Kardinal Marx: „Zweite Ehe in irgendeiner Weise tolerieren“
![](https://seedus4268.gloriatv.net/storage1/h9lk47ebh5nhff7v08eu3zs1cync5q5d7wbqf0j.webp?scale=on&secure=F871TtVw-7rfcp8zdaOkAQ&expires=1721434752)
Letztendlich müsse die Kirche deutlich machen, dass sie zwar an der Unauflöslichkeit der Ehe festhalte, jedoch auch «diese zweite Ehe doch in irgendeiner Weise» toleriere.
Der Kardinal unterstrich, dass dieses Dilemma ihn intensiv beschäftige. Er habe die Problematik auch gegenüber dem Papst angesprochen. «Die Diskussion muss auch auf der Ebene der Kirche in Deutschland und insgesamt geführt werden», erklärte der Erzbischof von München und Freising.
Die Kirche müsse zudem aufpassen, in der Verkündigung nicht zu selbstgerecht aufzutreten, so Marx weiter. Im Zuge des Missbrauchsskandals sei er selbst aufmerksamer geworden für «die Fehler, die passieren, für die moralischen und institutionellen Schwächen». Dies führe dazu, «dass man den Ton etwas mäßigt und demütiger wird».
Reform kann nicht heißen: einfach bequemer
Insgesamt sieht Kardinal Marx für eine Auflösung des priesterlichen Zölibats und Änderungen beim kirchlichen Eheverständnis wenig Spielraum. Entsprechende Forderungen würden dem Geist der katholischen Kirche nicht gerecht. «Reform kann doch nicht heißen: Wie machen wir es uns einfach ein bisschen bequemer?» Ziel müsse es sein, geistlicher und intensiver nach dem Evangelium zu leben. Es gehe nicht darum, die Kirche neu zu erfinden, sondern «das wir sie immer wieder in die aktuelle Situation hineinführen müssen».
Marx verwies darauf, dass das Wort Gottes und der Glaube der Kirche nicht Verhandlungsmasse werden könne. «Die Kirche ist auch kein Verein, wo man die Satzung mit Mehrheit nun mal eben ändern kann.» Dass es solche Vorstellungen im Zusammenhang mit dem derzeit in der deutschen Kirche laufenden Dialogprozess gebe, beunruhige auch den Papst, so der Kardinal. Es handle sich bei den Gesprächen nicht um eine politischen Initiative, bei der ein Regierungsprogramm innerhalb einer Legislaturperiode umzusetzen sei, stellte Marx klar.
Nach dem Konzil: „Geschichte des kirchlichen Niedergangs“
Mit Blick auf den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren warnte der Kardinal vor einer einseitigen Bewertung. Die Konzilstexte habe er als eine Bereicherung erlebt und das Konzil sei die Grundlage für die Zukunft. «Das sieht der Papst genauso.» Zugleich sei in der Zeit danach vieles einfach beiseite geräumt worden, «was mir lieb war».
Aus dem Konzil dürfe deshalb nicht nur «eine Jubelgeschichte» gemacht werden. Es sei jedoch auch nicht für die Herausforderung der Kirche verantwortlich, die sich aus der Pluralisierung der Gesellschaft und dem damit einhergehenden «Geschichte des kirchlichen Niedergangs» in den vergangenen 50 Jahren ergeben hätten.