Vatikan und Piusbrüder: Zwischenphase

(gloria.tv/ KNA) Eineinhalb Jahre lang haben sich Experten des Vatikan und der Piusbrüder in unregelmäßigen Abständen - meist alle zwei Monate - zu streng vertraulichen Sach- und Arbeitsgesprächen getroffen. Ende Mai wurde die erste Dialogrunde abgeschlossen.

In einer Zwischenphase sollen nun das Material und die Ergebnisse den jeweiligen Oberen zur Bewertung vorgelegt werden: der Glaubenskongregation, der die für den Kontakt zu den Traditionalisten zuständige Kommission «Ecclesia Dei» unmittelbar unterstellt ist, sowie der Leitung der seit 1988 abgespaltenen traditionalistischen Piusbruderschaft.

Diese Instanzen müssen über das weitere Vorgehen entscheiden, welche Bedingungen für eine Vereinbarung und eine Einigung erforderlich wären. Und - wenn es zu einer solchen kommt - welcher kirchliche Status und welche Strukturen für jene Traditionalisten zweckmäßig wären, die sich für eine Gemeinschaft mit Papst und Universalkirche entscheiden.

Die Gespräche seien «gut verlaufen», heißt es im Vatikan. Man habe in aller Offenheit diskutiert, ohne dass damit alle Probleme ausgeräumt wären. Bis zu einer weiteren Klärung werde es noch einige Zeit dauern.

Begonnen hatten die neuen Aussöhnungsbemühungen im Januar 2009 mit einem Eklat. Unter den vier Bischöfen, deren Exkommunikation Papst Benedikt XVI. als Signal des Entgegenkommens zurücknahm, war auch der Holocaustleugner Richard Williamson. Der Vatikan musste interne Kommunikationspannen eingestehen. Die zuvor weitgehend eigenständige Kommission «Ecclesia Dei» unter dem kolumbianischen Kurienkardinal Dario Castillon Hoyos wurde personell erneuert und mit dem Motu proprio «Ecclesiae unitatem» vom 8. Juli 2009 der Glaubenskongregation unterstellt.

Die neue Struktur sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass es bei den Differenzen zwischen dem Vatikan und den Piusbrüdern vorrangig um Lehrfragen geht: Um unterschiedliche Auffassungen zu Lehramt, Papsttum und Tradition, um die Bewertung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 65) und seiner Aussagen zu Religionsfreiheit, Ökumene und interreligiösem Dialog. Ziel der Gespräche ist es, Brüche und Spaltungen der Kirche zu überwinden, bestehende Wunden zu heilen und die Traditionalisten zur vollen Gemeinschaft mit der Kirche zu führen, betonte der Papst in dem Motu proprio. An den vom «Ecclesia-Dei»-Sekretär, Msgr. Guido Pozzo, moderierten Gesprächen nahmen der Sekretär der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis F. Ladaria, der Schweizer Dominikaner Charles Morerod, der «Opus Dei»-Generalvikar Fernando Ocariz und der deutsche Jesuit Karl Josef Becker teil. Die Piusbruderschaft entsandte den spanischen Bischof Alfonso de Gallareta sowie die Experten P. Benoît de Jorna und P. Jean Michel Gleize (Seminar Econe/Schweiz) und P. Patrick de La Rocque (Priorat in Nantes/Frankreich). Belastet wurde das Gesprächsklima durch Äußerungen seitens der Traditionalisten, die gegen die Seligsprechung Papst Johannes Paul II. ebenso wie gegen das von Benedikt XVI. für Oktober anberaumte interreligiöse Friedenstreffen in Assisi.

Für den Herbst sei ein Treffen von Traditionalisten-Chef Bernard Fellay mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William J. Levada, vorgesehen, ist in Rom zu hören. Über die bisherigen Ergebnisse der Gespräche und die Zukunftsperspektiven gibt es ansonsten nur Spekulationen. Denkbar könnte mittelfristig eine Teileinigung sein, meinen Beobachter. Denn angesichts von Spannungen innerhalb der Traditionalisten sei kaum zu erwarten, dass all Strömungen zu einer Einigung mit dem Papst bereit seien.
marthe2010
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