Predigt zum Hochfest Fronleichnam

Predigt Fronleichnam, 30.5.2024
Perikopen: Ex 24,3-8 Mk 14,12-16.22-26
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Vor kurzem habe ich einen alten Text über Fronleichnam gelesen. Ich möchte ihn vorlesen und darüber nachdenken. Wichtig ist, dass wir mitgehen in diesem Text beim Vorlesen:
Jeder von uns fühlt sich verpflichtet, Christus, den Herrn, in die Welt zu tragen. Christusträger sind wir. Denke es dir ganz lebendig: Du gehst durch den Ort. Es geht Christus in dir. Du gehst über die Plätze, durch die engen Gassen einer Stadt: Überall, wo du gehst, geht „Christus“! Gewöhne es dir an, das lebendig im Sinn zu haben! Lebe dich hinein in diese Überzeugung: „Herr, du gehst wahrhaftig in mir durch diese Stadt! Herr, du in mir, segne die Menschen, denen ich jetzt begegne! Segne diesen Mann, der so verbittert dreinschaut, als wolle er alles vergiften! Segne dieses Mädchen, das so schrecklich aufgetakelt und oberflächlich daher tändelt! Segne diese alte Frau, der die Sorge aus den Augen schaut. Segne das Kind, das so voll Unschuld mich ansieht. Segne, segne, segne, mein Herr! Segne alle und jeden! Segne doppelt diesen Menschen hier, der mich anblickt, als wisse er, dass du in mir gehst. Vielleicht gehst du auch in ihm durch die Straßen und es ist ein Funke hinüber gesprungen. Gib mir helle Augen, Herr, dass ich lerne, die Kinder deines Lichtes zu erkennen, um ihnen besondere Liebe zu erzeigen. Wenn du meine Augen klar machst, kann ich auch erkennen, wer vom Bösen ist, wer mir schaden kann. Aber ich fürchte mich nicht, weil du bei mir bist. So gehen wir und tragen Christus mit uns überall hin, mit besonderem Bewusstsein aber dahin, wo wir wissen, dass man von ihm nichts wissen will. Ist das nicht eine Fronleichnamsprozession, die wir da veranstalten, unsichtbar und doch wunderbar, noch wunderbarer und verborgener wie wenn wir den Herrn in der Monstranz durch die Straßen tragen? Wirklich, aber es gehört noch mehr Glaube und noch mehr Liebe dazu als bei der Prozession am Fronleichnamstag. Komm, wir wollen diese Liebe suchen und bitten um diesen Glauben! Gib diesen Gedanken weiter an deine Vertrauten, dass sie mittun. Wenn alle dabei sind, die guten Willens sind, wird es so, dass es keine Straße und kein Platz mehr gibt, wo nicht Christus segnend hin schreitet. Muss der Herr sich nicht eines Ortes erbarmen, wo viele Christusträger, viele Christusbringer segnend und betend durch die Straßen gehen? Der Text ist einige Jahrzehnte alt. Was für Gedanken kommen mir aus diesem Text. Erstens: Es gab einmal eine Zeit auch bei uns, in der es Mut erfordert hat, Christ zu sein und dazu zu stehen. Es gibt immer noch Menschen, die davon lebendige Geschichten erzählen können. Ich habe daran gedacht, dass es auch in unserer Zeit eine Reihe Länder gibt, in denen es gefährlich ist, Christ zu sein. Da kann es viel kosten, sich zu Christus zu bekennen, sogar das eigene Leben. Wir erfahren immer wieder davon. Zweitens ist mir gekommen, dass unsere Situation gar nicht so ganz anders ist. Christ sein, sich zum christlichen Glauben bekennen und ihn im Alltag leben, ist zwar – Gott sei Dank – bei uns nicht lebensgefährlich, aber leicht ist es oft auch nicht. Überzeugte Christen, die es versuchen in der Familie, am Arbeitsplatz, im Verein usw. können ein Lied davon singen. Auch heute begegnet solchen Menschen, die mit ihrem Christ sein im Alltag ernst zu machen versuchen, manches Unangenehme und Negative, zum Teil sogar aus den vermeintlich eigenen Reihen. Drittens: Mir gefällt der Gedanke, Christus durch die Straßen zu tragen. Er ist da im eucharistischen Brot, wirklich gegenwärtig. Das feiern wir und das tun wir an Fronleichnam. Aber er ist noch in einem ganz anderen, tieferen Sinn bei uns, geht mit uns, ja ist in uns, wohnt in uns. Der Apostel Paulus sagt den Athenern auf dem Areopag: „Gott ist uns nicht fern. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“ Und von sich sagt er: „Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir.“ Edith Stein betet: „Du näher mir als ich mir selbst, innerer als mein Innerstes, göttliches Licht, Heiliger Geist, ewige Liebe!“ Viertens: Ich finde es schön, durch die Straßen zu gehen, durch die bunte Menschenmenge mit dem Bewusstsein: Christusträger zu sein; mit dem Bewusstsein: „Du in mir.“ Christus geht in mir. Er lebt und betet in mir. Er segnet die Menschen, denen ich begegne und die ich ansehe.
Liebe Brüder und Schwestern!
Die eucharistische Gegenwart Gottes ist nicht zu trennen von seiner Gegenwart in den Menschen. Jeder getaufte und gläubige Mensch ist im Grunde eine lebendige Monstranz. Wir tragen und bergen auf geheimnisvolle Weise die göttliche Gegenwart. Sind wir uns dessen nicht viel zu wenig bewusst? Sollten wir uns das nicht viel öfter in Erinnerung rufen: „Du in mir“? Lebendige Monstranz sein! Ist das nicht etwas, was wir mit Bedacht und Aufmerksamkeit im Alltag üben, einüben, uns immer wieder ins Bewusstsein rufen sollten, um dann verstärkt und intensiv auch aus dieser Überzeugung zu leben und zu handeln? Lebendige Monstranz sein! Können andere bei mir etwas davon merken? Zeigt sich das in meinem Umgang mit den Menschen? Ist mein Verhalten ihnen gegenüber von Ehrfurcht und Liebe geprägt? Lebendige Monstranz sein! Christus lebt, betet, geht und segnet in mir und durch mich! Welche Gnade! Welche große Gabe, aber auch Aufgabe! Welche Kostbarkeit und Würde, aber auch welche Berufung und Herausforderung! Fronleichnam ist eine Aufgabe für jeden Tag. Amen.
Girolamo Savonarola
... und diese Gedanken werde ich auch heute und wie seit vordenklicher Zeit bei der Fronleichnamsprozession und -feier mittragen und kräftig bei den
Gebeten und Liedern mit meiner Stimme unterstützen. Gelobt sei Jesus Christus im Allerheiligsten Sakrament des Altares!