Bischof räumt zweiten Missbrauch ein - Entrüstung in Belgien
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Das am Donnerstagabend im privaten flämischen Fernsehsender VT4 ausgestrahlte Interview löste einen Sturm der Entrüstung und Betroffenheit bei belgischen Kirchenführern aus. Übereinstimmend hieß es, der Bischof habe noch immer nicht begriffen, wie schwerwiegend seine Taten gewesen seien.
Am vergangenen Wochenende hatte der Vatikan bekanntgegeben, dass Vangheluwe Belgien verlassen und sich einer psychologischen und spirituellen Betreuung unterziehen müsse. Vatikansprecher Federico Lombardi hatte später präzisiert, weitere Kirchenstrafen gegen ihn seien möglich. Der 74-Jährige hält sich in einem Kloster im französischen Loire-Tal auf, das Interview wurde in einem Hotel der zentralfranzösischen Stadt Salbris geführt. Opfer kritisierten die bisherigen kirchlichen Maßnahmen gegen den zurückgetretenen Bischof als zu mild.
In dem Interview bestätigt Vangheluwe, einen Neffen über 13 Jahre hinweg und einen weiteren über ein Jahr missbraucht zu haben. Er habe sich dabei nie als Pädophiler gefühlt. Vielmehr habe sich im Laufe der Zeit eine Intimität eingestellt. Er habe nicht das Gefühl gehabt, sein Neffe widersetze sich dem Geschehen.
Vangheluwe führt aus, alles habe «als Spiel» begonnen. Die Übergriffe hätten sich regelmäßig wiederholt, wenn die Familie des Neffen mehrmals im Jahr zu Besuch gekommen sei. Es sei niemals zu Vergewaltigung, körperlicher Gewalt, Penetration oder einem Orgasmus gekommen. Er habe seine Taten auch regelmäßig gebeichtet und sei sich bewusst gewesen, dass sie nicht rechtens seien. Geendet hätten die Übergriffe, als das Opfer sich an seine Familie gewendet habe.
Seinem Neffen habe er später sechsstellige Geldbeträge zukommen lassen.
Belgiens Justizminister Stefaan de Clerck nannte Vangheluwes Verhalten eine Schande und eine Verspottung der Opfer und der eigenen Familie. Es sei kennzeichnend für Pädophile, ihre eigenen Taten zu minimalisieren und ihre Verantwortung abzustreiten, so der Zentrumspolitiker. Die Kirche sowohl in Belgien als auch im Vatikan müsse die nötigen Schlüsse zu ziehen. Auch Politiker von Liberalen, Grünen und Sozialisten nannten das Interview geschmacklos und eine Verhöhnung der Missbrauchsopfer.
Belgische Bischöfe reagierten ebenfalls entsetzt. Bischof Guy Harpigny sagte, Vangheluwes Vorgehen sei inakzeptabel. Er habe offenbar immer noch nicht begriffen, was er angerichtet habe. Seinen Aussagen fehle eine klare und ernsthafte Entschuldigung, eine Selbstverpflichtung zur Umkehr. Stattdessen spreche er von «kleinen Spielen» mit seinen Opfern. Vangheluwe sei womöglich krank. Harpigny erklärte, er habe Vertrauen, dass der Vatikan reagieren werde, wie es erforderlich sei.
Auch Vanghelwues Nachfolger als Bischof von Brügge, Josef De Kezel, reagierte schockiert. Er erwarte, dass das Interview bei der abschließenden Entscheidung Roms im Fall Vangheluwe eine Rolle spielen werde. Das Interview müsse eine Qual für Missbrauchsopfer sein, es schade aber auch dem Bild der Kirche in Belgien.
Vangheluwe hatte Ende April 2010 zugegeben, zwischen 1973 und 1986 einen Neffen sexuell missbraucht zu haben. Papst Benedikt XVI. nahm daraufhin unverzüglich Vangheluwes Rücktritt an. Die Affäre stürzte die katholische Kirche in Belgien in eine tiefe Krise. Die Justiz geht davon aus, dass beide Missbrauchsfälle verjährt sind. Nach Vangheluwes Rücktritt waren Hunderte weiterer Missbrauchsfälle in der Kirche angezeigt worden, sie liegen meist ebenfalls Jahrzehnte zurück. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission hatte kürzlich Empfehlungen zu Verjährungsfristen, Schadenersatz und Präventionsmaßnahmen vorgelegt.