Old-Johann
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Die Entführung von Bärbls R. am Gründonnerstag 1948

Marienfried ist zu einem Ort der Schnüffler und Zensoren geworden. Im Juli war der große Gebets- und Sühnetag aus Anlaß der Weihe der Gnadenkapelle vor 50 Jahren. Laut Bericht der „Deutschen Tagespost“ vom 26. Juli wurde nicht mit einem Wort an die Erscheinungen der Gottesmutter im Jahre 1946 erinnert.

Altabt Dr. Thomas Niggl OSB dagegen geht in seinem Vorwort zu diesem kurz an, um einen dort wartenden Mann einsteigen zu lassen, in dem sie jenen Fremden erkannte, der ihr vor kurzem vom Bahnhof München bis Ulm im Eisenbahnzug gefolgt war.
Mehrere energische Proteste gegen die Weiterfahrt wurden ignoriert, und die Fahrt ins Ungewisse ging in rasendem Tempo bei seitlich und hinten zugezogenen Vorhängen weiter.
Bärbl schildert hierüber: „Ich konnte mich zuerst mit meiner Lage nicht abfinden, ergab mich aber (bald in mein Geschick), weil der innere Druck (auf Grund der stärker werdenden mystischen Leiden) größer wurde als die Angst wegen der Entführung. Dadurch kam mir meine schlimme Lage gar nicht voll zu Bewußtsein. Als das Auto nach einigen Stunden — ich hatte inzwischen fünf Rosenkränze gebetet — hielt, trugen sie mich hinaus, weil ich (durch das Leiden) nicht mehr imstande war, zu gehen. Ich war ganz erschöpft. Der schon beschriebene und ein jüngerer Mann (brachten) mich in ein Haus, ohne (dabei) etwas zu sagen. Der Raum, in dem man mich auf den harten Betonboden legte, war sehr kalt; er kam mir wie ein Keller ohne Fenster vor. ...

Eine Zeitlang muß ich wohl bewußtlos gewesen sein. Als ich wieder zu mir gekommen war, sah ich einige Männer (um mich) herumstehen. Sie unterhielten sich teils in fremder, teils in deutscher Sprache miteinander ... Andere standen (etwas weiter) hinten und zählten Geld. Als diese merkten, daß ich erwacht war, (traten sie näher) und beobachteten mich. Dann kam einer mit einem Buch, entnahm ihm Hostien und sagte: ,Du kannst ruhig bei uns bleiben, da ist der Herrgott auch!‘ Er spuckte die Hostie an, worauf ein Frau herbeikam, die Hostien (zwischen den Fingern) zerrieb und (die feinen Teilchen) wegblies. Dabei spottete sie: ,Das ist dein Gott!‘ Hiernach ließ der Mann wieder Hostien (aus dem Buch auf die Erde) fallen, wovon ein Hund einige auffraß ... Ich versank (bei diesem schrecklichen Anblick) in Bewußtlosigkeit; (denn) ich spürte, daß es konsekrierte Hostien waren. Ihre Verunehrung tat mir entsetzlich weh.

Beim Erwachen standen wieder andere um mich herum. Sie entkleideten mich, streckten dann meine Arme aus und brachten eine elektrische Leitung mit zwei (von innen) beleuchtbaren Platten herbei. Diese befestigten sie an meinen Händen und Füßen und drückten dann an ihnen herum, schlugen auf sie und hielten sie gegen das Licht. Das Greifen an Händen und Füßen schmerzte sehr. An der Seite(nwunde) taten sie nicht viel, sie waren dabei sehr vorsichtig. Gesprochen wurde kein Wort.

Im ekstatischen Zustand (in den ich hierauf wieder fiel) erlebte ich das gleiche wie im Vorjahr, die Passion des Herrn. Hierbei war mein eigenes Ich ganz ausgelöscht. Ich war ganz im Heiland.

Beim Erwachen hörte ich, wie ein Mann — eine Hostie in der Hand — furchtbar über sie lästerte. Er ... sprach in einer abgehackten Redeweise, war dick und hatte schwarzes Haar. Während der Lästerungen entstellte sich sein Gesicht. Ich empfand furchtbaren Schmerz über dieses Verhalten, versank aber darüber wieder in Bewußtlosigkeit. Als ich zu mir kam, hörte ich von der Tür Geschrei. Decken wurden hereingebracht, Männer und Frauen — in schamloser Kleidung — kamen herein und trieben schreckliche Sachen, wobei sie johlten und schrien. Lange trieben sie es so. Hierbei wurden viele — lauter konsekrierte, hellaufleuchtende — Hostien in unvorstellbarer Weise geschändet. Sie standen alle um mich herum. Das war furchtbar. Der zwischen den Leuten umherlaufende Hund fraß die hinuntergefallenen Hostien auf. Ich war (körperlich) so schwach, daß ich mich gar nicht wehren konnte. Als ein Teil einer Hostie neben mich fiel, kommunizierte ich (diese Hostienpartikel). Das gab mir Kraft, und ich (hoffte damit) dem Heiland (ein wenig) Abbitte zu leisten. Dem Hund, der die Hostien gefressen hatte, gab man dann ein Brechmittel, so daß er alles, was er zu sich genommen hatte, wieder ausbrach. Es war fürchterlich! Nach Beendigung dieser Frivolitäten legten sich alle auf Decken und schliefen — schwer betrunken — ein. Vorher hatte man einen elektrischen Heizofen hereingestellt, der den Raum ziemlich warm machte. Auch ich bin dann eingeschlafen.

