Anselm Schott: Entstehung und Weiterentwicklung des lateinisch-deutschen Schott-Meßbuchs

Anselm Schott: Entstehung und Weiterentwicklung des lateinisch-deutschen Schott-Meßbuchs

Die folgenden drei Artikel stellen das Wirken Anselm Schotts vor durch seine zwei großen Werke: das Meßbuch (im ersten Artikel) und das Brevier (im zweiten Artikel) und durch „Die Liturgie der Karwoche“ (im dritten Artikel).
Damit sind alle drei liturgischen Gebäude, die Michael Pachtler 1854 mit seinem lateinisch-deutschen Meßbuch, seinem Brevier und seiner Liturgie der Charwoche errichtet hatte, nun auch von den Benediktinern Beurons verfaßt und veröffentlicht.

Das Besondere ist dabei, daß Schotts Schaffen immer im Schoße des Ordens der Benediktiner stattfand und daß es nach seinem Tode 1896 dort von Mitbrüdern fortgesetzt und weiter entfaltet wurde – mit der „Liturgie der Karwoche“ sogar kongenial weitergeführt von Beuroner Mitbrüdern.
Es ist das Werk eines einzelnen Mitglieds der Ordensgemeinschaft, das von den Mitbrüdern nach seinem Tode aufgenommen und über Generationen getragen und weiterentwickelt wird.

Die Ausstrahlung der Klöster der Beuroner Kongregation erreichte natürlich ein Vielfaches mehr an Menschen als dies bei dem „Einzelkämpfer“ Michael Pachtler der Fall sein konnte.

Artikel 1/3:
Anselm Schott: Entstehung und Weiterentwicklung des lateinisch-deutschen Schott-Meßbuchs

Lebensgang:
Friedrich August Schott
wurde am 5. September 1843 in der Burg Staufeneck bei Göppingen geboren. Sein Vater war der Gutspächter Eduard Saladin Schott.
Er legte die Reifeprüfung 1862 am Gymnasium in Ehingen ab.
Ab dem Wintersemester 1862/63 bis Oktober 1866 studierte er an der Tübinger Universität katholische Theologie, wobei er das Wintersemester 1864-65 an der Universität München studierte, v.a. bei dem Liturgiewissenschaftler Valentin Thalhofer.
Valentin Thalhofer war Professor für Pastoraltheologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Domdekan und Dompropst im Bistum Eichstätt. Er war einer der bedeutendsten katholischen Priester seiner Zeit: Seine Lehre über das Meßopfer, die Lehrbücher über die Liturgie, und seine Herausgaben der Quellen katholischen Glaubens bei den Vätern sind richtungsweisend. Ganz besondere Bedeutung sollte für Friedrich August Thalhofers „Erklärung der Psalmen, mit besonderer Rücksicht auf deren liturgischen Gebrauch im Brevier, Missale, Pontificale und Rituale“ haben. Ein Werk, das Friederich August sein ganzes Leben hindurch begleiten wird – bei der Arbeit am Schott-Meßbuch sowie bei der Arbeit am Schott-Brevier. Anselm Schott wird bis ans Ende seines Lebens mit Thalhofer in Kontakt bleiben. Er wird es sein, der Dom Anselm Schott veranlassen wird, das Schott-Brevier zu verfassen und 1893 dann herauszugeben.
Ich werde über Valentin Thalhofer einen eigenen Artikel verfassen, hier kann nur angedeutet werden, welch Leuchtturm des christlichen Geistes in dieser Persönlichkeit vor uns steht.

Valentin Thalhofer (1825-1891), katholischer Priester, Theologieprofessor, Rektor des Georgianums München

1865 ist Friederich August dann wieder zurück an der Tübinger Universität, wo ihn eine nicht minder große katholische Professorengestalt anzog, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde.
In Tübingen wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung Guestfalia im CV. Link zur Studentenverbindung hier: AV Guestfalia Tübingen – Wikipedia Dort wird er auch heute noch in der Mitgliederliste geführt. Eine interessante Liste bedeutender Persönlichkeiten findet man dort! Hier noch die Namen drei weiterer Mitglieder: Suitbert Bäumer (1845–1894), Eugen Bolz (1881–1945), Paul Wilhelm von Keppler (1852–1926)

Das ist auch der Grund, weshalb Friedrich August Schott nicht im Wilhelmstift wohnte – wie es bei Michael Pachtler der Fall war, der bis 1846 in Tübingen studierte und im Wilhelmstift wohnte: Friedrich August Schott wohnte in der katholischen Studentenverbindung.

Ein bedeutender Professor lehrt an der Tübinger Universität: Karl Joseph von Hefele. Seine Forschungen befaßten sich mit der Entstehung der katholischen Kirche im Laufe der Jahrhunderte – von alten Konzilien bis hin in den süddeutschen Raum. Ein wichtiger Wegweiser war ihm die spanische Kirche des 15./16. Jahrhunderts mit Cardinal Jimenez de Cisneros. Hefeles Arbeit dazu: „Der Cardinal Ximenes und die kirchlichen Zustände Spaniens am Ende des 15. und am Anfange des 16. Jahrhunderts, Tübingen 1844“

Hefele schreibt im Vorwort 1844 dazu in Tübingen: „Einen besonderen Genuß gewährte mir bei dieser Arbeit der Gedanke, denen, welchen den Triumph der Staatsklugheit in Schmälerung des kirchlichen Lebens finden, das Bild eines Bischofs vorzuhalten, der gerade durch die größte Ausdehnung seiner Gewalt ein Segen, wie für die Kirche, so für Staat und Wissenschaft geworden ist. (…) Das wurde mir immer klarer: daß nicht jener Staat glücklich zu preisen sei, der mit den Argusaugen des Verdachts und der Eifersucht die Kirchengewalt von allen Seiten mit lebendigen und papierenen Grenzwächtern umstellt, daß vielmehr zum wahren Gedeihen des öffentlichen Wohls eine ungehemmte Entfaltung des religiösen wie des bürgerlichen Lebens erforderlich ist.“ Tübingen, im September 1844

Schon mit diesem Werk stellte der spätere Bischof des Bistums Rottenburg sein Ziel einer Kirche dar, die auch gegen widerstrebende Kräfte der Neuzeit, die sie umzingeln und an die Leine nehmen wollen, mutvoll ihre Mission in der Welt ausführt: „eine ungehemmte Entfaltung des religiösen Lebens“. Und – ganz wichtig. daß „gerade durch die größte Ausdehnung seiner Gewalt ein Segen, wie für die Kirche, so für Staat und Wissenschaft geworden ist.“ Auf Tübingen übertragen heißt dies: segenreiches Wachstum von sowohl Kathedrale als auch Universität.

