Heede: Historiker entdeckt geheime Dokumente
Erst kürzlich sorgte der nicht unumstrittene Historiker Michael Hesemann mit seinem Vortrag zur Marienerscheinung in Heede für Aufsehen. Er forderte darin vom Bistum, den Fall neu aufzurollen. Könnte es damit im Emsland bald einen Wallfahrtsort geben? Wir haben beim Bistum nachgefragt.
Rund 230 Interessierte besuchten den Vortrag am vergangenen Wochenende in der Gaststätte Ganseforth in Dersum, wie Veranstalterin Maria Flint berichtet. Geschätzt 60 weitere Interessierte hätten wegen Platzmangels gar wieder weggeschickt werden müssen. Von der Resonanz zeigt sich Flint begeistert. Es sei auch schon ein weiterer Termin geplant, das genaue Datum stehe aber noch nicht fest.
In dem Vortrag berichtete der Historiker Michael Hesemann von neu entdeckten Dokumenten aus dem Vatikan-Archiv. Einige unserer Leser zweifelten in Zuschriften und Kommentaren jedoch seine Seriosität an, unter anderem weil er durch Publikationen über Ufos bekannt wurde. So war er auch von 1984 bis 2000 Chefredakteur der Zeitschrift „Magazin 2000“, die sich paranormalen Themen widmete.
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt Hesemann dies damit, dass er neben Geschichte auch Volkskunde studierte und sich dabei eben auch mit „modernen Mythen“ befasst habe. „Meine zeitweise Beschäftigung mit dem Thema fällt in die 1990er Jahre – seit 25 Jahren habe ich dazu weder gearbeitet noch publiziert“, betont der Historiker. „Es ist also völlig absurd, wenn jemand meine Seriosität infrage stellt, weil ich als Auch-Volkskundler einen modernen Mythos dokumentiert habe.“
Seit Ende der 1990er beschäftige er sich nun hauptsächlich mit Kirchengeschichte. Seit 2009 habe er als einer von wenigen deutschen Historikern dauerhaften Zugang zum Vatikan-Archiv und sei im Januar 2020 von der Ständigen Vertretung des Heiligen Stuhls an den Vereinten Nationen eingeladen worden, um am UN-Hauptquartier in New York über seine Forschungen in den Vatikan-Archiven zu Pius XII. zu sprechen.
Marienbotschaft in allen vier Briefen identisch
Nachdem Papst Franziskus im März 2020 alle Akten aus dem Pontifikat Pius XII. für die Forschung freigegeben hatte, habe Hesemann im Archiv der Glaubenskongregation eine 89-seitige Akte über die Ereignisse von Heede gefunden. Diese habe neben Berichten des Bischofs von Osnabrück auch die Briefe der „Seherkinder“ von Heede an den Papst im Original enthalten. Denn die Mutter Gottes, so ist es überliefert, soll den Kindern auch ein Geheimnis für den Papst anvertraut haben.
Jedes Kind soll dann unabhängig voneinander die Worte, die es gehört hatte, in einem Brief niedergeschrieben haben. Kopien dieser vier Briefe, die in Sütterlinschrift verfasst wurden, präsentierte Hesemann den Zuhörern nun in Dersum. Die Niederschriften würden sich in Form, Anrede und Inhalt unterscheiden – mit Ausnahme der eigentlichen Marienbotschaft, die in allen vier absolut identisch sei.
Prophezeiung der Madonna habe sich wenig später erfüllt
Die Botschaft lautet demnach wie folgt: „Saget dem hl. Vater, er soll sich keine so schweren Sorgen um Deutschland machen, ich werde ihn und die ganze Geistlichkeit in dieser schweren Zeit unter meinen besonderen Schutz nehmen. Und Deutschland wird für den Unglauben und die Unsittlichkeit gezüchtigt werden. Erzählt dieses nur dem hl. Vater.“
Nach Ansicht von Hesemann träfen diese Worte exakt die wichtigsten Anliegen des Papstes, um die er laut seinem Sekretär und seiner Haushälterin täglich gebetet haben soll: Dass die katholische Kirche in Deutschland vor weiterer Verfolgung verschont bleibt und dass Hitler den Krieg verliert und Deutschland vom Fluch des Nationalsozialismus, seinem Kirchenhass, seinem Antisemitismus und seinen Verbrechen gegen das Leben befreit wird.
