Heilung einer Frau von Bauch- und Hautwassersucht auf die Fürbitte des sel. Bernhard von Offida

Der sel. Bernhard (7. 11. 1604 bis 22. 8. 1694) stammte aus Appignano in den Marken und trat 1626 als Laienbruder bei den Kapuzinern in Offida (Ascoli-Piceno) ein. Er war Krankenpfleger, Almosensammler und Klosterpförtner.

Die folgende Heilung geschah am 5. 5. 1772, die Zeugenvernehmungen über sie sind erfolgt im Sommer 1774. Die hier wiedergegebenen Auszüge aus den Protokollen sind entnommen der Positio super miraculis, Romae 1791, S. 93–111.


Die Geheilte, Frau Anna Carini Temperanza aus Monte Rubbiano in der Diözese Fermo, 64 Jahre alt, sagte am 30. Juni 1774 aus: Anfang April 1772, als ich 62 Jahre alt war, fingen meine Füße an, dicker zu werden, und die Anschwellungen verbreiteten sich allmählich über den ganzen Körper, so daß ich mich bald aufgedunsen fand, wie eine [Chianti-]Flasche. Zur Zeit, als die Krankheit mich befiel, war ich von dürrer und ausgemergelter Konstitution. Ich kann nicht sagen, woher mir die Krankheit gekommen ist. Mein ganzer Körper war angeschwollen. Wenn ich den Finger an einer Stelle eindrückte, blieb sie eingedrückt und kehrte erst nach einiger Zeit in ihre natürliche Lage zurück. Ich konnte nicht im Bette liegen, sondern mußte immer darin sitzen mit Stützen im Rücken, ohne daß ich mich je auf eine Seite legen konnte. Ich glaubte immerfort zu sterben, so kraftlos fühlte ich mich, jede kleinste Bewegung machte mir schwere Atemnot. Als der Herr Arzt mich in diesem hoffnungslosen Zustand sah, ordnete er an, daß mir die Sakramente der Buße und des Altars gespendet würden und dann auch die Letzte Ölung. Während ich so dem Ende meines Lebens zueilte, hörte ich nicht auf, mich aus ganzem Herzen und mit größtem Vertrauen an den ehrw. Bruder Bernhard zu wenden. Seine Bilder [auf Papier, die ihr in Offida verheirateter Sohn ihr mitgebracht hatte] hingen an der Wand zu Häupten meines Bettes. Ich betete die folgenden Worte oder ähnliche: „Lieber Pater, befreie mich aus diesen Qualen, ich kann nicht mehr.“ Diese Worte wiederholte ich von Zeit zu Zeit, besonders in jener Nacht, in der ich die wunderbare Heilung empfing. Während ich da, nachdem ich die besagten Worte hervorgebracht hatte, wach war mit offenen Augen und ein Licht nicht weit von meinem Bette brannte, hörte ich, wie ich genau mit diesen Worten gerufen wurde: „Kleine Alte, was habt Ihr, daß Ihr so jammert?“ Als ich das hörte und meine Augen zu dieser Stimme wendete, sah ich einen sehr alten Kapuzinerbruder mit kahlem Kopf, wenig Haar und weißem Bart. Ich antwortete ihm: „Lieber Pater, was soll ich haben, ich möchte etwas Wasser lassen und kann mich nicht bewegen.“ Auf diese Worte antwortete er mir wohl dreimal: „Kleine Alte, steht auf, denn Ihr habt nichts.