P Sinner - Bischof Karl Joseph Hefele 1869

1868 wurde von Hefele von Papst Pius IX. nach Rom berufen, um das Erste Vatikanische Konzil vorzubereiten. Am 29. Dezember 1869 wurde er in der Rottenburger Kathedrale St. Martin zum Bischof geweiht. Auf dem ersten Vatikanischen Konzil war er einer der bedeutendsten Kritiker der päpstlichen Unfehlbarkeit und verließ das Konzil frühzeitig.

Bischof Karl Joseph von Hefele (Foto als Konzilsvater, 1870)

Hefele war Ehrenmitglied von Schotts katholischer Studentenverbindung AV Guestfalia Tübingen im CV.

Nach seinem Studium bei solchen Lehrpersönlichkeiten legte Friedrich August 1866 an der Tübinger Universität erfolgreich das Theologie-Examen ab. Ich wiederhole hier nicht all die religiösen Erfahrungen, die er in Tübingen mit Sicherheit machte: Stiftskirche, evangelisches Stift, auch zu Schotts Zeit war noch keine katholische Kirche in der Stadt erlaubt etc. Man lese das in dem Artikel über Michael Pachtler.

1 c Evangelische Stiftskirche Tübingen

1 a Evanglisches Stift: Kirche von außen

Und genau wie Georg Michael wird er nach erfolgreicher Ablegung des Examens in der Nähe von Tübingen bleiben: am 10. Oktober 1866 wird er im nur 20 Kilometer entfernten Rottenburg in das dortige Priesterseminar eintreten.

Rottenburg Priesterseminar

In all diesen Jahre hatte Friedrich August mit Sicherheit Gelegenheit, die drei Werke seines großen Vorgängers nicht nur zu studieren, sondern sicher auch zu benutzen: das Meßbuch, das Brevier und die Charwoche. Die drei geistigen Gebäude der liturgischen Erneuerung. Nicht nur für Laien, gerade auch für einen angehenden Priester sind alle drei Bücher eine große Hilfe, denn die Bewältigung all der lateinischen Texte ist eine große Herausforderung.

Die Bekanntschaft mit den drei Werken von Georg Michael Pachtler wurde sicher auch von seinem Diözesanbischof gefördert, der in Rottenburg oben im Bischofspalais residierte und regelmäßig unten im Priesterseminar erschien: Es war immer noch derselbe Josef von Lipp, der Pachtlers Werke unterstützte und selber Veröffentlichungen herausgab für eine verstehende Teilnahme an der Liturgie. Und man bedenke, daß Pachtlers Werke zu dieser Zeit ständige Neuauflagen erfuhren. Sie waren verfügbar – für katholische Priesterkandidaten allemal.

Josef von Lipp, Bischof von Rottenburg 1847–1869, Gemälde im Eingangsraum des Bischofshauses in Rottenburg

Friedrich August Schott wird am 10. August 1867 in der Kathedrale Sankt Martin in Rottenburg von Bischof Josef von Lipp zum Priester geweiht. Am 4. September 1848 hatte Georg Michael Pachtler seine Priesterweihe hier empfangen.

Dom St. Martin (Rottenburg)

Danach beginnt Friedrich August Schott als Diözesanpriester tätig zu werden: er wird Vikar in Biberach an der Riß. Er ist damit noch einem Pfarrer unterstellt ist und trägt noch keine Alleinverantwortung für eine Pfarrei. Aber er beginnt als Seelsorger. Genau wie Pachtler! Bischof Josef von Lipp muß die Beurteilung Friedrich August Schotts durch den Pfarrer von Biberach lesen:
„Der junge Priester ist den Anforderungen praktischer Seelsorge nicht gewachsen. Schott paßt ganz gut ins Kloster, in die Welt fast gar nicht." Er war zu unsicher und empfindsam.

Noch ein Vergleich der beiden Lebenswege: Pachtler wird nach einen Jahr als Diözesanpriester in den Jesuitenorden eintreten und ein sehr bewegtes Leben an den entferntesten Orten haben. Bis zu seinem Tod 1889 wirkt er parallel zu Schott und gibt weiterhin seine drei Werke heraus. Als Jesuit in jesuitischen Zusammenhängen.

Vikar Friedrich August Schott wird dem Ratschlag des Pfarrers folgen: er wird im Herbst 1868 in die Benediktiner-Erzabtei Beuron eintreten: Nach dem Noviziat legt er am 6. Juni 1870 die zeitlichen Gelübde ab und dann die feierliche Profess. Er nimmt den Ordensnamen Anselm an. Ab jetzt werden wir ihn Anselm Schott nennen.
1863 hatten Maurus und Placidus Wolter eine Gründungsinitiative für ein Benediktinerkloster begonnen. Beide hatten zu Beginn ihres Wirkens in Rom und bei Dom Guéranger in seiner Abtei Solesmes geistige Impulse für die anstehende Arbeit gesucht und erhalten.
Dom Maurus Wolter hatte ein mehrmonatiges Praktikum im Kloster von Solesmes durchgeführt, um sich auf die Leitung Beurons vorzubereiten und Wichtiges von Dom Prosper Guéranger zu lernen.
Die ganze Unternehmung der Klostergründung Beurons und seiner Tochtergründungen steht unter dem geistigen Schirm Dom Guérangers und seines Année liturgique. Das heißt: der Wunsch, die Menschen über die heilige Liturgie ans göttliche Mysterium heranzuführen.

