Geht alle zu Josef! - Der heilige Josef in der Heiligen Schrift - Teil 1 (fsspx.at)

Die Verehrung des hl. Josef hat sich über fast zwei Jahrtausende entwickelt. Ein geheimnisvolles Schweigen hüllte sich lange um die Gestalt des heiligen Josef. Sein Vorkommen in den Evangelien ist sehr spärlich. In der Antike sprechen aber bereits einige der bedeutendsten Kirchenväter wie der hl. Justinus, der hl. Ambrosius, der hl. Augustinus oder auch der hl. Johannes Chrysostomus über ihn. Seine früheste liturgische Verehrung findet sich bei den Kopten, wohl auch auf Grund der Verwendung von apokryphen Texten. In der lateinischen Kirche findet sich die früheste Feier eines Festes zu seinen Ehren im deutschen Sprachraum, ein Eintrag in einem Martyrologium der Klosterinsel Reichenau Mitte des 9. Jahrhunderts ist uns erhalten. Es sollte aber noch viele Jahrhunderte dauern bis sein Festtag für die Universalkirche vorgeschrieben wird.

Die großen Heiligen der frühen Neuzeit, wie die hl. Theresia von Àvila oder der hl. Franz von Sales aber auch schon zuvor der hl. Bernhardin von Siena waren es schließlich, die zu den großen Verehrern dieses Heiligen wurden und damit seine Verehrung unter den Gläubigen verbreiteten. Das Bild, das diese Autoren entwickelt haben, gründet auf Aussagen des Evangeliums über ihn und auf der Tradition der Kirche. Der selige Papst Pius IX. war es schließlich, der den hl. Josef vor 150 Jahren zum Schutzpatron der Kirche erhob.

In der großen Gestalt des alttestamentlichen Patriarchen Josef, dem Sohn Jakobs, mit seinen elf Brüdern, die ihn verkauft hatten und ihn in Ägypten schließlich wiederfanden, in ihm sahen die Kirchenväter das Vorbild für den neutestamentlichen heiligen Josef. Dieser musste ja auch nach Ägypten ziehen, mit Maria und dem Jesuskind. Jener große Josef des alten Bundes wurde vom Pharao zum Verwalter eingesetzt, damit die Getreidespeicher gefüllt würden und als Nahrungsreserve dienten, wenn die sieben Jahre des Hungerns kommen würden. Als es dann soweit war, kamen die Leute zum Pharao und wollten Getreide haben. Der aber schickte sie zu Josef: „Ite ad Joseph - Geht zu Josef!“ (Gen 41,55). Der Josef des Alten Bundes ist wie ein Vorbild der Verehrung des hl. Josef für uns, die wir Nahrung für unsere Seele brauchen: Ite ad Joseph! Er, unser Vater und Herr, möge uns Vorbild im inneren Leben sein. Die folgenden Erwägungen sollen uns auch ein wenig dazu helfen.

1. Der hl. Josef in der Heiligen Schrift

Nur wenige Zeilen sind uns in den Evangelien über den hl. Josef überliefert. Nur ein Wort ist uns (indirekt) überliefert, das der heilige Josef gesagt hat: Jesus. Dieses muss er bei der Namensgebung ausgesprochen haben, die uns bei Matthäus angedeutet wird (vgl. Mt 1,25).

Der heilige Apostel und Evangelist Matthäus beginnt sein Evangelium mit der menschlichen Ahnentafel des Sohnes Gottes (Mt 1,1-16). Dieser Stammbaum deckt sich nicht völlig mit dem von Lukas (Lk 3,23-28). Josef ist aus königlichem Stamme, seine Vaterstadt ist Bethlehem im Lande Juda, obwohl er in Nazareth wohnt (vgl. Lk 2,4). Er ist mit Maria verlobt, hat sie, seine Braut, aber noch nicht heimgeführt, als sie durch das Wirken des Heiligen Geistes empfängt. Matthäus und Lukas stimmen hier miteinander überein. Die menschliche Stammtafel Jesu will also nicht zu verstehen geben Josef sei der Vater Jesu dem Fleische nach, sondern es soll die Verbindung des Herrn mit seinen entfernten Vorfahren unterstrichen werden.

„Den Gottmenschen dem Fleische nach vorzubereiten, war der glorreichste Vorzug des jüdischen Volkes (Röm 9,5) und in besonderer Weise die Glanzseite des Geschlechtes David.“1 Diese besondere Ehrenstellung der davidischen Familie ist geschichtlich festgehalten in dem Doppelstammbaum Jesu, den die beiden Evangelisten Matthäus und Lukas entwerfen. Diese Abstammung ist für den hl. Josef, für seine Stellung, für seine Größe und Ver-ehrungswürdigkeit von höchster Bedeutung. Damit wird also die Verheißung für die Familie Davids erfüllt und bestätigt, dass aus einem ihrer Sprosse der Messias hervorgehen werde (Ps 88,30; 2 Kg 7,16; 23,51; 1 Makk 2,57). Der Heiland ist der Spross von 19 Königen und verdankt diese Ehre dem hl. Josef. Deshalb wird der hl. Josef vom Engel (Mt 1,20) auch sofort als „Sohn Davids“ bezeichnet.