“ Darum erhob ich mich ganz voller Vertrauen frei aus dem Bett, ging allein in die Nebenkammer, nahm das Gefäß und erledigte mein Bedürfnis, und nachdem ich soviel, wie ich es während meiner Krankheit gewohnt gewesen war, uriniert hatte und zurück in die andere Kammer gegangen war, legte ich mich ins Bett, ohne jedoch noch den Kapuziner zu sehen. Darauf [wieder aufstehend] löschte ich das Licht aus, das in allen Nächten, seit ich die Sakramente empfangen hatte, brannte. Als die Dinge so geworden waren, dachte ich über dies so große Übel nach, das ich kurz zuvor gehabt hatte, und daß ich frei hatte gehen und ohne Hilfe eines Menschen mich wieder hatte zu Bett legen können. Da merkte ich plötzlich, daß ich von Gott das Wunder meiner Heilung erlangt hatte durch die Verdienste des Heiligen, dessen vier Bilder an der Wand am Kopfende meines Bettes hingen. Darüber schlief ich ein, wurde bald darauf wieder wach, und als ich meinen Körper befühlte, merkte ich, daß das ganze frühere Angeschwollene verschwunden war. Ich weckte darauf meine Tochter Annuntiata, die bei mir im Bette schlief. Ich sagte ihr, daß ich ganz abgeschwollen sei, und als sie mich befühlte, stellte auch sie dieses so merkwürdige Geschehnis fest. Dann schlief ich wieder ein und schlief erquickend bis zum folgenden Tag, ganz anders als in der Zeit zuvor, in der ich immer wach dalag, ohne je einen Augenblick Schlaf zu finden. Als ich am Morgen plötzlich erwachte, fand ich mich gesund und frei von allen Leiden, die ich durchgemacht hatte, so daß ich allein aufstehen und mich ankleiden konnte. [Die Tochter war schon Holz sammeln gegangen.] Dann nahm ich den Rocken und fing an zu spinnen. Währenddessen kam wie gewöhnlich meine Nachbarin, eine gewisse Frau Luzia Vanni, um nach mir zu sehen, und sie brachte mir ein wenig Feuer. Als sie mich außer Bett auf einem Stuhl beim Spinnen sah, war sie über dieses Neue aufs höchste überrascht. Denn sie hatte mich am Abend vorher in einer Verfassung gesehen, daß ich stündlich sterben konnte, mit dem Priester am Bett, der mir die Sterbegebete verrichtete. Nach dem Besuche der Frau Luzia kam der Herr Kaplan, der ebenfalls staunte, als er mich außer Bett und völlig gesund sah, und er staunte umso mehr, als er geglaubt hatte, ich sei schon ins andere Leben hinübergegangen, weil er die Totenglocke der Pfarrkirche hatte läuten hören und es ihm sehr leid getan hatte, daß er nicht, wie er sagte, zur Stelle gewesen sei, um mir im Sterben beizustehen. An demselben Morgen besuchte mich auch meine Landsmännin und Nachbarin, Frau Klara Samponi. Als ich ihr das nächtliche Gesicht erzählte und den Kapuziner beschrieben hatte, antwortete sie sofort, daß dieser Ordensmann niemand anders sein könne als der ehrw. Bruder Bernhard von Offida. Und um sich dessen noch mehr zu vergewissern, eilte sie nach Hause und brachte ein Bild auf Papier dieses ehrw. Bruders Bernhard. Und als sie es mir zeigte, erkannte ich sofort an den Gesichtszügen, daß es ein wahres Bild jenes Kapuziners war, den ich in der letzten Nacht gesehen hatte. Nachdem ich dann einen Blick auf die mehrfach besagten Bilder an der Wand meiner Kammer geworfen hatte, sah ich sehr wohl, daß sie Ähnlichkeit haben mit jenem Kapuziner, den ich gesehen hatte.