Dom Guéranger

1868 gründeten die Wolters nun tatsächlich die Benediktinerabtei Beuron und Beuron wird Mutterkloster einer Kongregation, die sich das Ziel von Klosterneugründungen und Wiederbesiedlungen säkularisierter Abteien in benediktinischem Geist setzt.

Anselm Schott tritt also nicht etwa in ein altehrwürdiges Kloster ein, wo alles schon fertig dasteht und er sich ins gemachte (spirituelle) Bett legen kann – nein, er nimmt an einer Neugründung teil! Aufbruch. Das war bei Dom Guéranger genauso: Auch Solesmes war damals eine Neugründung. Und wie Beuron auch eine Wiederbelebung eines traditionsreichen Klosters.

Abtei St. Pierre de Solesmes

Erzabtei Beuron

Und wie Solesmes erlebt auch Beuron die Zeit der Repression und Verfolgung: 1875 erfolgt die Aufhebung Beurons durch die preußischen Kulturkampfgesetze, die Mönche müssen ins Exil. Die Erzabtei wird geschlossen. War es Zufall, daß dies in „Deutschland“ zeitnah nach der Vertreibung der Benediktiner von Solesmes in Frankreich geschah? Übrigens auch gegen Georg Michael Pachtler, der jetzt Jesuit war, erfolgte der Schlag fast gleichzeitig: 1872 wurde er nach Erlaß des Jesuitengesetzes (aus Deutschland) ausgewiesen. Das, was hier in Frankreich und Deutschland über verschiedene Zweige der katholischen Kirche hereinbricht, scheint koordiniert zu sein.

Ein Ereignis aus dem Jahr 1875 ist sehr aufschlußreich für Schotts Veranlagung:

Kuraufenthalt in Bad Mergentheim

Im Jahre 1875 mußte Schott einen längeren Kuraufenthalt in Bad Mergentheim durchführen. Er war wohl wegen Depression in Behandlung.
Angesichts des existentiellen Schlags, der in diesem Jahr auf die Beuroner Abtei zukommen sollte (Zwangsvertreibung aller Mönche! – offiziell euphemistisch „Maigesetze“ genannt), kann einen das eigentlich nicht wundern.
Während dieser längeren ! Kur ereignete sich eine Episode von großer Bedeutung: Der Drittklässler Jacques Stützle durfte Pater Anselm bei der Messe ministrieren. Und er durfte ihn auf Spaziergängen begleiten. Schott gab ihm Unterricht in Latein und: Schon während dieser Kur übersetzte Schott den Kanon der heiligen Messe.
Der Bub durfte mit Pater Anselm zusammen die Übersetzung durchführen! Den Meßkanon lateinisch-deutsch!
Diese Episode liefert uns drei wichtige Informationen: Lange vor dem Kontakt mit Gérard de Caloen war Schott an seiner Meßbuch-Übersetzung dran!
Er hat selber übersetzt und nicht abgeschrieben. (Andere Übersetzungen konsultieren ist nicht abschreiben.)
Und: Er fand es richtig, daß sogar ein Kind den deutsch-lateinischen Text des Canons kennt.
Dies zeigt klar, daß Schott die Offenlegung des Meßkanons für nötig hielt.
Der Schüler von damals wurde später der Laacher Mönch Ignatius Stützle.

Nach der Kur, zurück in der Verbannung:
Die meistens Beuroner Mönche gingen 1975 ins Exil in ein Kloster nach Tirol. Anders Anselm Schott: Im Geiste des Neubeginns geht Anselm Schott nach Belgien, um beim Aufbau der neuen Abtei von Maredsous zu helfen; er wirkte dort von 1876–81, zuletzt als Subprior.

Abtei von Maredsous

Anselm Schott war dort Redakteur in der berühmten Druckerei Desclée in Tournai und Herausgeber einer Ausgabe des Missale Romanum und betreute eine Vulgata-Ausgabe.
In Maredsous lernte Schott den späteren Abt des Klosters Gérard van Caloen kennen. Er erlebte mit, wie dieser an seinem Meßbuch für Gläubige, das „Missel des Fidéles“, arbeitete.

Schotts Wege

Auf der Grundlage seiner Tübinger Pachtler-Erfahrung kann man davon ausgehen, daß das der Impuls war, der Schott wirklich konkret zur Veröffentlichung seines Meßbuchs schreiten ließ, das er schon seit längerer Zeit in Vorbereitung hatte.
Mit seinen Papieren zog er vorher allerdings wieder um nach Böhmen, wo es das Benediktinerkloster Emaus aufzubauen galt. 1881–83 war er dort, lehrte Kirchengeschichte und erlebte von Prag aus, wie von Caloen 1882 sein Missel des fidèles herausbrachte.
Von dort aus macht er dem Herder-Verlag 1883 den Vorschlag, sein deutsch-lateinisches Missale herauszubringen, der ein offenes Ohr findet. Sehr interessant: in dem Schreiben, mit dem er das fertiggestellte Manuskript von Prag aus dem Verlag Herder vorschlug, stellte er sich deutlich in die Tradition Dom Guérangers, der zu den Übersetzungen Erläuterungen zum Kirchenjahr und zur Liturgie bringt. Das ist eben die Tradition von Beuron.

