[124] Das Leben Jesu nach den vier Evangelisten

5. Die Parabeln von dem verlornen Schafe, der verlornen Drachme und dem verlornen Sohne

(Luk. 15, 1-32)

Es näherten sich ihm aber die Zöllner und die Sünder, um ihn zu hören. Da murrten die Pharisäer und die Schriftlehrer und sagten: „Der nimmt Sünder auf und isst mit ihnen.“ Er aber sagte zu ihnen folgendes Gleichnis:

[ Der gute Hirt ]

„Wer von euch, der hundert Schafe hat und eins von ihnen verliert, lässt nicht die neunundneunzig in der Steppe und geht dem verlornen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, legt er es voll Freude auf seine Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und die Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Also wird Freude im Himmel sein über einen einzigen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

[ Gleichnis von der verlorenen Drachme ]

„Oder welche Frau, die zehn Drachmen besitzt, zündet nicht, wenn sie eine Drachme verliert, ein Licht an und kehrt das Haus und sucht genau nach, bis sie dieselbe gefunden hat? Und wenn sie dieselbe gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und die Nachbarinnen zusammen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte. Ebenso, sage ich euch, wird Freude bei den Engeln Gottes sein über einen einzigen Sünder, der Buße tut.“

[ Clark Kelly Price (*1945): Der verlorene Sohn ]

Er sprach ferner: „Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zum Vater: Vater, gib mir den Anteil des Vermögens, der mir zukommt. Da teilte er unter sie das Vermögen. Wenige Tage nachher packte der jüngere Sohn alles zusammen, zog fort in ein fernes Land und verschwendete daselbst sein Vermögen in einem zügellosen Leben. Nachdem er alles aufgezehrt hatte, entstand eine große Hungersnot in jenem Lande, und er fing an, Mangel zu leiden. Nun ging er hin und drängte sich einem Bürger jenes Landes auf. Dieser aber schickte ihn auf seinen Meierhof, die Schweine zu hüten. Und er hätte gern seinen Magen mit den Schötchen gefüllt, welche die Schweine fraßen, aber niemand gab sie ihm.

„Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner im Hause meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber gehe hier vor Hunger zu Grunde. Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt wider den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen; halte mich nur wie einen deiner Tagelöhner.

„Und er machte sich auf und ging zu seinem Vater. Als er noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und ward von Mitleid gerührt, und er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt wider den Himmel und vor dir; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen. Da sagte der Vater zu seinen Knechten: Geschwind bringt das beste Kleid und zieht es ihm an; gebt einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße; holt auch das gemästete Kalb und schlachtet es, und lasst uns essen und fröhlich sein; denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden. Und sie fingen an, ein Freuidenmahl zu halten.

„Sein älterer Sohn aber war auf dem Felde. Als er nun kam und sich dem Hause näherte, hörte er das Saitenspiel und den Tanz. Er rief nun einen der Knechte und fragte ihn, was das zu bedeuten habe. Der sagte zu ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiedererhalten hat. Da ward er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater kam nun heraus und fing an, ihn zu bitten. Er aber antwortete seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe niemals ein Gebot von dir übertreten; aber nie gabst du mir ein Böcklein, damit ich mit meinen Freunden ein Freudenmahl hielte. Nachdem aber dieser dein Sohn, der sein Vermögen mit Dirnen verprasst hat, zurückgekommen ist, hast du ihm das gemästete Kalb schlachten lassen. Er aber sprach zu ihm: Kind, du bist immer bei mir, und alles Meinige ist dein; aber ein Freudenmahl musste gehalten werden, denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, war verloren und ist wiedergefunden.“


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Guntherus de Thuringia
Guntherus de Thuringia
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