Nach Kardinal Kasper besteht die sakramentale Ehe aus Teilen

Sehr geehrter Herr Steinke,

in der vorigen Woche hatten Sie zu Ihrem Artikel „Kardinal Kaspers moralischer Ökumenismus“ als Vertiefung meinen Kommentar gesendet.

Nachdem nun die Vereinigung „Frankfurter Katholiken“ mich gebeten hat, zu der Problematik Stellung zu nehmen, habe ich die Sache noch einmal durchdacht und einen wesentlich erweiterten Kommentar geschrieben.

Für den Fall, dass Ihrerseits Interesse an der erweiterten Version besteht, die sowohl einen weiteren Fehler von Kaspers Konzeption darstellt als auch die mögliche Ausdehnung seiner Konzeption auf Homo-Partnerschaften erörtert, sende ich Ihnen als Anlage meinen erweiterten Kommentar zu.

Falls Sie es nicht für angezeigt halten, die erweiterte Version meines Kommentars zu senden, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie ihn Katholisches.info empfehlen würden, weil Sie wohl gute Beziehungen zu diesem Portal haben, wogegen ich keine Kontakte dorthin besitze.

Herzliche Grüße von

Wolfgang Schüler

Nach Kardinal Kasper besteht die sakramentale Ehe aus Teilen

Unter der Überschrift: „Kardinal Kaspers moralischer Ökumenismus“ berichtete pius.info am 29.9.2014:

„In einem Interview,das Kardinal Walter Kasper dem vatikanischen Journalisten Andrea Tornielli am 18. September 2014 gewährte, fragte er den Kardinal, ob es möglich sei, dass einige Elemente des Sakraments der Ehe in einer rein bürgerlichen Ehe gefunden werden können. Der Kardinal meint, dass „die endgültige Zusage der gegenseitigen Liebe und Fürsorge, das christliche Leben und das öffentliche Engagement", das bestimmte zivilrechtlich verheiratete Paare vereinigt, als Elemente einer sakramentalen Ehe berücksichtigt werden könnten. Diesen wiederverheirateten Geschiedenen könnte daher gestattet sein, die Kommunion zu empfangen.

Für den deutschen Prälaten könnte es Elemente des Sakraments der Ehe außerhalb einer tatsächlichen sakramentalen Ehe geben, so wie es nach den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils Elemente der Heiligung in anderen Konfessionen außerhalb der katholischen Kirche gibt.“

Kommentar

In der Tat argumentiert Kardinal Kasper hier analog zum Ökumenismusdekret des Konzils. Was ist nun der ausschlaggebende Gedanke, der den Ökumenismus des Konzils überhaupt erst ermöglichte? Es ist die Behauptung, dass die katholische Kirche aus Elementen besteht und damit teilbar ist.

Im Gegensatz dazu lehrt die Tradition, dass die Kirche eine unteilbare Einheit ist. Das Konzil widerspricht dieser Lehre also indirekt, indem es die Kirche als aus Teilen bestehend begreift, die als Elemente bezeichnet werden.

Auf dem Boden seiner falschen Elemente-Ekklesiologie gelangt das Konzil in zwei Schritten zu seinem Ökumenismus. Erstens behauptet es, dass sich in den anderen christlichen Gemeinschaften identische Teile der als teilbar verstandenen katholischen Kirche vorhanden sind, und zweitens wertet das Konzil, in Art. 3 des Ökumenismusdekrets, diese angeblich identischen Teile so hoch, dass es diesen Gemeinschaften irrigerweise eine Heilsmittlerschaft zuerkennt, die nach der traditionellen Lehre nur die katholische Kirche besitzt.[1]

Diese These von angeblich bestehenden Gemeinsamkeiten überträgt nun Kardinal Kasper auf die Ehemoral und behauptet: Die sakramental geschlossene Ehe besteht aus Elementen, aus Teilen, und von der Gesamtheit dieser Teile sind bedeutende Teile auch in der bürgerlichen Ehe vorhanden, weshalb beide Formen der Ehe, nach der Ansicht des Kardinals, erhebliche Gemeinsamkeiten aufweisen.

Den ersten Fehler seiner Argumentation erkennt man, wenn man das Wesen der sakramentalen Ehe bedenkt. Die sakramentale Ehe ist ein Bund, den die Brautleute vor Gott schließen. Dieser Bund, der durch das gegenseitige Eheversprechen, das bis zum Tode gilt, zustande kommt, hat keine Teile, er ist eine unteilbare Einheit. Den Sachverhalt der Unteilbarkeit kann man auch durch zwei Fragen und den Antworten dazu folgendermaßen zum Ausdruck bringen:

Frage: „Wodurch kommt der Ehebund zustande?“ Antwort: „Durch das Ja-Wort der Brautleute“. Frage: „Welche Elemente hat dieses Ja-Wort?“ Antwort: „Keine“!