Kloster Emaus

Während die Druckvorbereitungen mit Herder laufen, muss Anselm Schott schon wieder einem anderen benediktinischen Kloster Starthilfe geben: Er geht in die Steiermark in die Abtei Seckau. Von 1883 bis 1891 wird er dort sein.
Er ist Subprior in Seckau, trägt wieder Kirchengeschichte vor, ist Sakristan, Katechet, Exerzitienmeister und Prediger oder leitete die Choralschola. abtei-seckau.at

Abtei Seckau

In Seckau durfte er 1884 die Herausgabe seines „Meßbuch der hl. Kirche (Missale Romanum) lateinisch und deutsch mit liturgischen Erklärungen“ erleben. Die erste Auflage einer großen Reihe, die die deutschsprachigen Länder tief prägen sollte.
Und auch hier geht es ihm wie Georg Michael Pachtler, der ebenfalls an den verschiedensten Orten seine Tätigkeit entfaltet und von dort aus den Blick auf seine Werke werfen kann, die fortwirken. In der Nachfolge Pachtlers hat Schott in der ersten Ausgabe das Meßbuch genau übersetzt, gerade den Canon!

Ab der zweiten Auflage von 1888 gibt Schott Teile des Meßkanons mit Begleitgebeten wieder. Keine Übersetzungen mehr.
Was war geschehen?
Der Trierer Domkapitular Schrod hatte in einem Artikel öffentlich die wörtliche Übersetzung des Canons verurteilt. Auch Generalpräses Witt (später Bischof) wandte sich öffentlich gegen die wörtliche Übersetzung.
Schott gab nach und griff wieder zu den Umschreibungen des Canons. Mit der zweiten Edition seines Meßbuchs 1888 gab er die genaue Übersetzung des Canons auf. Bis 1900 sollte das so bleiben. (Genaueres siehe später)
Dies, obwohl die Übersetzung des Canons ab 1841 bereits bei etlichen Priestern Standard war: der zweisprachige Canon war ja seit 1841 in Deutschland verbreitet. (Devis, Heinrich etc)
Diese innere Unsicherheit gehörte zu Schotts Veranlagung: Schott paßte sich an und stellte im neuen Vorwort sein Dilemma ausführlich dar. Dies war sicher seine Schwäche – aber auch seine Stärke: er nahm die Empfehlungen anderer Priester ernst.
Pachtler war da aus anderem Holz geschnitzt: er ließ sich auf gar keine Debatte ein über seinen übersetzten Canon. Bei ihm gab es keine Zurücknahme der Übersetzung des Canons. Er lebte auch in anderen Verhältnissen: er wurde Feldgeistlicher der Landesschützen aus Vorarlberg und kämpfte im Dritten Italienischen Unabhängigkeitskrieg und 1869 bis 1870 als Militärgeistlicher eines Truppenteils deutscher Freiwilliger im päpstlichen Heer. Und niemand wollte dem Militärgeistlichen des Papstes zwischen die Räder fahren.

Diese Rücknahme der Canonübersetzung durch Schott wird in den Kommentaren oft überbewertet: Ich bin jedoch der Ansicht, daß Schott das Ganze pädagogisch gesehen hat: Er gibt so viel an Übersetzungen, wie es die öffentliche Stimmung zuläßt. Schritt für Schritt geht er vor. Und was heute noch nicht geht, das wird morgen möglich sein.

Pater Anselm kehrt 1891 noch einmal nach Beuron zurück und lebte dort. Das Schott-Meßbuch ist also ein Beuroner Produkt.
Er wird aber schon 1892 nach Maria Laach geschickt, wieder um bei der Wiederbelebung eines Klosters zu helfen. Schotts Missale wird von Auflage zu Auflage von ihm erweitert. So bietet die dritte Auflage von 1892 bereits sämtliche Heiligenmessen. 1894 erscheint die vierte und damit letzte Auflage, die Pater Anselm eigenhändig gestaltet hat. Die ersten drei Auflagen sind von 1884, 1888, 1892.

Hier ein Link zu einem Photo von Anselm Schott in Maria Laach: 23. April 1896 ‒ Anselm Schott in Maria Laach verstorben

Benediktinerabtei Maria Laach

Santa Maria Laach mit dem See im Hintergrund

Hier ein paar Einblicke in das Schott-Meßbuch:

Das Meßbuch der heiligen Kirche
Missale Romanum
Lateinisch und deutsch
Mit liturgischen Erklärungen
Für die Laien bearbeitet
von P. Anselm Schott aus der Beuroner Benediktiner-Congregation.

Mit Approbation des Hochw. Herrn Erzbischofs von Freiburg und Erlaubnis des Ordensobern.
Freiburg im Breisgau. Herder'sche Verlagshandlung. 1884
.

Das Meßbuch der hl. Kirche

Aus dem Vorwort Anselm Schotts zur ersten Auflage (1884):

„Das „Meßbuch“ möchte ein Weniges dazu beitragen, daß der reiche Gebetsschatz der Kirche, der in ihrer heiligen Liturgie niedergelegt ist, immer den Gläubigen zugänglich und vertraut werde. „Durch die heilige Liturgie,“ sagt Abt Guéranger in der Vorrede zu seinem Kirchenjahr, „strömt der Geist und das Leben Christi Jahr um Jahr in seinen mystischen Leib, die Kirche, und in alle seine Glieder, die mit Andacht und Verständnis sie mitfeiern.“ Legt ja der heilige Geist selbst der Kirche ihr Verlangen, ihre Bitten, ihre Lobgesänge in den Mund; er selbst betet in ihr und mit ihr (…) Glücklich jene, die mit der Kirche beten (…) Ihr Gebet wird für sie eine Leuchte des Geistes, ein Herd geistiger Wärme und Liebe, ein liebliches und kräftiges Manna für die Seele…
Möge an allen, die dieses Buches sich bedienen, das Wort der Heiligen Schrift sich erfüllen: „Ihr werdet mit Freuden schöpfen aus den Quellen des Heilandes“, das ist aus dem liturgischen Borne seiner heiligen Kirche, „ut in omnibus glorificetur Deus, auf daß in allem Gott verherrlicht werde!“


Dies sind Anselm Schotts Segensworte für diejenigen, die dieses Buch und seine Nachfolger benutzen werden.

