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Die Bibel nur "Fanliteratur"? - Precht und die historische Glaubwürdigkeit des NT. Es war im Sommer 2016, als der wortgewandte deutsche Philosoph Richard David Precht an einem Vortrag in der …Mehr
Die Bibel nur "Fanliteratur"? - Precht und die historische Glaubwürdigkeit des NT.

Es war im Sommer 2016, als der wortgewandte deutsche Philosoph Richard David Precht an einem Vortrag in der schweizerischen Stadt Olten die Bemerkung fallen liess, die Bibel sei "nur Fanliteratur" und könne als historische Quelle nicht ernst genommen werden. Es fehlte unter den Zuhörern ein mutiger Geist, der Prechts Skandalisierung mit Geistesgegenwart und Kompetenz widersprochen hätte. Es fehlte jemand, um am zeitgeistigen Philosophensockel zu rütteln und das flappsige Bibel-Bashing auf dem Boden gesicherter bibelwissenschaftlichen Fakten aufschlagen zu lassen.

Ganz unabhängig von dieser gegenwartstypischen Episode wäre etwas mehr Wissen um älteste Bibelhandschriften auch für Laien nützlich und zudem eine spannende Reise, die auch geistliche Gewinn verspriche. Den neugierigen Indiana Jones erwarten Begegnungen mit real existierenden und bestdokumentierten Objekten, denen die materialisierte Kraft jener Worte innewohnt, die Sonntag für Sonntag in der Liturgie verkündet werden.

Das obige Bild zeigt den Ryland-Papyrus 52, das auch als Johannesfragment bekannt und berühmt ist. Es stammt aus einem in Ägypten gefundenen Papyruscodex und misst nur gerade 8,9 × 5,8 cm. Aufbewahrt wird das fragile Objekt mit weiteren Papyri in der John Rylands Library in Manchester. Der griechische Text stammt aus dem Johannesevangelium. Die Vorderseite enthält Teile aus Joh 18,31–33, die Rückseite aus Joh 18,37–38. Das Objekt galt lange als das früheste bekannte Fragment eines kanonischen Textes des Neuen Testaments. Für die Zeit seiner Entstehung wurde etwa 125 n. Chr. ± 25 Jahre genannt.

Es ist bekannt, dass die meisten Katholiken ihre Bibel schlecht kennen. Oft sind ihnen Evangelikale dabei voraus. Das mag historische Gründe haben, entschuldigt den Umstand aber nicht. Ebenfalls wenig präsent ist die Tatsache, dass die neutestamentlichen Schriften unter allen bekannten antiken Texten eine historische Glaubwürdigkeit beanspruchen, die völlig einzigartig dasteht. Allein diese Tatsache könnte dazu beitragen, Fake-Oldies über das NT als Mythen- und Legendensammlung zu widerlegen und die Dankbarkeit für die Zuverlässigkeit der kirchlichen Überlieferung wieder ins Bewusstsein zu heben.

Konkrete Fragen wie "Sind die heutigen Bibeltexte identisch mit den ältesten Textfunden, und aus welcher Zeit stammen die ältesten solcher Funde?" oder "Gibt es nicht eine dunkle Zeit zwischen der Abfassung der Evangelien und dem Auftauchen erster originaler neutestamentlicher Texte, welche eine legendäre Überwucherung der Ereignisse in ihren Niederschriften begünstigt haben?" werden zwar in Glaubensgesprächen oft in den Raum gestellt aber zu selten umfassend beantwortet.

Gerade für Laien scheint eine übersichtliche Zusammenfassung einschlägiger Fragen und fundierter Antworten zu fehlen. Schon vor Jahren wurde ich auf der Suche nach einer solchen Quelle im Web fündig. Vor einigen Tagen habe ich die Seite voll Freude wiederentdeckt und möchte sie Euch weiterempfehlen. Sie beantwortet viele solcher Fragen, und zwar kurz gefasst und mit vielen aussagekräftigen Referenzen hinterlegt :
jesus-der-christus.info/histnt.htm

Welche Kreise hinter der Plattform stehen, konnte ich nicht ausfindig machen, vermutlich Christen evangelikaler Prägung. Unabhängig davon sind die Belege historisch fundiert, und was ich bis jetzt daraus gelesen habe, eignet sich auch gut als Basis auch für ein Glaubensgespräch mit kirchenfremden Menschen :
www.mc-rall.de

Hier eine weitere Plattform, wo man viele taugliche Unterlagen zu den wichtigsten neutestamentlichen Bibeltextfunden entdecken kann:
www.sakrileg-betrug.de/bibelfunde/

Gerade im Zeitalter von religionskritischen Fake-News erscheint es zentral zu erkennen, auf welcher gesicherter historischer Grundlage der Glaube an die Menschwerdung Gottes, das Selbstzeugnis Jesu Christi, die Auferstehungsberichte und die frühchristliche Verkündigung steht. Letztlich scheint dabei das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche auf, der dafür sorgte, dass die Verkündigungszeugnisse fleissig und textgetreu kopiert wurden. Dazu ein Zitat aus der oben erwähnten Website:

Der Kirchenvater Irenäus, Bischof von Lyon, ein Schüler des Polycarp, der seinerseits ein Schüler des Apostels Johannes war, geb. um 135 in Kleinasien, gest. um 202 schärfte allen denen, die das NT evt. abschreiben wollten ein: "Wenn du dieses Buch abschreiben willst, dann beschwöre ich dich bei unserem Herrn Jesus Christus und bei seiner glorreichen Wiederkunft, wann er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten, daß du deine Abschrift sorgfältig vergleichst und nach dieser Urschrift berichtigst, von der du sie abgeschrieben hast. Auch diese Beschwörung sollst du in gleicher Weise abschreiben und deinem Exemplar beigeben!"
Irenäus, in seinem Werk: 'Über die Achtzahl', in: Eusebius, Kirchengeschichte, V.20.6

Im obigen Zitat erkennen wir nicht nur den Willen der Christen, das Evangelium zu verbreiten, sondern beispielhaft auch die Autorität eines massgeblichen Hirten, welcher über die Texttreue beim Kopieren wachte.

Das alles ist vielen Christen kaum bekannt und bietet deshalb Potenzial, die Heilige Schrift von ihren Ursprüngen her wieder mehr schätzen und lieben zu lernen.

Hier als Video-Link ein Interview mit Prof. Kurt Aland, einem evangelischen Bibelwissenschaftler, der sich um die neutestamentliche Textforschung sehr verdient gemacht hat. Ab Zeitpunkt 12:20' beantwortet er vor dem Hintergrund seiner grossen Erfahrung eine kritische Frage zu den Grundlagen biblischer Textforschung, die heute in ähnlicher Art immer wieder zu hören ist. Seiner Antwort greife ich an dieser Stelle nicht vor.
Ursula Wegmann
Vor allem die Schriften, die zwischen 1947 und 1956 in Höhlen von Qumran nahe dem Toten Meer gefunden wurden, die ältesten erhaltenen biblischen Handschriften, die in der Zeit um Christi Geburt enstanden waren, geben Zeugnis. Sie stammen überwiegend von der geheimnisumwobenen jüdischen Sekte der Essener.