Pazzo 2
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"Einsetzung des heiligen Sakramentes"

Aus Anna Katharina Emmerich:
Das bittere Leiden unseres Herrn Jesu Christi

Auf Befehl des Herrn hatte der Speisemeister den Tisch wieder zugerüstet und ihn etwas erhöht; er ward mit einem Teppich, worüber eine rote und dann eine durchbrochene weiße Decke lag, bedeckt wieder in die Mitte geschoben. Dann stellte der Speisemeister einen Wasserkrug und einen Weinkrug unter den Tisch.

Petrus und Johannes holten nun aus dem abgetrennten Raum des Saals, wo der Osterlammherd war, den Kelch, den sie aus der Wohnung der Seraphia dahin gebracht hatten. Sie trugen ihn in seinem Behälter zwischen sich auf den Händen, und es war anzusehen, als trügen sie einen Tabernakel. Sie setzten diesen Behälter vor Jesum auf den Tisch. Es stand dabei ein länglich runder Teller mit drei dünnen, weißlichen Osterbroten, die mit regelmäßigen Furchen gerippt waren; in der Breite waren etwa drei solche Bissen, und der Kuchen war etwa noch einmal so lang als breit; die Brote waren bedeckt, und er hatte sie schon bei der Ostermahlzeit zum Bruche vorgeritzt und eine Hälfte des dort gebrochenen Brotes dazu unter die Decke gelegt. Es standen auch ein Wein- und Wassergefäß da und drei Büchsen, eine mit flüssigem Öl, eine leer und ein Spatel.

Das Brotbrechen und Austeilen und das Trinken aus einem gemeinsamen Kelch am Schluß des Mahles war aber schon seit alten Zeiten als ein Zeichen der Verbrüderung und Liebe bei Willkommen und Abschied gebräuchlich. Ich meine, es muß auch in der Schrift davon vorkommen.

Jesus aber erhob es heute zum allerheiligsten Sakrament. Es war bis jetzt eine vorbildliche Handlung gewesen. Durch des Judas Verrat kam unter den Beschuldigungen bei Kaiphas auch dieses vor: er habe zu den Passah-Gebräuchen etwas zugesetzt, das neu sei. Nikodemus bewies aber aus Schriftrollen, daß diese Sitte des Abschieds eine alte sei.

Jesu Stelle war zwischen Petrus und Johannes; die Türen waren geschlossen, alles sehr geheim und feierlich. Als nun die Hülle von dem Kelch genommen und in den abgeteilten Raum des Saales zurückgetragen wurde, betete Jesus und sprach sehr feierlich. Ich sah, daß Jesus ihnen das Abendmahl und die ganze Handlung auslegte; ich sah es, als ob ein Priester den andern die heilige Messe lehre.

Er zog darauf aus der Platte, worauf die Gefäße standen, einen Schieber heraus, nahm ein weißes Tuch, das über dem Kelche hing, herab und breitete es über die ausgezogene Fläche. Ich sah ihn dann eine runde Platte von dem Kelch herabnehmen und auf die bedeckte Fläche stellen; dann nahm er die auf dem nebenstehenden Teller liegenden Brote unter ihrer Verhüllung hervor und legte sie auf die Platte vor sich hin; die viereckiglänglichen Brote ragten an beiden Seiten über die Platte, deren Rand in der Breite jedoch hervorsah. Hierauf stellte er den Kelch sich etwas näher und setzte einen kleineren Becher, der in ihm stand, heraus und die sechs kleinen Becher, welche den Kelch umgaben, recht und links zur Seite. Dann segnete er das Osterbrot und, ich meine, auch die nahestehenden Öle, und hob nun die Platte mit den Osterbroten mit beiden Händen empor, schaute gen Himmel, betete, opferte, setzte die Platte nieder und deckte sie zu. Hierauf nahm er den Kelch, ließ sich von Petrus Wein und von Johannes Wasser, das er segnete, hineingießen und schöpfte mit dem kleinen Löffel noch ein wenig Wasser hinein. Nun segnete er den Kelch und hob auch ihn betend und opfernd empor und setzte ihn nieder.