Meßbuch

Wir finden bei der Mischung von Wein und Wasser eine genaue Übersetzung:

Meßbuch: Die Mischung von Wein und Wasser

Der folgende Auszug ist aus späteren Auflagen, wo Schott den Canon umschreibt: Fußnote 2 bringt die Erklärung:

Meßbuch: Canon, Vorwort

Libera nos: Nach dem Canon wieder eine genaue Übersetzung.
Meßbuch: Libera nos

Zum Schluß noch ein Beispiel, um die Qualität von Schotts Übersetzungen zu untersuchen. Es ist ein Gebet aus der 2. Weihnachtsmesse: Die Qualität der Übersetzung ist hervorragend:

Meßbuch: Übersetzungsbeispiel

Die Verwaltung von Meßbuch und Brevier Anselm Schotts durch den Beuroner Pater Romuald Munz: von 1896 bis 1914

Nach Anselm Schotts Tod 1896 betreute der Beuroner Pater Romuald Munz von 1896 bis 1914 die Herausgabe des Schott-Meßbuchs 18 Jahre lang.

Das Meßbuch der hl. Kirche 1911

Das Meßbuch der hl. Kirche 1911

Romuald Munz führte in die Schott-Ausgabe von 1900 wieder die genaue Übersetzung des Canons ein, nur die eigentlichen Konsekrationsworte sparte er noch aus. Das ist im Sinne eines treuen Verwalters des Meßbuchs ein rechtes Handeln, ein paar Jahre später hätten man dann die Konsekrationsworte ebenfalls übersetzen müssen. Munz schaffte das bis 1914 nicht mehr. Dann kam der 1. Weltkrieg.

So wurden die Konsekrationsworte erst 1921 übersetzt.

Das Meßbuch der hl. Kirche 1911

Dennoch ist es immerhin wichtig zu wissen: Das Schott-Meßbuch hatte ab 1900 wieder die genaue Übersetzung des Canons! Wie in der Erstausgabe. Nur die Wandlungsworte waren noch bis 21 umschrieben.

Unter Munz erschien „Oremus - Kleines Meß-und Vesperbuch“. Des weiteren gibt Munz sein „Oremus“ auch als „Kleines Laienmeßbuch“ heraus; das ist dasselbe ohne Erklärungen. Ich werde im folgenden Artikel 2 Genaueres darüber berichten.

Daß diese Form der verstehenden Teilnahme des Gläubigen an der Liturgie im Sinne des Papstes war, wurde deutlich durch einem Brief, den die Bearbeiter zu Beginn des Schott-Meßbuchs 1918 erwähnen:
„Seine Heiligkeit Papst Pius X. hat dieses Buch durch ein anerkennendes Schreiben an den Verleger ausgezeichnet.“
Und weiter steht auf der ersten Seite des Schott-Missale von 1918, 20. Auflage:

„Außerdem wurde dasselbe empfohlen vom hochw. Herrn Fürstbischof von Breslau, von den hochw. Herren Erzbischöfen von Bamberg, Freiburg, Gnesen-Posen, Köln und München-Freising, sowie von den hochw. Herren Bischöfen von Budweis, Eichstätt, Münster, Osnabrück, Paderborn, Regensburg, Rottenburg, Sankt Pölten und Speier.“

Damit ist das Schott-Meßbuch mit dem übersetzten Kanon (ohne die Konsekrationsworte) allgemein in der katholischen Kirche anerkannt.
Und: Anselm Schott hat somit wie schon Michael Pachtler auch nun die Approbation des Bischofs seiner ursprünglichen Diözese, wo er geweiht wurde: Rottenburg.
Rechtlich steht da 1918 noch:
Von Anselm Schott aus der Beuroner Benediktiner-Kongregation
Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischof von Freiburg (Beuron liegt in der Diözese Freiburg)
und Erlaubnis der Ordensoberen (Klosterleitung Beuron)


Spannend: Michael Pachtlers Ausgaben seiner Werke erschienen nach 1900 Mit Approbation des hochw. Herrn Erzbischof von Freiburg
und Erlaubnis der Ordensoberen“ (Jesuitenorden)

Ich finde es interessant, daß Dom Romuald Munz in all den Jahren, wo er Schotts Meßbuch verwaltete, gestaltete (man denke an den übersetzten Kanon) - also bis 1914, seinem Todesjahr - nie seinen Namen als Herausgeber nannte. Es waren immerhin 18 Jahre. Er nannte sich im jeweiligen Vorwort nur als "Die Bearbeiter, Beuron". Im rechtlichen Sinne war der Autor immer Anselm Schott aus der Beuroner Benediktiner-Kongregation.

Die zweite Phase nach Schotts Tod:
1921: Ein ganzes Team Beuroner Mönche wird mobilisiert für eine „vollständige Neubearbeitung“ von Schotts Meßbuch unter der Leitung von Dom Bihlmeyer


1920 war das neue Missale romanum (Meßbuch) von Pius X. erschienen. Editio typica des Missale Romanum von 1920, in der, verzögert durch den Tod des Papstes und den Ersten Weltkrieg (1914–1918), der Nachfolger Benedikt XV. das von Pius X. reformierte tridentinische Meßbuch herausgeben konnte.
Änderungen im Schott-Meßbuch wurden nötig. Man nutzte die Gelegenheit, um gleich mit einem ganzen Team wünschenswerte Verbesserungen des Schott-Meßbuchs durchzuführen. Das waren die Mitarbeiter:

Pater Ephrem König: Die äußere Ausgestaltung von Schotts Missale (er hat die Bilder gestaltet). Wahl neuer Schrifttypen.
Pater Anselm Manser (alle Beuron): neue Erklärungstexte zu allem
Pater Martin Schaller: über die liturgischen Farben, Gewänder etc
Pater Ambrosius Würth: die Übersetzung der Kirchengebete
Pater Athanasius Miller: er verbessert die alttestamentlichen Texte Er macht die Gesamtredaktion
Pater Martin Schaller: Erklärungen zur Fastenzeit
Pater Amandus G’sell; ebenso: Erklärungen zur Fastenzeit
Pater Pius Bihlmeyer: Gesamtverantwortlicher

Die vollständige Bearbeitung des Schott-Meßbuchs, von der im Titel des 1921er und 1922er die Rede ist, war de facto noch voll im Gange. Sie sollte erst 1926 einigermaßen abgeschlossen sein.

