[LJ 79] Das Leben Jesu nach den vier Evangelisten

30. Die Unruhe des Herodes wegen der Enthauptung des hl. Johannes des Täufers

(Luk. 9, 7-9; Mark. 6, 14-29; Matth. 14, 1-12)

[ Strafpredigt Johannes des Täufers vor Herodes (1856). Giovanni Fattori (1825-1908) ]

Zu derselben Zeit hörte der Vierfürst Herodes den Ruf über Jesus und alles, was durch ihn geschah; denn sein Name wurde allbekannt. Und er sprach zu seinen Dienern: „Das ist Johannes der Täufer. Er ist von den Toten erstanden, und deswegen sind die Wunderkräfte in ihm wirksam.“ Er war aber in Verlegenheit; denn einige sagten: „Johannes ist von den Toten erstanden“, andere aber: „Elias ist erschienen“, wieder andere: „Ein Prophet, einer von den alten, ist auferstanden“. Da Herodes dies hörte, sagte er: „Den Johannes habe ich enthauptet; wer ist aber dieser, über den ich solches höre?“ Und er suchte ihn zu sehen.

Herodes selbst hatte nämlich hingeschickt und den Johannes ergreifen, fesseln und ins Gefängnis werfen lassen wegen der Herodias, der Frau seines Bruders Philippus, weil er sie zur Ehe genommen hatte. 1) Denn Johannes sprach zu Herodes: „Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zu haben.“ Er war zwar willens, ihn zu töten, fürchtete aber das Volk, weil es ihm als einem Propheten anhing. Herodias jedoch stellte ihm nach und wollte ihn töten, konnte es aber nicht. Denn Herodes fürchtete den Johannes, weil er ihn als einen heiligen und gerechten Mann erkannte. Deshalb ließ er ihn behüten und tat vieles, nachdem er ihn angehört, und hörte gern auf ihn. 1)

[ Tanz Salomes (1461-62). Benozzo Gozzoli ]

An einem gelegenen Tage aber, da Herodes an seinem Geburtsfeste seinen Großen und den Kriegsobersten und den Vornehmsten von Galiläa ein Gastmahl gab, trat die Tochter eben der Herodias ein und tanzte in der Mitte (des Saales). Es gefiel dem Herodes und den Tischgenossen, und der König sprach zu dem Mädchen: „Verlange von mir, was du willst, und ich werde es dir geben.“ Und er schwur ihr: „Was immer du von mir verlangen wirst, will ich dir geben, und wäre es die Hälfte meines Reiches.“ Sie aber ging hinaus und fragte ihre Mutter: „Was soll ich verlangen?“ Diese antwortete: „Das Haupt Johannes des Täufers!“ Alsogleich ging sie eilends zu dem Könige hinein und sprach ihr Verlangen aus, indem sie sagte: „Ich will, dass du mir auf der Stelle hier auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers gibst.“ Da ward der König sehr betrübt, aber wegen des Schwures und wegen der Tischgenossen wollte er sie nicht abweisen, sondern sandte einen Scharfrichter hin und trug ihm auf, das Haupt desselben auf einer Schüssel zu bringen. Dieser enthauptete ihn im Gefängnisse, brachte sein Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen und das Mädchen gab es seiner Mutter.

Als es seine Jünger hörten, kamen sie, nahmen seinen Leichnam und setzten ihn bei in einem Grabe. Dann gingen sie hin und verkündeten es Jesus.

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1) Dieser Philippus darf nicht verwechselt werden mit jenem Philippus, der Tetrarch von Ituräa und der Landschaft Trachonitis war nach Luk. 3, 1.
1) Herodes hatte anfangs, bei und unmittelbar nach der Einkerkerung des Täufers, die Absicht, ihn sobald als möglich aus dem Wege zu schaffen, schob aber aus Furcht vor dem Volke die Hinrichtung auf. Matth. 14, 3-5. Später jedoch, als er den hl. Johannes näher kennen gelernt hatte, stand er von seinem Vorhaben gänzlich ab und beschützte ihn sogar gegen die Nachstellungen der gottlosen Herodias. Mark. 6, 19. 20.


[Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers. Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571-1610) ]
Guntherus de Thuringia