Auf Fragen antwortete die Geheilte: Mein Körper war, möchte ich sagen, bis aufs äußerste angeschwollen, ich fürchtete, daß er irgendwo platzen würde. In der Brust fühlte ich furchtbare Not, daß ich nicht atmen konnte, ich hatte keinerlei Kraft mehr. Ich weiß nicht, ob der Arzt mich in den letzten Tagen mehrmals besucht hat, denn ich war da wie von Sinnen. Am Morgen nach der Heilung konnte ich alle gewohnten Arbeiten und Obliegenheiten ohne Beschwerde verrichten wie in der Zeit, als ich vollkommen gesund war. Ich habe an ihm mit allem Appetit und Geschmack eine gute Portion Salat gegessen, der mit etwas Salz und Essig ohne Öl angemacht war, ohne Brot.

Ich habe keinerlei körperliche Ausscheidungen gehabt, weder der Blase noch des Darmes, nicht vor der Heilung und nicht nach der Heilung, außer dem wenigen Urin nach der erzählten Erscheinung, etwa einen Becher voll, auch habe ich nicht geschwitzt.

Nach der wunderbar wiedererlangten Gesundheit habe ich niemals die gleichen oder ähnliche Beschwerden gehabt, sondern bin immer gesund gewesen, so wie ich es jetzt dank der Gnade Gottes bin. – –

Der hochwürdige Herr Philipp Francini, Erzpriester der Kollegiatkirche S. Maria de Litteratis und Pfarrer an St. Vinzenz und Stephan in Monte Rubbiano, 49 Jahre alt, sagte am 27. 6. 1774 aus: Am 26. 4. 1772 wurde ich von Zita Annuntiata, Tochter der Anna Temperanza, gerufen, um die Beichte ihrer Mutter zu hören. Ich schickte dazu den Herrn Kanonikus Don Girolamo Silveri, meinen Kaplan, hin. Am folgenden Morgen brachte ich ihr die Kommunion. Ich fand sie derart angeschwollen, daß sie wie eine gewaltige Masse aussah. Dazu kamen eine ganz große Not in der Brust und Atemschwierigkeiten, ein großer Durst, ein Brand in der Kehle, Brechreiz und Widerwillen gegen jegliche Speise. Sie sagte, sie fühle eine solche Spannung des Unterleibes, daß er ihr bald platzen müsse. Vor der Krankheit bestand sie nur aus Haut und Knochen. Am 29. April wurde ich eilends wieder gerufen, um der Kranken, wie der Arzt Dr. Vagni bei der Visite befohlen hatte, die Letzte Ölung zu spenden. Ich schickte sofort meinen Kaplan, den genannten Herrn Kanonikus Silveri hin, um sie mit diesem Sakrament zu versehen. Von da an wurde ihr entweder von mir oder meinem Kaplan jeglicher Beistand geleistet bis zu ihrer wunderbaren Heilung. Am 5. Mai ging ich wieder einmal zu ihr, um ihr zu helfen. Ich fand sie völlig erschöpft, bar jeder Kraft, so daß sie kaum mit leiser Stimme ein paar Worte hervorbringen konnte, die man fast nicht verstand. Ihre Bedrängnis und die Atemnot waren über alle Maßen gewachsen, die Augen lagen tief in den Höhlen, mit dunklen Rändern, das Gesicht leichenhaft mit einer Farbe nach Schwarz hin. Aus diesen Zeichen schloß ich, daß sie nicht bis zum Abend dieses Tages kommen würde. Um die Zeit des Angelus kehrte ich nach Hause zurück, wurde aber sehr bald wieder gerufen, um ihr beizustehen. An meiner Stelle schickte ich den Herrn Kaplan. Als ich am Morgen des 6. Mai jenes Jahres 1772 mich zum Chordienst in meine Kollegiatskirche begeben hatte, hörte ich die Totenglocke von meiner Pfarrkirche läuten, und da glaubte ich, daß die Kranke schon ins andere Leben hinübergegangen sei. Weil ich Mitleid mit ihrer Tochter Annuntiata hatte, von der ich meinte, sie sei nun nach dem Tode ihrer Mutter verlassen im Hause, ging ich nach dem Chorgebet zu ihr hin. Als ich in das Haus treten wollte, hörte ich, wie die Mutter mit der Tochter und anderen Frauen, an die ich mich jetzt nicht mehr erinnere, zusammen lachten und fröhlich waren. Als ich dann in das Zimmer der von mir verstorben Gehaltenen trat, sah ich zu meinem höchsten Erstaunen, wie sie voller Heiterkeit auf ihrem Bett saß, mit natürlicher Gesichtsfarbe und ohne den geringsten Schatten ihrer früheren Aufgequollenheit, und als sie mich so überrascht sah, sagte sie zu mir: „Bemüht Euch nicht weiter, denn dieses Mal sterbe ich nicht mehr.“ Sie sagte mir, sie habe in der letzten Nacht Wasser lassen müssen, und da sie ohne Hilfe dazu unfähig gewesen wäre, habe sie versucht, ihre Tochter zu wecken, damit diese ihr das Gefäß hielte und ihr helfe. Aber wie oft sie auch gerufen habe, es sei ihr nicht gelungen, sie zu wecken, obwohl sie bei ihr im selben Bett lag, weil ihre Stimme zu schwach gewesen sei, um sich vernehmlich zu machen, und weil ihr jede Bewegung mit den Händen oder anderen Teilen des Körpers unmöglich gewesen wäre wegen ihrer äußersten Aufgetriebenheit und völligen Kraftlosigkeit. Und als sie dann wehklagte, habe sie gehört, wie sie gerufen wurde: „Kleine Alte, was habt Ihr?“, und als sie das Auge hinwandte, habe sie einen Kapuziner bei ihrem Bette stehen gesehen. – –