Das Meßbuch der heiligen Kirche
Missale Romanum
Lateinisch und deutsch
Mit liturgischen Erklärungen
Für die Laien bearbeitet
von P. Anselm Schott aus der Beuroner Benediktiner-Congregation.


Speziell für die 26er Ausgabe waren folgende Priester im Einsatz:
Pater Gregor Böckeler (Abtei St. Matthias zu Trier) übersetzte die Gesangstexte,
P. Ambrosius Würth die Orationen,
P. Athanasius Miller die Lesungen
P. Anselm Manser allgemeine Einführungen
P. Benedikt Baur: Einführung zum h. Meßopfer
P. Simon Stricker (Maria Laach) las die Korrekturbögen mit
P. Pius Bihlmeyer: Gesamtleitung

Das Schott-Meßbuch wird in zwei Schott-Meßbücher aufgespalten.

Dieses verbesserte und vollständige Römische Meßbuch von 1926 hatte den Ur-Schott an einigen Stellen verändert. Ein Beispiel: Schott hatte häufig die Lesungen von Epistel und Evangelium nur auf deutsch wiedergegeben. War das seine Lösung für die Zukunft, die er für die Messe einführen wollte? Michael Pachtler macht das Gleiche in seinem Meßbuch. Die lateinischen Lesungen von Epistel und Evangelium und Schlussevangelium sind ja ein Problem. Hatte Schott in der deutschen Lesung eine Lösung gesehen?
Im neuen vollständigen Römischen Meßbuch stand grundsätzlich alles auf deutsch und lateinisch, was durchaus zu begrüßen ist.

Aus Respekt vor Schotts besonderem Ansatz in seinem Meßbuch beschloss das Bearbeitungsteam, Schotts Meßbuch und das von ihnen vervollständigte Meßbuch als zwei separate Meßbücher herauszugeben.
Das neue vollständige Schott-Meßbuch erhielt den Namen:

Das vollständige
Römische Meßbuch
Lateinisch und deutsch
Mit allgemeinen und besonderen Einführungen
Im Anschluß an das Meßbuch von
Anselm Schott, O.S.B.
herausgegeben von Mönchen
der
Erzabtei Beuron


Ich werde in der Folge dieses Artikels das ursprüngliche Schott-Meßbuch von 1884, das dann über die Jahre hinweg bis 1921 und 1934 bis 1951 viele Erneuerungen und Verbesserungen erhielt, den „Ur-Schott“ nennen[i]. Auch den von 1951.
Dagegen nenne ich das ab 1926 in der ersten Auflage erscheinende vollständige Meßbuch das „vollständige Römische Meßbuch“.

Diese Aufspaltung ist verständlich – aber problematisch. Wenn das neue vollständige Römische Meßbuch die Angaben der liturgischen Farben jeder Messe bekam, dann bekam es das Meßbuch der heiligen Kirche - Missale Romanum – der Ur-Schott - ebenso. Meist etwas später. Auch bei Verschlechterungen wie der deutschen Einheitsübersetzung: Als 1929 für den Kanon Deutschland weit eine Einheitsübersetzung[ii] mit falschen Übersetzungen bei den Konsekrationsworten!! eingeführt wurde, übernahm das Bihlmeyer gleich 1930 in das Vollständige Römische Meßbuch. Der Ur-Schott erfuhr diese zweifelhafte Ehre erst 1934.

Pius Bihlmeyer nennt den Grund für das neue Werk: „Wir besaßen bis jetzt noch kein Meßbuch, das alle Gebete der heiligen Messe in lateinisch-deutscher Form geboten hätte. Diese Lücke soll durch die vorliegende Ausgabe des „Missale romanum“ ausgeglichen werden.“ Und der Bezug zum Ur-Schott? Bihlmeyer weiter: „Sie wandelt in den längst erprobten Bahnen des Meßbuches von Anselm Schott.“ (24.2.1926) Der vollständige römische Schott "wandelt in den längst erprobten Bahnen des Meßbuches von Anselm Schott“ - was nicht weniger heißt, als daß auch das vollständige römische Meßbuch nach wie vor das Schott-Meßbuch ist. Es verwendet moderne Schriften und keine Fraktur mehr und es ist durchgehend zweisprachig.

Ur-Schott: "Das Meßbuch der hl. Kirche" (um die 30er Jahre)

Der Ur-Schott blieb im Verlauf der Jahre etwas hinter dem wahren Schott, dem der fortentwickelt und ständig verbessert wurde, dem vollständigen römischen Meßbuch zurück: Ich nehme den „Ur-Schott“ aus dem Jahre 1951. Es gibt ihn immer noch. Hier steht immer noch sehr viel Text nur auf Deutsch und der ist immer noch in alter Frakturschrift wie früher, was ich sehr störend empfinde. Eigentlich macht man das 1951 nicht mehr! Es ist die 54. Auflage! Diese langen Frakturtexte sind auch nur schwarz gedruckt. Nur der Canon verwendet auch Rot. Durch die nur schwarze Frakturschrift im Jahr 1951 wurde bewußt ein anachronistisches Bild erzeugt. Es wirkt sperrig.

Der Ur-Schott von früher (um die 30er Jahre): Fraktur, schwarz

Dennoch hat der Ur-Schott schon auch seine Qualitäten. Der lateinische Text in anderer Schriftformatierung als der deutsche beeindruckt bei den zweisprachig dargestellten Meßtexten. Dazuhin noch die richtigen Wandlungsworte in der deutschen Übersetzung bis 1934 immerhin- das ist schon eine Qualität für sich. Auch Schotts Originalkommentare sind sehr wertvoll. Man betrachte die folgende Beispielseite aus dem Urschott - das ist wirklich gut und das möchte man eigentlich nicht missen. Da spürt man noch die Nähe zu Dom Guérangers Année liturgique:

Der Ur-Schott von früher (aus den 20er Jahren) mit seinem typischen Schriftbild und den nichtverfälschten Wandlungsworten und den Erläuterungen

Im Lauf der Jahrzehnte hat sich de facto das vollständige römische Meßbuch als der wahre Schott heranentwickelt. Der Ur-Schott ist was für Liebhaber, die seine speziellen Eigenheiten schätzen.