Von diesen Sorgen hätten dem Historiker zufolge die Mädchen als einfache Landkinder nichts wissen können. „Es war die direkte Antwort des Himmels auf die Gebete des Papstes, dessen größte Sorgen 1940 der Krieg Adolf Hitlers gegen die christliche Welt und das Schicksal der katholischen Kirche in Deutschland waren“, so Hesemann. Unter Historikern ist die Rolle von Papst Pius XII. gegenüber dem Nazi-Regime in Deutschland und dessen Gräueltaten allerdings umstritten.
Auch sieht er die Prophezeiung der Madonna als erfüllt an: „Der Papst selbst, die deutschen Bischöfe, ja, die Kirche in Deutschland haben die NS-Diktatur und den Krieg nahezu unbeschadet überstanden. Und Nazi-Deutschland hat den Krieg verloren“, betont der Historiker. Das habe zu diesem Zeitpunkt keiner voraussehen können.
Noch kein abschließendes Urteil aus Rom oder Osnabrück
Auch die angekündigte Bestrafung Deutschlands sei mit der weitgehenden Zerstörung des Landes und seiner 40-jährigen Teilung wahr geworden. „Daher zwingt uns die Entdeckung des Geheimnisses zu einer Neubewertung der Ereignisse von Heede. Es scheint, als habe dort von 1937 bis 1940 tatsächlich der Himmel gesprochen“, so das Fazit von Hesemann.
Deshalb will er in einem Brief an das Bistum Osnabrück Bischof Franz-Josef Bode über den Fund informieren und auch eine neue Untersuchung der damaligen Vorgänge aufgrund der neuen Beweislage erbitten. „Das Geheimnis ist ein klares Indiz für den übernatürlichen Ursprung der Erscheinungen. Denn woher hätten die Kinder wissen können, worum sich der Papst sorgt und was die beiden wichtigsten Anliegen seiner Gebete sind?“, betont Hesemann. Damit habe Heede die Chance, als Wallfahrtsort anerkannt zu werden, „als deutsches Lourdes, deutsches Fátima oder deutsches Garabandal“.
„Es gab weder ein abschließendes Urteil von Rom, noch von Osnabrück“, weiß der Historiker. Zwar wurde Heede zur Gebetsstätte, doch die Erscheinungen habe die Kirche bis auf den heutigen Tag nicht anerkannt. „Ihr Urteil: Non constat de supernaturalitate – es gibt keinen Beweis für die Übernatürlichkeit“, so der Historiker.
Bistum beantwortet Fragen nicht direkt
Und wie beurteilen Bischof Bode und das Bistum die Erkenntnisse von Hesemann und seine Forderungen? Ist es tatsächlich denkbar, den Fall neu zu untersuchen? Was hält das Bistum von den Briefen der Kinder? Ist es denkbar, dass Heede in der Folge als Wallfahrtsort anerkannt werden könnte? Wie läuft eine solche Anerkennung überhaupt ab? All diese Fragen hat unsere Redaktion dem Bistum gestellt. Die Antwort: „Die Erklärung aus dem Jahr 2000 von Bischof Franz-Josef Bode zu Heede ist weiterhin aktuell. Darüber hinaus ist zur Zeit nichts zu sagen“, heißt es aus der Pressestelle. Auf die gestellten Fragen wurde nicht eingegangen.
Bode hatte im März 2000 verdeutlicht, dass die Kirche in der Sache „immer eine kluge Zurückhaltung gewahrt“ habe. Er sehe keinen Anlass für eine kirchenamtliche Untersuchung der damaligen Vorgänge, „zumal eine amtlich fassbare, abschließende Klärung und Erklärung kaum zu erwarten ist“. Stattdessen plädierte er für „eine positive und mutige Förderung der eigentlichen Kostbarkeit dieser Gebetsstätte und eine besonnene, geläuterte, geistlich tief verwurzelte ‚Qualitätssicherung‘ für die Zukunft“.
Der Respekt vor der persönlichen Überzeugung erfordere weniger eine amtliche Erklärung und ein Zerren der Vorgänge in das Rampenlicht, als vielmehr eine Förderung all dessen, was sich in Heede an guter und nachhaltiger religiöser Praxis mit Anziehungs- und Ausstrahlungskraft entwickelt habe. Es gelte, behutsam darauf zu achten, dass Christus als die Mitte des Glaubens weder durch ein zu dürftiges, noch ein zu übertriebenes Marienbild verdunkelt werde.