Er ließ sich von Petrus und Johannes Wasser über den Teller, worauf die Osterbrote gelegen hatten, auf die Hände gießen, und mit dem Löffel, den er aus dem Fuß des Kelches genommen, schöpfte er von dem Wasser, das über seine Hände gelaufen, auf ihre Hände; dann wurde diese Schale herumgereicht, und sie wuschen alle die Hände darin. Ich weiß nicht, ob alles dies genau so folgte, aber dieses alles und anderes, was mich sehr an die heilige Messe erinnerte, sah ich mit großer Rührung.
Er wurde unter diesen Handlungen immer inniger und inniger und sagte: er wolle ihnen nun alles geben, was er habe, sich selbst; da war es, als gösse er sich ganz aus in Liebe, und ich sah ihn ganz durchsichtig werden; er war wie ein leuchtender Schatten.

Er brach aber in dieser Innigkeit betend das Brot in die vorgeritzten Bissen und legte sie turmförmig auf die Platte; von dem ersten Bissen brach er mit den Fingerspitzen ein wenig und ließ es in den Kelch fallen.
In demselben Augenblick, da er dieses tat, hatte ich ein Bild, als empfange die Heilige Jungfrau das Sakrament geistlicher Weise, obschon sie hier nicht anwesend war. (Die geistige Gegenwart der Heiligen Jungfrau sah sie ein andermal so lebhaft, daß sie davon sprach wie von der körperlich stattfindenden.) Ich weiß jetzt nicht, wie ich dieses sah, aber es war mir, als sehe ich sie vom Eingang zur offenen Seite des Tisches heranschweben und dem Herrn gegenüber das Sakrament empfangen; dann sah ich sie nicht mehr. Er hatte ihr am Morgen in Bethanien gesagt, er wolle sein Passah geistlicher Weise mit ihr feiern und hatte ihr die Stunde bestimmt, wo sie, im Gebete abgesondert, es im Geiste empfing.

Er betete und lehrte noch; alle seine Worte gingen wie Feuer und Licht aus seinem Munde in die Apostel ein, außer in Judas. Nun aber nahm er die Platte mit den Bissen, von der ich nicht mehr bestimmt weiß, ob er sie auf den Kelch gestellt hatte, und sprach: "Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird." Dabei bewegte er seine Rechte wie segnend darüber; und als er dieses tat, ging ein Glanz von ihm aus, seine Worte waren leuchtend und ebenso das Brot, das wie ein Lichtkörper in den Mund der Apostel stürzte; es war, als fließe er selbst in sie hinein; ich sah alle wie von Licht durchdrungen, nur Judas sah ich finster. Zuerst reichte er es Petrus, dann dem Johannes. Nun winkte er dem Judas, der ihm schräg gegenüber saß, zu nahen; er war der dritte, welchem er das heilige Sakrament reichte. Aber es war, als wiche sein Wort von dem Munde des Verräters zurück. Ich war so entsetzt, daß ich nicht mehr genau sagen kann, was ich dabei empfand. Jesus aber sagte zu ihm: "Was du tun willst, das tue bald." Jesus fuhr fort, den noch übrigen Aposteln das heilige Sakrament zu reichen; sie nahten paarweise, und einer hielt dem andern eine kleine steife gesäumte Decke unter, die über dem Kelch gelegen hatte.

