Impuls der Woche - Welttag der Armen (15. November 2025)
Vor einigen Tagen haben wir Sankt Martin gefeiert. Die bekannteste Geschichte um diesen an Legenden reichen Bischof von Tours in Frankreich ist die vom geteilten Mantel. Rund um den Martinstag gehen Kinder mit bunten Laternen durch die Straßen und oft wird am Ende dieser Martinszüge die Geschichte nachgespielt: Martin noch als römischer Soldat begegnet mitten im Winter einem Bettler. Der arme Mann friert und bittet Martin um Hilfe. Dieser hat aber kein Geld dabei. So nimmt er kurzerhand sein Schwert und teilt seinen warmen Umhang. Eine Hälfte gibt er dem Bettler, die andere behält er für sich. Am 16. November begeht die Kirche den Welttag der Armen. Unter dem Leitwort „Du bist meine Hoffnung" (Ps 71,5) machen Aktionen aufmerksam auf die Lebensbedingungen armer Menschen. In Deutschland waren im Jahr 2024 rund 13 Millionen Menschen von relativer Armut betroffen, was 15,5 % der Bevölkerung entspricht. Eine andere Quelle des Statistischen Bundesamtes nennt 17,6 Millionen Betroffene, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht waren. Und rund 1,1 Millionen. Kinder und Jugendliche lebten 2024 in Haushalten mit erheblichen materiellen Entbehrungen. Für die Betroffenen ist damit in der Regel der spürbare Verlust von Selbstwertgefühl und Möglichkeiten, am sozialen Leben teilnehmen zu können, verbunden. Gerade in unserem wohlhabenden Land ist es wichtig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass es auch in unserer Mitte arme Menschen gibt, die auf unsere Solidarität angewiesen sind. Noch einmal zum Heiligen Martin: Jedes Mal, wenn ich seine Geschichte höre oder einen Laternenumzug sehe, frage ich mich: „Würde ich auch meinen Mantel teilen? Bin ich auch bereit, etwas abzugeben, das nicht aus meinem Überfluss kommt, sondern auch für mich notwendig ist?“ – Sind wir dazu bereit? Ihr Rainer Woelki Erzbischof von Köln