________________________
Quelle: EMS-ZEITUNG/NOZ 2023, Wird das Bistum die Marienerscheinungen in Heede neu untersuchen? | NOZ
Dank an Kristina Roispich für das Verfassen des Beitrages und Dank an die Ems-Zeitung für das Ermöglichen dieser Veröffentlichung hier.
Rund 230 Interessierte besuchten den Vortrag am vergangenen Wochenende in der Gaststätte Ganseforth in Dersum, wie Veranstalterin Maria Flint berichtet. Geschätzt 60 weitere Interessierte hätten wegen Platzmangels gar wieder weggeschickt werden müssen. Von der Resonanz zeigt sich Flint begeistert. Es sei auch schon ein weiterer Termin geplant, das genaue Datum stehe aber noch nicht fest.
In dem Vortrag berichtete der Historiker Michael Hesemann von neu entdeckten Dokumenten aus dem Vatikan-Archiv. Einige unserer Leser zweifelten in Zuschriften und Kommentaren jedoch seine Seriosität an, unter anderem weil er durch Publikationen über Ufos bekannt wurde. So war er auch von 1984 bis 2000 Chefredakteur der Zeitschrift „Magazin 2000“, die sich paranormalen Themen widmete.
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt Hesemann dies damit, dass er neben Geschichte auch Volkskunde studierte und sich dabei eben auch mit „modernen Mythen“ befasst habe. „Meine zeitweise Beschäftigung mit dem Thema fällt in die 1990er Jahre – seit 25 Jahren habe ich dazu weder gearbeitet noch publiziert“, betont der Historiker. „Es ist also völlig absurd, wenn jemand meine Seriosität infrage stellt, weil ich als Auch-Volkskundler einen modernen Mythos dokumentiert habe.“
Seit Ende der 1990er beschäftige er sich nun hauptsächlich mit Kirchengeschichte. Seit 2009 habe er als einer von wenigen deutschen Historikern dauerhaften Zugang zum Vatikan-Archiv und sei im Januar 2020 von der Ständigen Vertretung des Heiligen Stuhls an den Vereinten Nationen eingeladen worden, um am UN-Hauptquartier in New York über seine Forschungen in den Vatikan-Archiven zu Pius XII. zu sprechen.
Marienbotschaft in allen vier Briefen identisch
Nachdem Papst Franziskus im März 2020 alle Akten aus dem Pontifikat Pius XII. für die Forschung freigegeben hatte, habe Hesemann im Archiv der Glaubenskongregation eine 89-seitige Akte über die Ereignisse von Heede gefunden. Diese habe neben Berichten des Bischofs von Osnabrück auch die Briefe der „Seherkinder“ von Heede an den Papst im Original enthalten. Denn die Mutter Gottes, so ist es überliefert, soll den Kindern auch ein Geheimnis für den Papst anvertraut haben.
Jedes Kind soll dann unabhängig voneinander die Worte, die es gehört hatte, in einem Brief niedergeschrieben haben. Kopien dieser vier Briefe, die in Sütterlinschrift verfasst wurden, präsentierte Hesemann den Zuhörern nun in Dersum. Die Niederschriften würden sich in Form, Anrede und Inhalt unterscheiden – mit Ausnahme der eigentlichen Marienbotschaft, die in allen vier absolut identisch sei.
Prophezeiung der Madonna habe sich wenig später erfüllt
Die Botschaft lautet demnach wie folgt: „Saget dem hl. Vater, er soll sich keine so schweren Sorgen um Deutschland machen, ich werde ihn und die ganze Geistlichkeit in dieser schweren Zeit unter meinen besonderen Schutz nehmen. Und Deutschland wird für den Unglauben und die Unsittlichkeit gezüchtigt werden. Erzählt dieses nur dem hl. Vater.“
Nach Ansicht von Hesemann träfen diese Worte exakt die wichtigsten Anliegen des Papstes, um die er laut seinem Sekretär und seiner Haushälterin täglich gebetet haben soll: Dass die katholische Kirche in Deutschland vor weiterer Verfolgung verschont bleibt und dass Hitler den Krieg verliert und Deutschland vom Fluch des Nationalsozialismus, seinem Kirchenhass, seinem Antisemitismus und seinen Verbrechen gegen das Leben befreit wird.
Von diesen Sorgen hätten dem Historiker zufolge die Mädchen als einfache Landkinder nichts wissen können. „Es war die direkte Antwort des Himmels auf die Gebete des Papstes, dessen größte Sorgen 1940 der Krieg Adolf Hitlers gegen die christliche Welt und das Schicksal der katholischen Kirche in Deutschland waren“, so Hesemann. Unter Historikern ist die Rolle von Papst Pius XII. gegenüber dem Nazi-Regime in Deutschland und dessen Gräueltaten allerdings umstritten.
