4. Falsche Demut
Genau aus diesem Grund warnt Franz von Sales vor jener falschen Demut, die sich selbst nur schlecht macht. Hier erweist er sich als ganz ausgezeichneter Psychologe, der die Seele des Menschen bis ins Innerste kannte. In seinem Buch „Philothea“ schreibt er: „Wir sagen oft, dass wir nichts sind, das verkörperte Elend und das Schlechteste auf der Welt; wir wären aber sehr betroffen …Mehr
4. Falsche Demut
Genau aus diesem Grund warnt Franz von Sales vor jener falschen Demut, die sich selbst nur schlecht macht. Hier erweist er sich als ganz ausgezeichneter Psychologe, der die Seele des Menschen bis ins Innerste kannte. In seinem Buch „Philothea“ schreibt er: „Wir sagen oft, dass wir nichts sind, das verkörperte Elend und das Schlechteste auf der Welt; wir wären aber sehr betroffen, wenn man uns beim Wort nähme und uns öffentlich als das hinstellte, was wir uns selbst genannt haben. Wir tun, als wären wir die Letzten und möchten ganz unten am Tisch sitzen, aber nur um leichter aufrücken zu können. Wahre Demut will nicht demütig erscheinen und äußert sich kaum in demütigen Worten. Ein wirklich demütiger Mensch hört lieber andere sagen, dass er unbedeutend, armselig und zu nichts nütze ist, als es selbst von sich zu sagen.“
Ich war einmal Zeuge eines Gesprächs, das ein Pfarrer nach seiner Predigt mit einem seiner Zuhörer führte. Er wies daraufhin, wie schwer er sich bei diesem Thema tat, dass er nicht die richtigen Worte fand und ohnehin eigentlich gar kein guter Prediger sei. Auf die Reaktion des Zuhörers war der Pfarrer jedoch nicht vorbereitet. Anstatt zu sagen, dass das ja alles gar nicht stimme, sondern die Predigt ausgezeichnet gewesen sei, gab ihm der Zuhörer recht: Ja, die Predigt war wirklich nicht so gut. Sehr schnell war dieses Gespräch beendet und der Pfarrer suchte beleidigt das Weite.
Demut ist eine unscheinbare und kleine Tugend, die aber täglich unzählige Male geübt werden kann. Am besten übt man sie, wenn man schlicht und einfach bei der Wahrheit bleibt: Ich bin so wie ich bin, nicht mehr und nicht weniger. Die Übung der Demut darf nie zur Selbstverachtung und zum völligen Misstrauen gegen sich selbst führen, denn damit würden wir das Schöpfungswerk und Heilswirken Gottes verneinen. Wir Menschen sind ja Gottes Ebenbild, wenn wir uns selbst verachten, verachten wir Gott. So schreibt daher auch Franz von Sales an eine Ordensschwester: „Die Art, wie Sie sich demütigen, ist gut. Wenn Ihre Demut Sie jedoch zu Mutlosigkeit, Unruhe, Ärger oder Melancholie führen sollte, dann üben sie eine falsche Demut, dann beschwöre ich sie, diese Versuchung zurückzuweisen.“ Wahre Demut hat eine befreiende Wirkung: Ich darf so sein wie ich bin. Demut weckt in uns ein großes Vertrauen in Gottes Liebe zu uns Menschen.