Januar 1925 - Katholische Leitsätze und Weisungen zu verschiedenen, modernen Sittlichkeitsfragen

1. Wie die Seele, so ist auch der Leib von Gott geschaffen. Der Leib des Christen ist durch die Sakramente geheiligt, ein Tempel des Heiligen Geistes. Darum ist der Leib des Christen heilig zu halten. Eine gesunde Körperpflege ist nicht nur mit den Lehren des Christentums vereinbar, sondern geradezu geboten. Aber höher als der Leib steht die Seele. „Körperkultur“ darf daher nie zum Körperkult und so zum Schaden für die Seelenkultur werden.

2. Im Menschen sollte nach Gottes Anordnung Harmonie zwischen Leib und Seele bestehen. Die Erbsünde hat diese Harmonie zerstört. Es schlummert im Menschen eine Neigung zur bösen Lust, die die durch Sittengesetz und Gewissen gezogenen Schranken als lästige Fesseln zu durchbrechen strebt. Aufgabe des Menschen ist es, in lebenslänglichem sittlichem Kampfe, wie ihn der heilige Paulus so ergreifend schildert, mithilfe der göttlichen Gnade über diese Neigung Herr zu werden und jene Harmonie wieder zu erstreben. Das ist fundamentale Lehre des Christentums.

3. Alle modernen Bestrebungen, die offen oder versteckt sich auf den Standpunkt stellen, diese Harmonie sei bereits von Haus aus im Menschen vorhanden, leugnen die Erbsünde, sind also mit der Lehre der katholischen Kirche unvereinbar. Heidentum und Christentum stehen sich hier in ihren Anschauungen über das Verhältnis von Leib und Seele unversöhnlich gegenüber. Perioden einseitiger „Körperkultur“ in der Geschichte tragen sämtlich das Brandmal tiefer sittlicher Entartung.

4. Infolge des zerstörten Einklanges von Leib und Seele sucht der Leib mit sinnlichen Trieben die Herrschaft über die Seele zu erringen. Daher sündigt der Mensch, wenn er sich oder andere ohne Not der Gefahr aussetzt, in diesem Kampf eine Niederlage der Seele zu erleiden. Solche seelische Gefährdung ist bei der gegenwärtig um sich greifenden heidnischen Überschätzung des Körpers in weitestem Maße gegeben.

5. Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sind von Gott als Schutzmauern um die Keuschheit gelegt. Daher versündigt sich, wer unter dem Deckmantel der „Körperkultur“ oder der Literatur oder der Kunst diese Schutzmauern untergräbt und einreißt. Es ist alles zu verwerfen, was nur unter Verletzung von Schamhaftigkeit und Sittsamkeit möglich ist.

6. Dieser Grundsatz gilt ganz allgemein für alle Menschen. Er hat aber besondere Bedeutung für die Jugend, in deren Seele sogar vorübergehende, die Schamhaftigkeit und Sittsamkeit verletzende Eindrücke in ihren Nachwirkungen oft verhängnisvoll werden. Eltern und Lehrer, vor allem auch Turnlehrer und Turnlehrerinnen, sowie Leiter von Jugendvereinigungen und deren Turn- und Sportabteilungen müssen sich der schweren Verantwortung vor Gott, die die Behütung von Schamhaftigkeit und Sittsamkeit ihnen auferlegt, in einer Zeit sittlichen Verfalls wie heute besonders bewusst sein.

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Quelle: „Um die Reinheit der Jugend“ – Hardy Schilgen S. J. - 1930 - hier bestellen - ins Buch hinein blättern