, usw. - , müsste man zum Schluss kommen, dass ein Schauen Gottes von Angesicht zu Angesicht etwas ganz und gar Ungehörtes wäre. Ist der große Prophet Mose eine Ausnahme ?
Lesen wir weiter, was Mose gleich darauf spricht: „Wenn ich also Gnade gefunden habe vor dir, so zeige dich mir unverhüllt, auf dass ich dich sehe, damit ich daran erkenne, dass ich Gnade gefunden habe vor dir, und sehe, dass dieses Volk wirklich dein Volk ist“ (Ex 33,13) und etwas später: „Zeige mir deine Herrlichkeit!“ (Ex 33,18). Mose fordert eine unverhüllte Schau der Herrlichkeit Gottes. Er möchte sein geistiges Wesen sehen, seine Substanz, sagt der hl. Augustinus. Dem nicht Wissenden, was er hier fordert, antwortet der Herr: „Du kannst mein Angesicht nicht schauen und leben. Denn kein Mensch sieht mein Angesicht und bleibt am Leben.“ (Ex 33,20)
Klare Worte ! Aber nochmal zurück: Wie kann dann dort, wo wir ausgegangen sind, stehen, dass Mose mit dem Herrn wie mit einem Freund „von Angesicht zu Angesicht“ geredet habe ? Wie ist das zu verstehen ? Nun ja, keine so leichte Frage, aber es gibt eindeutige Hinweise, die man nur festhalten braucht:
Nicht heißt es: Gott ließ sich sehen, sondern er redete mit Mose.
„Von Angesicht zu Angesicht reden“ deutet die Weise an, wie der Herr mit Mose redete, also dass er ihm ganz nahe war und dass Mose etwas gesehen hat, aber was er gesehen hat, war nicht das unverhüllte Angesicht Gottes, denn:
Die unverhüllte Gottesschau hätte Mose getötet, wie in Ex 33,20 steht.
Wen oder was hat Mose dann gesehen ?
Augustinus fasst zusammen: „Da nun aber hier ganz klar gezeigt wird, dass ihm auch auf seine Bitte hin das Schauen Gottes nicht gewährt wird, wer möchte da die Behauptung wagen, dass durch solche Gebilde, wie sie auch Mose sichtbar erschienen sind, Gottes Wesen selbst und nicht vielmehr ein Gott zu Diensten stehendes Geschöpf den Augen eines Sterblichen erschienen sei ?“ „...denn mein Angesicht darf niemand schauen.“ (Ex 33,23)
Ergebnis
Augustinus:
„Jene Erscheinungen aber erfolgten durch wandelbare, dem unwandelbaren
Gott unterworfene Geschöpfe; sie offenbarten Gott nicht, wie er an sich
ist, sondern im Symbol, wie es Zeit und Umstände erforderten.“
Deswegen heißt es in Joh 1,18:
„Niemand hat Gott je gesehen.
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht,
Er hat Kunde gebracht.“
Ein ganz gesegnetes Fest des hl. Augustinus (doctor gratiae)
wünscht Heilwasser, Dipl.-Theol.