Frau Luzia Vanni, 55 Jahre alt, bezeugte: Als sie mit allen Sakramenten versehen war, sah ich sie am Ende ihres Lebens stehen. Denn sie war völlig erschöpft, ohne jegliche Kraft, so sehr, daß ich glaubte, sie am Morgen nicht mehr lebend anzutreffen. An diesem nächsten Morgen besuchte ich sie wieder, und da ich wußte, daß sie Feuer nötig hatte, brachte ich ihr etwas. Als ich in die Küche ihres Hauses trat, fand ich sie, wie sie auf einem Stuhle saß und Hanf spann. Sie war am ganzen Körper völlig abgeschwollen, zeigte ein heiteres Auge und natürliche Gesichtsfarbe, wie wenn sie niemals krank gewesen wäre. Überrascht über dieses Erstaunliche fragte ich sie, und sie erzählte, daß sie ihre Tochter Annuntiata, die mit ihr im selben Bette schlief, nicht habe wach bekommen können [usw., nichts besonderes Neues].

Der Arzt Dr. Fortunatus Vagni: Um den 24. April wurde ich zu der Witwe Anna Temperanza in Monte Rubbiano gerufen. Ich fand sie zu Bett liegend, angeschwollen von den Füßen bis zum ganzen Bauch, bei leichtem Fieber, Atemnot, zu geringer Harnausscheidung, Verstopfung und Durst. Wie mir die Patientin sagte, hatte sie die Krankheit schon lange. Aus den Symptomen schloß ich, daß es sich um eine Anasarka [= Wassersucht, auch wohl damals insbesondere der Haut] handle. Ich glaube, daß sie verursacht ist durch eine hartnäckige, beständige und schmerzhafte Erkrankung des Magens, an der die Patientin schon lange vorher und während ihrer Krankheit bis zum Schluß gelitten hat. Als ich bei den folgenden Besuchen sah, wie die Krankheit jeden Tag schlimmer wurde und die Wasseransammlungen die ganze Brust und dann auch den ganzen Kopf ergriffen, verlangte ich, daß ihr die Sakramente der Buße und des Altars gespendet würden, da ihr Zustand hoffnungslos geworden war, um so mehr, als sie die von mir verordneten harntreibenden und anderen Mittel nicht nehmen wollte. Als ich um die Mittagszeit des 29. sah, daß die Kranke sich schon in der höchsten Gefahr zu sterben befand, ließ ich ihr die Letzte Ölung geben. Von da an habe ich sie nicht mehr besucht, um so weniger, als ich einige Tage unterwegs auf dem Lande war. Einige Tage später hörte ich die Totenglocke der Pfarrkirche St. Vinzenz und Stephanus läuten. Als ich mich erkundigte, wer gestorben sei, hörte ich, besagte Anna Temperanza sei ins andere Leben hinübergegangen. Acht oder zehn Tage später, da ich gehört hatte, diese Frau sei doch nicht gestorben, trieb mich vor allem die Neugier, als ich an ihrem Hause vorbeikam, sie zu besuchen. Ich fand sie beim Herde sitzend, beim Spinnen. Sie war völlig abgeschwollen im Gesicht und am ganzen Körper, tatsächlich frei von allen früheren schlimmen Symptomen. Sie hatte ihre gewöhnliche natürliche Farbe wiedererlangt, war heiteren Angesichts und vollkommen gesund, und ich war im höchsten Maße verwundert, weil dies natürlicherweise nicht sein konnte, zumal sie, wie sie mir sagte, keinerlei Krise [hier = Schweißausbruch] erlebt hatte. Ich sagte ihr, sie solle Gott danken für eine so außerordentliche Gnade. Ich war außer mir vor Erschütterung. Ich habe die Witwe Anna Temperanza weder von der genannten noch einer ähnlichen Krankheit ergriffen gesehen, sie ist vielmehr bis zum heutigen Tag vollkommen gesund. Denn ich sehe sie gelegentlich, und wir sprechen miteinander und unterhalten uns. Die Heilung ist nicht nur von mir, sondern von allen Ortseinwohnern als übernatürliches Wunder angesehen worden. – –

