Tugendschule für Deutschland (13) Gleichmut
(13) Gleichmut
Diese Tugend wird durch ein gleichbleibendes Gemüt,
wie der Name schon sagt, umgesetzt. Ein gleichbleibendes
Gemüt, wer kann es vorweisen ?
Das dürfte eine große Kunst, aber gerade der springende
Punkt in der Tugendlehre sein, denn es gibt tugendhafte
Seelen, doch ihr Gemüt wankt immer noch zwischen
himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Die ars
vivendi ist es, ein gleichbleibendes Gemüt zu haben.
Das wussten schon die griechischen Philosophen. V.a.
bei den Stoikern war Wankelmütigkeit ganz verpönt.
Warum eigentlich? Weil der Wankelmut in einen unvor-
hergesehenen, spontanen Sturm ausarten kann, der
plötzlich eintritt, weil die Situation eine unerwartete
Wendung nimmt, weil der andere plötzlich eine ent-
gegengesetzte Meinung vertritt, weil auf einmal Unan-
nehmlichkeiten eintreten, weil unangenehme Post ins
Haus flattert oder weil man überhaupt eine jähzornige
Neigung hat, sich bei allem und jedem Wehwehchen
schnell aufzuregen.
Der Gleichmütige hat ein Herz wie eine Solarzelle,
welche die sonnigen Tage auffängt und speichert (im geis-
tigen Sinne Gottes Licht und Liebe, Weisheit und Inspira-
tionen) und sie wieder abgibt, wenn die Sonne sich ver-
birgt. Er wird das sonnige Gemüt in Gleichmut bewahren
können, auch wenn der Regen auf sein Herz fällt.
Der Wankelmütige dagegen kann zur Gefahr für sein Umfeld
und den Mitmenschen werden, da man nie genau einschätzen
kann, wann der Sturm wieder losbricht. Im Grunde ist
Wankelmütigkeit wie ein Anschlag auf Gottes Pläne mit
der Seele und auf den Frieden des Mitmenschen.
Ein Mensch, der Jesus und die Muttergottes liebt, weil
er gerade ein Hochgefühl hat, ist noch nicht gefestigt
im Glauben, wenn er bei der ersten Prüfung bereits ent-
mutigt wird. Der Herr prüft die Seinen bekanntlich auf
Herz und Nieren, ja sogar im Schmelzofen, denn dann
ist der Beweis erbracht, dass die Liebe wertvoller als
Silber und Gold ist.
Verliebtheit ist gut, aber erprobte Liebe ist weitaus besser,
und die zeigt sich im Gleichmut.
"Zeig mir deinen Gleichmut und ich sage dir wie tief du
im Glauben verwurzelt bist."
(Erstellt anhand eines nicht mehr aufgelegten Tugendbuches.)