Seit 1926 wurde Beurons neuer „Vollständiger römischer Schott“ denn auch vom Verlag als „Schott I“ geführt.
Der Ur-Schott wurde beim Verlag zum „Schott II“.[iii]

Pater Pius Bihlmeyer OSB trägt die Gesamtverantwortung für das Schott-Meßbuch von 1918 bis zu seinem Tod 1931.

Das Vollständige Römische Meßbuch im Jubiläumsjahr 1934

Die erste Auflage des Vollständigen Römischen Meßbuchs von 1926 war zwar vollständig, aber einiges konnte noch optimiert werden. Diese Arbeit fand statt uznd wir sehen, wie das Vollständige Römische Meßbuch von Auflage zu Auflage perfekter wird.

Seit der Ausgabe von 1934 im Jubiläumsjahr liegt uns das Vollständige Römische Meßbuch in seiner vollständigen Form vor. Das ist die vierte Auflage. Alles Wünschenswerte wurde nun realisiert. Ein wunderbares, perfektes Buch. Alles stimmt.

Das vollständige römische Meßbuch ca. ab den 30er Jahren

Das vollständige römische Meßbuch (ca. ab den 30er Jahren): Perfektes Schriftbild. Rubriken. Die Seiten lassen sich perfekt blättern- die gesamten Seiten sind immer gut sichtbar- auch am Innenrand. Die Bindung ist elastisch und doch fest - sie bricht nicht und sie spannt nicht. Auch nicht nach ca 100 Jahren. Der Ledereinband gibt ein angenehmes Taktgefühl.

Das vollständige römische Meßbuch ca. ab den 30er Jahren): Perfektes angenehmes übersichtliches und ästhetisches Schriftbild. Rubriken. Jahreszeitliche Detailvarianten bei CanonGebeten. Papier ist genau richtig: nicht zu grob und nicht zu dünn, nicht durchsichtig.

Wer sich also ein vollständiges lateinisch-deutsches Meßbuch zulegen möchte, dem seien die Editionen des Vollständigen Römischen Meßbuchs ab ca. 1934 empfohlen. Und von da ab alle, bis zur 12. Auflage aus dem Jahre 1952. Diese Bücher kann man antiquarisch zu einem erschwinglichen Preis erwerben.

1954-56 begann ja dann der große Abriß und Umbau mit dem Zentrum des christlichen Kirchenjahrs, der heiligen Woche, Ostern, so daß spätere Auflagen des Vollständigen Römischen Meßbuchs nicht mehr in Frage kommen. Der Schott als Markenzeichen hat ja alle Veränderungen des Ordo mitgemacht bis hin zum modernen Schott des Novus Ordo.

Meine Empfehlung für das Vollständige Römische Meßbuch ca. ab 1934 gilt unter der Voraussetzung, man daß man ein Missale sucht, das dem tridentinischen Missale nahekommt. Das die Messen darstellt, wie sie in der katholischen Kirche weltweit bis 1952 gelesen wurden - nur eben mit einer deutschen Übersetzung zum lateinischen Meßtext.

Manchen stellt sich vielleicht die Frage, ob die Bestellung beim Antiquar denn nötig ist und es nicht genauso gut oder noch besser mit dem „Volksmissale“ von Martin Ramm geht. Ist der Ramm etwa gar der Nachfolger des Schott für die tridentinische Messe?

Um die Frage gleich zu beantworten: Das ist er sicher nicht! Und er kann auch sicher nicht das Vollständige Römische Meßbuch ersetzen.

Ich möchte zur Begründung dieses Urteils über das Volksmissale von Ramm ein kurzes Licht werfen auf einige Stellen des Vollständigen Römischen Meßbuchs ab 1934 und sie mit deren Wiedergabe im Volksmissale vergleichen.
Es handelt sich um wichtige Teile der Liturgie der Karwoche, die bis 1956 in der gesamten Kirche gefeiert wurden – und die im „Volksmissale“ Ramms nicht mehr zu finden sind. Gerade heute, wo wir zu Beginn der heiligen Woche stehen, können wir so sehen, wie das Volksmissale uns anders liturgisch durch diese Woche bringt, als dies beim Vollständigen Römischen Meßbuch und damit in der tridentinischen Messe der Fall ist.
Diese Punkte sollen als prägnante Beispiele dienen, um den Unterschied von tridentinischer Messe wie sie das Vollständige Römische Meßbuch beinhaltet, und dem Volksmissale Ramms aufzuzeigen:

Am Palmsonntag:

In der tridentinischen Messe des Palmsonntags, das heißt im Schott, wird der Einsetzungsbericht des Abendmahls gelesen. Nicht mehr im Volksmissale Ramms.

Am Palmsonntag:
Wenn die Prozession zur Kirche zurückkommt, ist die Kirchentür geschlossen. Der Kreuzträger klopft von außen mit dem Schaft an die Tür. Diese wird geöffnet und die Prozession zieht ein. Ein Sinnbild des Himmelreichs.
Nicht mehr bei Ramm.