Es ist in gewissem Sinne eine messianische Botschaft, die der Engel vollzieht, und sie besagt, dass die große Verheißung an die Familie Davids nun erfüllt wird, im hl. Josef und durch ihn. „Er ist der letzte Sprosse des Alten Bundes und berührt unmittelbar die Person des Heilandes. In ihm musste also die Heiligkeit der Ahnen, die nach der Absicht Gottes auch zur Verwirklichung der Menschwerdung dienen sollte, ihre Vollkommenheit und Vollendung erreicht haben. Wie Abraham war Josef ein Mann des Glaubens und des Gehorsams, wie Jakob ein Mann der Geduld, wie Josef von Ägypten ein Mann der Reinheit, wie David ein Mann nach dem Herzen Gottes, wie Salomo ein Mann der Weisheit.“2

„Der hl. Lukas führt die Abstammung des Herrn bis auf Adam hinauf, um ihn damit als Blutsverwandten, Herrn und Haupt des ganzen Menschengeschlechtes als den Erstgeborenen der Schöpfung darzustellen. … Ist nicht damit stillschweigendermaßen der hl. Josef als Patriarch in seiner Stellung zur Kirche und zum kommenden Menschengeschlecht gekennzeichnet?“3

Mit großer Nüchternheit berichten uns die Evangelien von der Kindheit des Herrn, besonders der hl. Lukas geht dabei mehr auf die Einzelheiten ein. Zunächst ist das die Reise nach Bethlehem, die durch die Anordnung des römischen Kaisers notwendig wurde. Es wird nicht gesagt, wie diese Reise mit Maria, deren Zeit der Niederkunft unmittelbar bevorstand, vor sich geht. Eine Tatsache wird aber ganz ausdrücklich hervorgehoben, nämlich, dass es für die Reisenden keinen Platz in der Herberge gibt. Der Sohn Gottes kommt in völliger Armut zur Welt. Der Evangelist Lukas schließt unmittelbar an die Weihnachtserzählung die Berichte von der Beschneidung des Herrn und von der Darstellung im Tempel an. In diesem letzteren ist Josef wieder ausdrücklich genannt (Lk 2,33), tritt aber hinter Jesus und Maria zurück.

Der hl. Lukas erzählt dann in wenigen Worten die Kindheitsgeschichte und stellt nur eine wichtige Episode aus ihr heraus, nämlich wie der Knabe Jesus verloren ging und im Tempel wiedergefunden wurde. Hier erscheinen Maria und Josef in größere Nähe zueinander gerückt und der Evangelist legt Maria ein Wort in den Mund, das für die Theologie des hl. Josef von größter Bedeutung ist: „Siehe dein Vater und ich haben dich mit Ängsten gesucht.“ (Lk 2,38). „Dein Vater und ich“, ein scheinbar alltägliches Wort, und doch wird es, trotz der Antwort Jesu in Bezug auf seinen Vater im Himmel, von außerordentlicher Bedeutung für die Verehrung des hl. Josef, des Nährvaters Jesu und Oberhauptes der hl. Familie sein. In der folgenden Zeit erscheinen Maria und Josef noch einmal zusammen, wenn es heißt: „Er stieg mit ihnen hinab nach Nazareth und war ihnen untertan. (Lk 2,51). Der Plural in der Formulierung ist hier entscheidend.

Wir erfahren über die Persönlichkeit des hl. Josef, über einige seiner entscheidenden Charakterzüge, schon sehr Bedeutsames in den wenigen beim hl. Apostel und Evangelisten Matthäus überlieferten Worten. Es wird wie beim hl. Lukas die jungfräuliche Empfängnis und Geburt unterstrichen, Josef ist nicht der Vater Jesu. Aber er erscheint uns als das Haupt der hl. Familie. Er ist ein gerechter Mann, der Gott fürchtet, aber zugleich von einer großen, innigen Liebe zu seiner Braut Maria erfüllt ist. Er scheut sich sehr, sie in übles Gerede zu bringen und überlegt, sie heimlich zu entlassen (Mt 1,19). Als ihm schließlich ein Engel Gewissheit bringt und ihn gewissermaßen auffordert, mit einzutreten in die Pläne der Vorsehung, da verpflichtet er sich sehr entschlossen zu diesem schwierigen Weg. Anlässlich der Anbetung der Weisen, die der hl. Matthäus als einziger berichtet, wird sein Name zunächst mit Stillschweigen übergangen, Jesus und Maria stehen hier alleine im Vordergrund (Mt 2,11). Aber er erscheint als derjenige, der an erster Stelle für den Schutz Jesu verantwortlich ist. Nun befiehlt ihm der Engel und Josef gehorcht. Von der folgenden Flucht nach Ägypten wird keinerlei Einzelheit berichtet, nur von der Dauer ist ohne weitere Genauigkeit die Rede. Die Rückkehr setzt auf Seiten Josefs den gleichen Gehorsam gegen Gott voraus. Der übernatürliche Gehorsam bleibt vernünftig und berücksichtigt die Gefahren einer Niederlassung in Judäa (Mt 2,22).

In den Evangelien ist nun weiter nicht mehr vom hl. Josef die Rede, aber eines Tages wird es von Jesus heißen: „Ist das nicht der Sohn Josefs?“ (Lk 4,22), „Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns?“ (Mt 13,54; Mk 6,3), „Ist das nicht der Sohn Josefs? Wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter“ (Joh 6,42).

Quelle: Pater Johannes Regele

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