Jesus aber hob den Kelch bei den beiden Ringen gegen sein Angesicht empor und sprach die Worte der Einsetzung hinein. Er war in dieser Handlung ganz verklärt und wie durchsichtig; er war in das übergehend, was er gab. Er ließ Petrus und Johannes aus dem Kelche, den er in Händen hielt, trinken und setzte ihn nieder, und Johannes schöpfte mit dem kleinen Löffel von dem heiligen Blute aus dem Kelche in die kleinen Becher, die Petrus den Aposteln hinreichte, welche paarweise aus einem Becher tranken. Auch Judas hat, aber ich entsinne mich dessen doch nicht ganz gewiß, noch den Kelch genossen; er ging aber nicht an seinen Ort zurück, sondern verließ gleich das Coenaculum. Die andern, weil Jesus ihm gewinkt hatte, meinten, er habe ihm ein Geschäft aufgetragen; er ging weg ohne Gebet und ohne die Danksagung; da kannst du sehen, wie übel es bestellt ist, wenn man ohne Dankgebet vom täglichen und vom ewigen Brot hinweggeht. Ich hatte während des ganzen Mahles bei Judas Füßen die Gestalt eines kleinen roten Ungeheuers sitzen sehen, das ihm manchmal bis zum Herzen hinaufkam; sein einer Fuß war wie ein kahler Knochen. Als Judas vor der Türe war, sah ich drei Teufel um ihn; einer fuhr ihm in den Mund, einer trieb ihn, einer lief vor ihm her. Es war Nacht; es war, als leuchteten sie ihm; er lief wie ein Rasender.

Einen Rest des heiligen Blute, der in dem Kelche übrig war, goß der Herr in den kleinen Becher, der in dem Kelche gestanden; dann hielt er die Finger über den Kelch und ließ sich von Petrus und Johannes Wasser und Wein darüber gießen. Diese Nachspülung ließ er die beiden wieder aus dem Kelche trinken und den Rest, abermals in die Becher geschöpft, an die übrigen Apostel gelangen. Hierauf trocknete der Herr den Kelch aus, setzte den Becher mit dem Reste des heiligen Blutes hinein, stellte die Platte mit dem übrigen konsekrierten Osterbrote darauf und den Deckel darüber und deckte das Tuch wieder über den Kelch, den er auf seine Unterlage zwischen die kleinen Becher zurückstellte. Ich habe nach der Auferstehung die Apostel von dem übrigen des heiligen Sakramentes genießen sehen.

Ich erinnere mich nicht, gesehen zu haben, daß der Herr es selbst genossen, ich müßte es denn übersehen haben. Als er es gab, gab er sich, so daß er mir wie ausgeleert und in barmherziger Liebe ergossen erschien. Es ist dieses unaussprechlich. Ich habe auch nicht gesehen, daß Melchisedek, als er Brot und Wein opferte, es selbst genossen. Ich habe auch gewußt, warum die Priester es nehmen, da Jesus es nicht nahm.

Während sie dies sagte, sah sie sich plötzlich um wie eine Zuhörende; sie erhielt eine Erklärung darüber, vermochte aber nur folgendes davon mitzuteilen: "Hätten es Engel gespendet, sie hätten es nicht empfangen; empfingen es aber die Priester nicht, so wäre es längst verlorengegangen; dadurch wird es erhalten."

Alle Verrichtungen Jesu während der Einsetzung des heiligen Sakramentes gingen sehr geregelt und feierlich und doch lehrend und unterweisend vor sich; auch sah ich nachher die Apostel sich einiges mit Zeichen in die kleinen Rollen bemerken, die sie bei sich trugen. Seine Wendungen rechts und links waren feierlich wie immer in den Gebetshandlungen. Alles zeigte den Keim der heiligen Messe. Ich sah auch die Apostel beim Heranschreiten und andern Gelegenheiten sich priesterlich gegeneinander beugen.

Jesus hielt nun noch eine Geheimlehre; er sagte ihnen, wie sie das heilige Sakrament fortsetzen sollten zu seinem Gedächtnis bis ans Ende der Welt, und lehrte sie das Hauptsächliche in der Weise des Gebrauchs und der Mitteilung, und auf welche Art sie das Geheimnis desselben nach und nach lehren und aussprechen sollten, und wann sie von dem übrigen wieder nehmen, wann der Heiligen Jungfrau es reichen und, so er ihnen den Tröster gesendet, es selbst konsekrieren sollten.
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