Das Öffnen der Kirchentür im Vollständigen Römischen Meßbuch

Der Karfreitag:
In den Fürbitten des Karfreitags richtet die Kirche ihre Bitten an den Herrn in den wichtigsten Angelegenheiten überhaupt. Diese Bitten stellen heiligste Teile der römischen Überlieferung dar. Eine tiefe Erkenntnis der Welt liegt in diesen Bitten.
Ein Teil dieser Bitten wurde 2007 auf Druck von außen neu geschrieben (reformiert) und basierend auf den Bestimmungen des Motu proprio Summorum Pontificum mußte das Missale romanum, Editio typica von 1962 entsprechend rückwärts geändert werden, was eine Neuauflage nötig machte. Wenn wir heute davon sprechen, daß Ramms Volksmissale auf dem Meßbuch von 1962 basiert, dann sprechen wir von dem rückwirkend geänderten. So etwas geht. Und die neuerfundenen Bitten aus dem Jahre 2007 befinden sich dann im Ordo 1962. Eine Kleinigkeit? Eher eine VollOperation im Herzbereich.

Das Vollständige Römische Meßbuch von Schott bringt natürlich die echten Gebete aus der tridentinischen Überlieferung des römischen Missale.
In Ramms Volksmissale lesen wir also die neuerfundenen Karfreitagsbitten von 2007 (zu denen man einiges sagen müßte) mit dem Hinweis: Das ist aus dem Ordo von 1962. Das stimmt rechtlich schon. Aber !!

Die Feier des Osterfestes am Char-Samstag:

Eine der beeindruckendsten Feiern. Die Weihe des Osterfeuers. Das Exultet. Die Praefation.

Im Zuge des Rituals, unter den Worten der gesungenen Liturgie des Lichtes, werden dann fünf Weihrauchkörner in die Wachskerze eingefügt. Wie Wunden eingeritzt.
Sichtbar für die Gläubigen wird das Ritual vollzogen.
Beim Volksmissale Ramms wird das Ritual der 5 Weihrauchkörner vorher schon vollzogen, vor der Feier, draußen, sodass es von den in der Kirche gesungenen Gebeten abgetrennt ist. Ein zerrissenes Ritual: Der Handlungsteil des Rituals wurde weggerissen und an anderem Ort und anderer Zeit vollzogen, der gesprochene Teil findet später getrennt von der Handlung statt.
Soviel zur Technik: Wie man ein Ritual zerstört.
Und ein Ritual, das nicht mehr in der Kirche vor den Augen der Gläubigen vollzogen wird. Diese sehen nur später das Ergebnis, nicht wie das Einritzen mit den Weihrauchkörnern in die Osterkerze vollzogen wird.

Die zwölf Prophetien

In zwölf Lesungen wird die gesamte Entwicklung der Menschheitsgeschichte dargestellt. Nur im Vollständigen Römischen Meßbuch – weil das tridentinisch ist. Das Volksmissale Ramms kennt diese 12 Prophetien nicht mehr.
Dabei liegen in diesen Prophetien die höchsten Geheimnisse der Menschheitsgeschichte von Anfang bis zum Ende.

Der Lobgesang Marias, das Magnifikat schließt die Osterfeier des Samstags ab

Die Osterfeier des Charsamstags endet mit dem Lobgesang Marias, dem Magnifikat. Dies entspricht der besonderen Rolle, die Maria auch in den Geschehnissen der Charwoche zukommt. Nicht mehr in Ramms Volksmissale, das die Umbaumaßnahmen zweier Päpste in sich trägt. Maria bildet hier nicht mehr den Abschluss der Osterfeierlichkeit am Charsamstag.

..............................

Soweit einige Stellen, die deutlich machen können, daß unser Gang durch die kommende heilige Karwoche mit dem Schott-Meßbuch in der Hand, dem Vollständigen Römischen Meßbuch, einiges anders aussieht als mit dem "Volksmissale" von Ramm.

--------------------------

Meine Schlußbemerkung:

Mit dem Vollständigen Römischen Meßbuchs ab 1934 bis max. 1952 hat uns die Vorsehung ein großes Geschenk gemacht: Wir haben das Glück, die römische Meßliturgie, wie sie bis 1955 gültig war, vollständig und lateinisch-deutsch zur Verfügung zu haben. So wie sie tatsächlich war und auch immer sein wird. Ohne rückwirkende Veränderungen.

Das Besondere bei Anselm Schotts Schaffen ist, daß es immer im Schoße des Ordens der Benediktiner stattfand und daß es nach seinem Tode 1896 dort von Mitbrüdern fortgesetzt und weiter entfaltet wurde.
Es ist das Werk eines einzelnen Mitglieds der Ordensgemeinschaft, das von den Mitbrüdern nach seinem Tode aufgenommen und über Generationen getragen und weiterentwickelt wird.

Der Ordo Sancti Benedicti wirkt in all den Abläufen, die ich hier beschrieben habe.

Seit 1841 ging von den Brüdern dieses heiligen Ordens ein Impuls aus, der die heilige römische Kirche von innen, von der Liturgie aus, mit kraftvollem Leben durchdringen sollte und die Gläubigen so bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Quell des göttlichen Geistes führen sollte.
Ganz Europa durchdrang dieser Impuls.
Und von dort aus ging er in die ganze Welt hinaus.

Und heute – nach den Umbrüchen von Vatikan II – steht dieses Werk immer noch vor uns und verhindert, daß die tridentinische Meßliturgie ins Vergessen gerät.
Ein Mahnmal.
Und eine Hilfe für diejenigen, die sich mit der tridentinischen Liturgie befassen möchten.

.......................................................

Artikel 1: Das Schott-Meßbuch
Es folgt:
Artikel 2: Das Schott-Brevier
Artikel 3. Die Beuroner Liturgie der Karwoche

……………………………………

Gerne lese ich Nachrichten, die im Chat in mich gerichtet werden und beantworte Fragen

……………………………………..

[i] Ur-Schott: ich weiß, daß üblicherweise der Ur-Schott eine Bezeichnung ist, die nur für die ersten 4 Auflagen verwendet wird. Der Begriff in meiner Definition ist eine Eigenschöpfung von mir

[ii] Falsche Übersetzungen: Bsp Die Wandlungsworte des Brotes und des Weins sind falsch übersetzt

[iii] Daneben erschienen noch sechs weitere Schott-Messbücher, Schott III-VIII: das waren auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Altersstufen und Bildungsgrade ausgerichtete Editionen.