Als ich erwachte, waren keine Leute mehr da. Karfreitag muß schon vorbei gewesen sein; denn mir war von innen her ganz leicht (ums Herz). Ich fühlte keine körperlichen Schmerzen mehr. (Kaum hatte ich mich wieder einigermaßen zurechtgefunden), sah ich (aufs neue) fürchterliche Weiber hereinkommen, die mit Hostien in Händen (schimpften und) fluchten. Eine von ihnen war besessen. Sie warf die Hostien auf den Boden und trat darauf.
Andere hörte ich miteinander handeln und Geldgeschäfte machen. Sie hatten Akten bei sich und sahen mich (beim Vorbeigehen verwundert) an.
Neu hinzukommende Männer und Frauen fühlten sich (anscheinend) unsicher und bekleideten mich wieder. Dann fütterten auch sie (einen) Hund mit Hostien. Eine ließen sie übrig und sagten zu mir: ,Wenn Du sie nicht — in (dieses) Gift (getaucht) — konsumierst, geben wir sie ebenfalls dem Hund.‘ Ich entgegnete: ,Gebt sie mir!‘ ,Du glaubst wohl nicht, daß das Gift ist?' fragten sie (höhnisch) und träufelten einer (herbeigeholten) Katze etwas von dieser Flüssigkeit ein, worauf diese sich zusammenkrampfte und tot umfiel. Hierauf habe ich die mit Gift getränkte Hostie zu mir genommen.
Alle standen da, starrten mich an und warteten auf die Wirkung. Als es mir nichts ausmachte, gingen sie bis auf einen hinaus. Der sagte (ganz entsetzt) zu mir: ,Das kann nicht sein! Ich spüle dir (sofort) den Magen aus. Atme einmal tief (und achte darauf), ob du (wirklich) nichts spürst.‘
Ich wehrte mich und gab ihm zur Antwort: ,Ich habe kommuniziert und lasse mir deshalb nicht den Magen ausspülen!‘ Er blieb längere Zeit bei mir, und als ich wieder aus einem Schlaf erwachte, kam er zu mir und fragte nach meinem Befinden. ,Gut! sagte ich, worauf er mich bat, still zu sein, er wolle mich nach Hause bringen, ich möchte Gott bitten, daß es gelinge.
Nach einer Weile trug er mich hinaus ins Auto, das nicht weit weg stand. Der Mond ging gerade auf. Im Auto warnte er mich dringend, etwas von all dem Erlebten zu sagen, sonst lebe ich 24 Stunden später nicht mehr. Auf seine Frage, wohin er mich bringen solle, bat ich, nach Marienfried gebracht zu werden. In ein Haus wollte er mich, wie er sagte, nicht bringen, weil er damit rechnete, ich würde (wegen der konsumierten vergifteten Hostie) unterwegs sterben. Während der Fahrt schlief ich ein.
(In Pfaffenhofen angekommen, weckte er mich) und fragte: ,Wohin soll ich dich bringen?' ,In die Kapelle‘, erwiderte ich, in die kommt nachts niemand, und am Morgen wird mich schon jemand finden!‘
Nachdem er mich dorthin gebracht hatte, schlief ich wieder ein. Etwa eine halbe Stunde, bevor die Osterglocken in Pfaffenhofen zu läuten begannen, wachte ich auf. Es war mir genauso froh ums Herz wie im Jahr vorher (1947). Ich kann den Jubel und die Freude (über die Auferstehung des Herrn) nicht schildern. Alles Schwere, Traurige, Schmerzliche und Dunkle war völlig verschwunden.“

(Bärbls Entführungsbericht ist entnommen der Schrift: Martin Humpf, Bericht über die Stigmatisierung von Bärbl R., Pfaffenhofen in: Eizereif, S. 53 – 56.)

Der Vater hatte am Karfreitag die Polizei über Bärbls Verschwinden informiert. Pfarrer Humpf und seine Schwester Anna hatten sich die ganze Zeit um Bärbl gesorgt. Nun wanderten sie nach Marienfried, um dort die Osterlichter anzuzünden. Auf dem Weg dorthin kam ihnen Bärbl entgegen. „Wo waren Sie?" fragte der Pfarrer. „Wir haben uns so um Sie gesorgt.‘ Noch wollte sie nicht davon sprechen. Erst später erzählte sie darüber dem Pfarrer und bat um strengstes Stillschweigen.
Niemand wußte später, wie die Entführung dennoch bekannt werden konnte.
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Die Seherin von Marienfried - Christiana-Verlag -
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