"Unicuique secundum propriam virtutem" - Zusammenhang von Talenteverteilung und Kraftanstrengung
„Unicuique secundum propriam virtutem“ - Zu- sammenhang von Talenteverteilung und Tugend
„Unicuique secundum propriam virtutem“ heißt es im Evangelium nach Mt 14-23 vom Fest des hl. Remigius. Das heißt auf deutsch: „Jedem nach seiner eigenen Tugendkraft“, gemeint ist wohl die eigene Kraftan- strengung, weil es durch „propriam“ (eigene) extra hervorgehoben ist.
Oft wird dieses „virtutem“ mit Fähigkeit übersetzt, was mich etwas irritiert, da ich mit diesem Begriff eher die angelegte Fähigkeit assoziiere als die erworbene. Wenn aber die Talente aufgrund bereits angelegter Fähig- keiten verteilt würden, wo bleibt dann der Aspekt der eigenen Tugendanstrengung und wie sollte man dann das Gleichnis verstehen, wenn jemand bei seinen an- gelegten Fähigkeiten schon bevorzugt wird und aufgrund derer noch einmal bei der Verteilung der Talente? Da würde sich mir die Frage nach der Gerechtigkeit stellen. Darum dürfte „virtutem“ von lat. virtus besser mit Kraft bzw. Tugend bzw. Tugendkraft übersetzt werden. Die Tugend- kraft, die hier gemeint ist, wäre dann die eigene Anstrengung für die Tugend. Das erfordert Kraft. Dazu könnte man noch die Hilfe des himmlischen Chores der „virtutes“ (Kräfte bzw. Tugendkräfte) hinzunehmen, die dem Gläubigen ihre Tugenden vermitteln, wenn sie durch eigene Kraftanstrengung des Gläubigen angerufen werden. Die Tugend ist also eine Kraft.
Und bei wem der Geber der Gaben mehr eigene Kraft- anstrengung erkennt und voraussieht, weil dieser mehr eigenes Mitwirken mit den Gaben aufbringt, dem schenkt Er auch mehr Talente. So ist das Gleichnis gut zu verstehen, wenn es dort heißt, dass einem 5 Talente, einem 2 Talente und einem nur eines geschenkt wurde. Man beachte auch, der Herr wollte wohl aufgrund seiner Barmherzigkeit dem Untauglichsten im Sinne von „dem Unwilligsten“ nicht nichts schenken, sondern wenigstens 1 Talent, damit er es nutzen könnte, doch er tat es nicht, womit der Herr sich bei der Verteilung der Gaben als vorhersehend neben barmherzig und gerecht erwies.
Auf diese Weise werden die Fleißigen schon im Voraus, aufgrund des Vorauswissens Gottes, bei der Talente- verteilung bevorzugt. Und diese bestätigen ihre Bevor- zugung auch durch Verdoppelung ihrer Talente, die durch die eigene Kraftanstrengung zustande kommt. Man könnte evtl. auch sagen, das Talent hat dann den doppelten Wert, den des unverdienten Geschenktseins und den der verdienenden Mitwirkung als Eigenleistung.
Die eigene Tugendanstrengung ist es, die uns Talente beschert, die sich in ewigen Lohn verwandeln werden. Jedem nach seiner eigenen Kraftanstrengung!
Ich zitiere hierzu passend aus dem Rosenkranz zu den 9 Chören der hl. Engel: ...10. O wundertätige Kräfte! Erlangt mir die Fülle aller Tugenden und Vollkomenheit!...
Freut mich. Man lernt immer neu dazu, diesmal, dass die Übers. "Fähigkeiten" zwar nicht zwingend falsch ist, aber virtus doch eher von Kraft, gemeint ist die Tugendkraft kommt. So jedenfalls, wenn man von der lateinischen Hl. Vulgata ausgeht und die gilt ja als vom Heiligen Geist inspiriert.