[LJ 76] Das Leben Jesu nach den vier Evangelisten

27. Jesus zum zweiten Male in seiner Vaterstadt Nazareth

(Mark. 6, 1-6; Matth. 13, 53-58)

Jesus ging von da weg und kam in seine Heimatstadt. Seine Jünger folgten ihm. Als der Sabbat gekommen war, begann er, in der Synagoge zu lehren. Da verwunderten sich viele, die ihn hörten, über seine Lehre und sprachen: „Woher hat er das alles? und was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? und so große Wunder, die durch seine Hände gewirkt werden? Ist er denn nicht der Zimmermann, des Zimmermanns Sohn? Heißt nicht seine Mutter Maria? und seine Brüder Jakobus und Joseph1) und Simon und Judas? und seine Schwestern, sind sie nicht alle bei uns? Woher hat er denn dieses alles?“ Sie nahmen also Anstoß an ihm.

Jesus aber sprach zu ihnen: „Ein Prophet ist nirgends ungeehrt, außer in seiner Vaterstadt und in seinem Hause und in seiner Verwandtschaft.“

Und er konnte dort wegen ihres Unglaubens kein Wunder wirken, außer dass er wenige Kranke durch Handauflegung heilte. Er verwunderte sich aber über ihren Unglauben.

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1) Die hier und an anderen Stellen nach hebräischem Sprachgebrauch "Brüder" des Heilandes genannt werden, sind seine Vettern: denn Jakobus und Joseph waren nach Matth. 27, 56 Söhne der Maria, die nach Joh. 19, 25 Schwester (Verwandte) der Mutter Jesu war und Gemahlin des Kleophas (Alphäus), eines Bruders des hl. Joseph; Judas Thaddäus aber nennt sich selbst in seinem Briefe einen Bruder des Jakobus, des "Bruders des Herrn". Der Israelit nennt auch seinen Oheim, seinen Vetter, einen Neffen u. s. w. "Bruder".


[ Jesus lehrt in der Synagoge zu Nazareth. Gustave Doré ]
Guntherus de Thuringia