Auch die bürgerliche Ehe ist ein Bund, den die Eheleute zwar nicht vor Gott, aber vor dem Standesbeamten schließen, und die Eigenschaft der Unteilbarkeit kommt auch diesem Bund zu.

Wenn aber sowohl der sakramentale Ehebund als auch der bürgerliche Ehebund überhaupt keine Teile haben, dann haben sie insbesondere keine gemeinsamen Teile, weshalb die These Kardinal Kaspers von gemeinsamen Elementen beider falsch ist.

Das ist aber nicht der einzige Fehler in der Elemente-Konzeption der Ehe, die der Kardinal vertritt.
Den zweiten Fehler erkennt man, wenn man bedenkt, worin er die angeblich gemeinsamen Elemente der sakramentalen und der bürgerlichen Ehe erblickt. In einem Interview mit Catholic News Service vom 2.10.2014 hat er sich ebenfalls, im Sinne des obigen Zitats, dazu geäußert, und gloria-tv übermittelte das Interview einen Tag später.

Hier formuliert Kardinal Kasper erneut mehrere Elemente, die seiner Ansicht nach gemeinsame Elemente der sakramentalen Ehe und der bloß bürgerlichen Ehe sind; er sagt:

“There is love, there is commitment, there is exclusivity, ...” (Da gibt es Liebe, da gibt es Anerkennung, da gibt es Ausschließlichkeit, …“)

Der logische Fehler, den der Kardinal hier begeht, besteht darin, dass er Elemente nennt, die weder zum Wesen der sakramentalen Ehe, noch zum Wesen der bürgerlichen Ehe gehören, sondern die die praktische Lebensführung der Eheleute im Rahmen der Ehe betreffen.

Er verwechselt also die Ebene des Begriffs der Ehe mit der Ebene der Praxis der Lebensführung der Partner in einer Ehe. Auf dieser Ebene kann man von Elementen sprechen, besser aber von Eigenschaften, die im konkreten Fall in einer Ehe verwirklicht sein können und sollen.

Die zitierten Äußerungen von Kardinal Kasper haben den Zweck, seine Forderung zu begründen, staatlich Geschiedenen und Wiederverheirateten den Zugang zur Kommunion nach einer Bußzeit zu gestatten.

Aber selbst wenn die von ihm genannten Eigenschaften im Falle von staatlich Geschiedenen und Wiederverheirateter in hervorragender Weise verwirklicht sein sollten, ändert das nichts an dem fortdauernden Zustand der schweren Sünde, in dem sich die Partner in einer solchen Verbindung befinden, und der einen Zugang zum Kommunionempfang nicht erlaubt.

Wie man sieht, votiert der Kardinal dafür, dass die Kirche gegen das Gebot Gottes handelt, das Christus mit der Forderung zum Ausdruck gebracht hat: „Was nun Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6). Nach dem Willen des Kardinals soll den betreffenden Personen der Zugang zur Kommunion gestatten werden, obwohl sie sich im Zustand der schweren Sünde befinden, weil sie gegen dieses Gebot Gottes gehandelt haben und in dieser Sünde verharren.

Sollte sich Kardinal Kasper mit seiner falschen Elemente – Konzeption von der Ehe durchsetzen, dann ist zu erwarten, dass er sie auf die sogenannte Homo-Ehe ausdehnt.

Es wäre nämlich konsequent, wenn der Kardinal dann auch noch fordern würde, den Partnern in einer sogenannten Homo-Ehe den Zugang zur Kommunion zu gestatten. Denn auch in einer solchen Verbindung können die von ihm genannten Elemente, die die praktische Lebensführung der Partner betreffen, verwirklicht sein.

Dann würde sich Kardinal Kasper auch in diesem Fall dafür aussprechen, dass die Kirche künftig gegen das Gesetz Gottes handeln soll, was seine Position erneut als frevelhaft erweisen würde.

[1] Zur Elemente-Ekklesiologie des Konzils vgl. W. Schüler: „Benedikt XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche – Eine Analyse seiner Verlautbarungen zur subsistit-in-Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils“, Hattersheim 2011, Kapitel IV: „Die falsche Elemente-Ekklesiologie des Pastoralkonzils“; s. dazu auch www.subsistit.de bzw. „Zweites Vatikanisches Konzil: Segen oder Fluch? – Ein dramatisches Hörspiel, s. dazu auch www.zweites-vatikanisches-konzil-hoerspiel.de