Don Geronimo Silveri, Kanonikus an der Kollegiatkirche und Kaplan an der ihr angegliederten Pfarrkirche, fand, als er am 26. April der Kranken die Beichte hörte, diese ganz angeschwollen, mit trockenem Husten, in großer Atemnot und Fieber, das er aus dem Puls feststellte, worin er in dreißigjähriger Seelsorge Erfahrungen gesammelt hat. Er hielt darum den Tod für nahe bevorstehend. Er hätte ihr auch gern noch die Wegzehrung gereicht, aber er stand davon ab, als er sah, von welchen Nöten sie gepackt war. Am Abend des 27. April, an welchem Tage sie die Wegzehrung empfangen hatte, ging er wieder hin, weil er befürchtete, sie könne sterben, bevor sie die Letzte Ölung empfangen hätte. Ihr Puls war noch schwächer geworden. Am Abend des 29. fand er sie noch mehr verfallen, bei noch größerer Atemnot und Schwäche, und er war völlig überzeugt, daß der Tod nahe wäre, und er spendete ihr, was auch Dr. Vagni für richtig hielt, die hl. Ölung. Er blieb mehrere Stunden bei ihr, sie drängte dann, daß er sich nicht noch länger bei ihr aufhalten lassen solle. Er warf sich angekleidet aufs Bett, um sofort, wenn er wieder gerufen würde, bei der Sterbenden zu sein. Am folgenden Tag mußte er eine andere Sterbende, wohl im Außenbezirke der Pfarrei, versehen, und er blieb bei ihr bis zum 4. Mai. In der Zwischenzeit wurde Anna Temperanza von dem Erzpriester Francini betreut. Am Abend des 5. Mai wurde er eilends zu dieser gerufen, da sie im Sterben läge. Puls war fast nicht festzustellen, die Kraftlosigkeit total, die Atemnot so schlimm, daß er glaubte, sie werde jeden Augenblick sterben. Nach Verrichtung der Sterbegebete bat sie einige Zeit später mit fast unhörbarer Stimme und mehr mit Zeichen, er möge gehen. Auch diese Nacht schlief er angekleidet. Als er dann die Totenglocke hörte, war er überzeugt, daß Anna Temperanza gestorben sei. Als er dann aber vernahm, die andere Frau sei gestorben, eilte er sofort hin, fand sie, wie sie ohne Stütze im Rücken auf dem Bette saß, mit heiterem Gesicht und natürlicher Farbe, mit kräftigem Puls und in jeder Beziehung vollkommen gesund.

Die Tochter Annuntiata Temperanza, 24 Jahre alt, bringt in ihrer langen Aussage nur Bestätigungen, kein neues Detail von Bedeutung. Die wichtigste Bestätigung ist: Als der Kaplan gegangen war, legte ich mich ins Bett zu meiner Mutter, wie ich gewohnt war. Obwohl ich mich in größter Sorge befand, weil ich sah, daß die Kranke an den äußersten Lebensrand gebracht war, da sie sozusagen nicht mehr Atem genug hatte, um zu sprechen, so bin ich doch, da ich in den vorausgegangenen Nächten zu wenig geschlafen hatte, sofort eingeschlafen. Nach einiger Zeit wurde ich von ihr aus dem Schlaf gerüttelt. Sie sagte mir, ich solle zufühlen, ob das frühere Aufgeschwollensein verschwunden sei, wie ich in der Tat durch Tasten erkannte, da das Licht nicht mehr brannte. Bei Tagesanbruch stand ich auf, ging aufs Land, um Holz zu holen, und als ich zurückkam, fand ich meine Mutter beim Herde sitzend. Sie war vollkommen gesund, die natürliche Farbe war in ihr Gesicht zurückgekehrt, das Auge fröhlich, und sie zeigte mir einige Spindeln mit Faden, die sie, wie sie sagte, selbst gesponnen hatte.

Frau Klara Samponi, eine Nachbarsfrau, 45 Jahre alt, war, als die Wegzehrung Frau Anna gebracht wurde, mit ins Haus getreten. Ihre Beschreibung des Zustandes der Kranken enthält nichts Neues. Als die Geheilte dann am Morgen nach der Heilung die Erscheinung des Kapuziners erzählte, „eilte ich, um mein Bild des ehrwürdigen Bruders Bernhard von Offida zu holen. Als ich es ihr zeigte, sagte die Geheilte mir, der Ordensmann, den sie in der Nacht ihrer wunderbaren Heilung gesehen habe, gleiche ganz und gar diesem Bilde des ehrwürdigen Bruders Bernhard.“

Aus: Wilhelm Schamoni, Wunder sind Tatsachen. Eine Dokumentation aus Heiligsprechungsakten, 2. Auflage, Würzburg/Stein am Rhein/Linz 1976, S. 154-159. Abdruck je einzelner Dokumentationen bei Quellenangabe gestattet.
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