Von der Hingabe seiner selbst an Gott (Nr. 40)

Von der Hingabe seiner selbst an Gott

Pater Jean-Nicolas Grou SJ

Kennzeichen der wahren Frömmigkeit.

Siebente Eigenschaft:
Die wahre Andacht wandelt auf den einfachsten gewöhnlichsten Wegen. Was am wenigsten Aufsehen macht, zieht sie allen anderen vor, wie ein stilles Veilchen, das es liebt, unter dem Grase verborgen zu duften und sich ungesehen zertreten zu lassen. Sie ehrt jenen, an dem Gottes Gaben offenbar werden und wählt für sich Verachtung, Verborgenheit oder das Bekanntsein bloß durch ihre Mängel. Solche wahre Andächtige gibt es wenige, und es scheinen noch weniger zu sein, eben weil sie verborgen bleiben. Bei den meisten übrigen, sogenannten Andächtigen, sieht man etwas Ungewöhnliches, Ziererei, Schaustellung, Besonderheit in Mienen, Haltung, Benehmen, Sprache, Kleidung, Bestreben zu einer besonderen Art von Betrachtung, worin sie ein Spielball der Phantasie werden und Dinge haben wollen, die nur für sie, nicht für die übrigen Gläubigen sind. Ich sage nicht, daß alle diese Heuchler sind und daß alle diese Züge ihnen allen zukommen, aber wenige gibt es, die die Andacht auf Demut gründen, auf wahre Demut, und die sich von dem feinsten und gefährlichsten Laster, dem Stolze, sichern. Der wahre Prüfstein der Andacht ist die Liebe zu den Demütigen! Jener ist der wahre Jünger Jesu Christi, der nichts tut, sich den Demütigungen zu entziehen, dem es lieb ist, daß man seine Fehler kenne, seine Mängel ihm vorwerfe, seine Tugend herabsetze, seinen guten Namen anschwärze und sich zu seiner Rechtfertigung kein einziges Wort gegen das Wohlgefallen Gottes erlaubt.