Pfingstdienstag: Springprozession in Echternach/Luxemburg
Zum Tanzen verflucht! So strafte der hl. Willibrord jene, die seiner Missionspredigt ob profanen Tanzvergnügens nicht lauschen mochten. Vergebens war er nach Waxweiler in der Eifel gekommen! Die unglücklichen Verfluchten dort tanzten gequält ins luxemburgische Echternach, und der heilige Abt erlöste sie endlich gnädig vom Tanzzwang, freilich unter einer Bedingung: Wenigstens ein Mal im Jahr, am Dienstag nach Pfingsten, müssen sie wieder zu ihm herbeitanzen. Und Tausende tun das seit dem 8. Jahrhundert! Bevor dann die 30 und mehr Musikkapellen mit ihren frommen Springern von der Prozession durch die Straßen Echternachs zurückkommen, sogar Violinen und Flöten, Zieharmonikas und Mandolinen, zieht ein Strom Gläubiger zum Sarkophag, den Heiligen immer wieder anrufend in einer Willibrord-Litanei, während im anderen Seitenschiff laut der Rosenkranz erklingt, desgleichen mit Anrufungen des hl. Willibrord: ein mächtiges Sich-Überschlagen der innigen Flehrufe im romanischen Dom mit seinen wechselnden Riesensäulen und Pfeilern. Bald gehen die Tuben, Trompeten und Posaunen durch Mark, Bein, Eingeweide und Seele, weil jeder einen Leib und eine Seele hat, auch einen Leib, erlebtes Glück vor allem, wenn über zwei Stunden dieselbe heitere Polka laut ertönt, immer wieder die mächtigen Trommelschläge, dann der Auftakt, anrührend, und folgend der Tanzrhythmus mit seinen Wiederholungen und drei Variationen, je dreimal wiederholt, und kurzen Trommelwirbeln, manchmal das Becken dazwischen, und man dabei Menschen zu Ehren eines Heiligen tanzen sieht, tanzen im Hause Gottes wie vor der Bundeslade! Jetzt weiß ich, dass die tuba mirum spargens sonum kein bloßer Vergleich ist. Die historisch-kritischen Exegeten mit ihren Metaphern und Topoi sollten Pfingstdienstag nach Echternach kommen, um zu erleben, wie dort nur wenig fehlt, dass die Toten aus ihren Gräbern heraustanzen. Jede Musikkapelle spielt die Polka noch einmal vor der goldenen Statue des hl. Willibrord als Huldigung, bevor die Nächsten mit gewaltigen Klängen in die Kirche einziehen, bis sich der Dom wieder gefüllt hat wie beim Hochamt zuvor. Wir sehen Kinder tanzen, weiße und schwarze, und alte humpelnde Damen mit Krücken Sprünge andeuten und geistig Behinderte tanzen, ein ganzes Heim, und Jugendliche aus dem marianischen Schönstatt und Erwachsene wie die zukünftigen Saints dancing in (not marching). Und beim Tanz hinunter zum Sarkophag des heiligen Willibrord werden sie alle gesegnet von einer hageren Mönchsgestalt mit Abtsstab - ich war einen Augenblick betroffen und ernst, als ich sie sah als den Heiligen selber. Sie ist auf Film gebannt. Auch gegen Ende der kurzen Doku hier mit Polka und Springern: youtube echternacher springprozession 2022 - Google Suche (3. Link von oben, WeltReisenderMagazin, 7.16 Minuten)