M.RAPHAEL
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Die soziale Volkskirche und die mystische Kirche

Was erwartet der normale Katholik von seiner Kirche? Er sucht Gemeinschaft, soziale Anerkennung, Lebensphasen Strukturierung (Taufe, Kommunion, Hochzeit, Beerdigung, etc.), Geborgenheit, Bestätigung, Lob der Mitmenschlichkeit und der Rücksicht, Sinnstiftung, unbedingte Bejahung der irdischen Existenz und, vor allem, Schwammherzigkeit. Alles ist gut. Alle kommen in den Himmel.

Früher, als das Leben noch hauptsächlich von Verzicht und Fremdbestimmung geprägt war, sollte die Kirche diese negativen Erfahrungen dem Katholik durch Verweis auf den Herrn, die Märtyrer und die leidenden Heiligen, die alle freiwillig aus Liebe das entsprechende Leid auf sich genommen hatten, positiv umdeuten. Damals erwartete er von der Kirche die Botschaft der Schönheit der Busse und der Sühne, des Leidens aus Liebe. Heute versteht er das nicht mehr. Er lebt in einer veränderten Welt, die bestimmt ist vom Glauben, dass er alles erreichen kann, wenn er nur möchte. Heute zählt Selbstverwirklichung. Wenn er leiden muss, hat er sich nicht genug angestrengt. Fremdbestimmung gibt es eigentlich nicht mehr. Sühne und Busse haben so ihren Sinn verloren. Entsprechende Botschaften der Kirche will er nicht mehr hören. Die Notwendigkeit der Selbstaufopferung oder des Verzichts kann er nicht mehr nachvollziehen. Im Gegenteil, der Verzicht macht arm und unglücklich, nur die Gier nach mehr bringt die Menschheit und ihn selbst weiter. In der Kirche will er mit seinem Willen bejaht werden und gemeinschaftlich feiern. Für das heilige Messopfer hat er kein Verständnis mehr.

Das hat die Kirche im 20. Jahrhundert erkannt. Das Vat.2 Konzil war die Antwort, um weiterhin soziale Volkskirche für diesen modernen Menschen sein zu können. Im Prinzip hatte sie sich damit für die Unterwerfung unter den Volksgeschmack entschieden. Anstatt die traditionelle Lehre der Demut und der Selbsthingabe verpflichtend weiterhin vorzuschreiben, wollte sie mit dieser „menschenfreundlichen“ Wende dem sich stets wandelnden Bedarf des Volkes entsprechen.

In einem Artikel auf LifeSiteNews drückt Roche das so aus:

„….the Council had removed the notion of the Church as a “perfect society and a world power to be contended with,” and instead was viewed as “constantly open to reform and conversion.”“ ~ Das Konzil hat die Vorstellung von der Kirche als eine perfekte unwandelbare Körperschaft und eine militante Weltmacht abgeschafft und durch das Bild einer ständig zur reformierenden und zu verwandelnden Institution ersetzt.

lifesitenews.com/…rgy-as-head-of-the-congregation-for-divine-worship

Roche hat recht. Die Konzilskirche passt sich dem Volksgeschmack früher oder später IMMER an. Sie kennt ihren Boss. Kardinal Woelki aus Köln erlebt gerade, was es bedeutet, nicht sofort gefügig zu sein. Um nicht gelyncht zu werden, hat er zwischenzeitlich schon nachgegeben und die Theologin Carmen Breuckmann-Giertz zur Verantwortlichen in der Priester- und Diakonenausbildung ernannt. Taylor Marshall kommentiert das folgendermaßen:

youtube.com/watch?v=PBiMhsUOiYo

Selbst die Konzilskleriker, die der Überzeugung sind, dass sie noch irgendwie der traditionellen Lehre ansatzweise verpflichtet sind, geben früher oder später nach. Sie nennen immer den gleichen Grund: Einheit und Gemeinschaft. Das Volk darf nicht aufgegeben werden, sagen sie sich und erinnern sich gerne an die liebe heile katholische Welt der Vergangenheit, als Papst JP2 noch stärker zu sein schien als der moderne Mensch.

Um Glaubensinhalte geht es nie. Jede Argumentation ist sinnlos. Das wahre Ziel der Konzilskirche ist das Bewahren der volkskirchlichen Einheit, egal was. Man wehrt sich ein bisschen, wackelt mit dem Finger und gibt dann nach. Man erinnert an das Evangelium, man will neuevangelisieren, aber das bedeutet immer nur, sich an die gemeinsame Hintergrundgeschichte zu erinnern, die die Gemeinschaft zusammenhält. Am Ende aber zählt immer nur der Wille des Kirchenvolkes. Das bezeugt der NOM. Sie glauben, dass Gott „die lebendige Beziehung zwischen den Menschen“ ist.

Gerade weil die Konzilskleriker den Willen der Menschen tun, sind ihnen die Piusbrüder ein Dorn im Auge. Diese sind mutig und leben für die mystische Kirche. Sie wollen unbedingt den Willen Gottes tun. Für sie ist klar, dass sich der Mensch Gott unterwerfen muss. Damit zeigen sie den Konzilsklerikern deren Schwierigkeit mit dem Mut und der Bereitschaft zur Christusnachfolge. Die mögen das natürlich nicht. Es ist wirklich einfach.

Der fromme Katholik lebt in einer glücklichen Zeit. Er ist begnadet, die Wasserscheide zwischen der Volkskirche und der mystischen Kirche mitzuerleben und mitzugestalten. Leicht ist es nicht die Prinzipienlosigkeit zu erleben. Das Böse übt einen großen Druck gegen die Liebe in den Seelen aus. Hoffentlich wissen sie nicht was sie tun.
der Logos
Das Erste Vatikanische Konzil, Abbildung von ca. 1880.
Eva
Roche, "Das Konzil hat die Vorstellung von der Kirche als eine perfekte unwandelbare Körperschaft und eine militante Weltmacht abgeschafft und durch das Bild einer ständig zur reformierenden und zu verwandelnden Institution ersetzt"