Auch sieht er die Prophezeiung der Madonna als erfüllt an: „Der Papst selbst, die deutschen Bischöfe, ja, die Kirche in Deutschland haben die NS-Diktatur und den Krieg nahezu unbeschadet überstanden. Und Nazi-Deutschland hat den Krieg verloren“, betont der Historiker. Das habe zu diesem Zeitpunkt keiner voraussehen können.
Noch kein abschließendes Urteil aus Rom oder Osnabrück
Auch die angekündigte Bestrafung Deutschlands sei mit der weitgehenden Zerstörung des Landes und seiner 40-jährigen Teilung wahr geworden. „Daher zwingt uns die Entdeckung des Geheimnisses zu einer Neubewertung der Ereignisse von Heede. Es scheint, als habe dort von 1937 bis 1940 tatsächlich der Himmel gesprochen“, so das Fazit von Hesemann.
Deshalb will er in einem Brief an das Bistum Osnabrück Bischof Franz-Josef Bode über den Fund informieren und auch eine neue Untersuchung der damaligen Vorgänge aufgrund der neuen Beweislage erbitten. „Das Geheimnis ist ein klares Indiz für den übernatürlichen Ursprung der Erscheinungen. Denn woher hätten die Kinder wissen können, worum sich der Papst sorgt und was die beiden wichtigsten Anliegen seiner Gebete sind?“, betont Hesemann. Damit habe Heede die Chance, als Wallfahrtsort anerkannt zu werden, „als deutsches Lourdes, deutsches Fátima oder deutsches Garabandal“.
„Es gab weder ein abschließendes Urteil von Rom, noch von Osnabrück“, weiß der Historiker. Zwar wurde Heede zur Gebetsstätte, doch die Erscheinungen habe die Kirche bis auf den heutigen Tag nicht anerkannt. „Ihr Urteil: Non constat de supernaturalitate – es gibt keinen Beweis für die Übernatürlichkeit“, so der Historiker.
Bistum beantwortet Fragen nicht direkt
Und wie beurteilen Bischof Bode und das Bistum die Erkenntnisse von Hesemann und seine Forderungen? Ist es tatsächlich denkbar, den Fall neu zu untersuchen? Was hält das Bistum von den Briefen der Kinder? Ist es denkbar, dass Heede in der Folge als Wallfahrtsort anerkannt werden könnte? Wie läuft eine solche Anerkennung überhaupt ab? All diese Fragen hat unsere Redaktion dem Bistum gestellt. Die Antwort: „Die Erklärung aus dem Jahr 2000 von Bischof Franz-Josef Bode zu Heede ist weiterhin aktuell. Darüber hinaus ist zur Zeit nichts zu sagen“, heißt es aus der Pressestelle. Auf die gestellten Fragen wurde nicht eingegangen.
Bode hatte im März 2000 verdeutlicht, dass die Kirche in der Sache „immer eine kluge Zurückhaltung gewahrt“ habe. Er sehe keinen Anlass für eine kirchenamtliche Untersuchung der damaligen Vorgänge, „zumal eine amtlich fassbare, abschließende Klärung und Erklärung kaum zu erwarten ist“. Stattdessen plädierte er für „eine positive und mutige Förderung der eigentlichen Kostbarkeit dieser Gebetsstätte und eine besonnene, geläuterte, geistlich tief verwurzelte ‚Qualitätssicherung‘ für die Zukunft“.
Der Respekt vor der persönlichen Überzeugung erfordere weniger eine amtliche Erklärung und ein Zerren der Vorgänge in das Rampenlicht, als vielmehr eine Förderung all dessen, was sich in Heede an guter und nachhaltiger religiöser Praxis mit Anziehungs- und Ausstrahlungskraft entwickelt habe. Es gelte, behutsam darauf zu achten, dass Christus als die Mitte des Glaubens weder durch ein zu dürftiges, noch ein zu übertriebenes Marienbild verdunkelt werde.
________________________
Quelle: EMS-ZEITUNG/NOZ 2023, Wird das Bistum die Marienerscheinungen in Heede neu untersuchen? | NOZ
Dank an Kristina Roispich für das Verfassen des Beitrages und Dank an die Ems-Zeitung für das Ermöglichen dieser Veröffentlichung hier.