Das überkandidelte Christentum

Etymologisch, so kann man lesen, kommt das Wort überkandidelt gar nicht vom Kandis, einem Zucker - und doch passt übersüßlich oder etwas Süßes noch mit Zuckerguss zu überziehen ganz gut. Die Website Wortbedeutung führt aus, überkandidelt stehe umgangssprachlich für auf besondere Weise übertrieben. Man kann wohl verstehen, was gemeint ist.

Und das ist nötig. Denn das postmoderne Christentum übertreibt es einmal wieder: Alles so schön bunt hier, suche dir die die dir genehme Süßspeise aus ... alles ist bunt, süß und Wohlwollen, liegt bereit, hat bereit zu liegen. Wir verstehen dich doch, egal wie du bist: Du bist willkommen, egal wie du bist, alles ist möglich, alles. Jajaja, alles ist süßliche Liebe geworden, denen, die das strenge Wort Gottes überwunden haben. Dies jedenfalls irgendwie glauben, vielmehr so richtig fühlen, von glauben kann man wohl kaum noch sprechen. Bezahlt wird dann mit einer Währung, die es an den Himmelstoren nicht mehr gibt, denn dort werden die süßen Wechselkurse der Hölle nicht geführt.

Das Christentum ist durchaus immer etwas weltfremd, leichter (und doch leidensbereiter) gewesen. Es hat einen Hang zum Schwärmerischen, zum Entzücken, vor dem schon Paulus die Gemeinden warnte und der den Weibischen gar den Mund in der Versammlung verbot. Es war allerdings auch immer die römische Kirche, die - ganz eine katholische - das Christentum zu erden verstand und Schwarmgeister auf den Boden der Tatsachen zwang. Denn da landen die Überbegeisterten ohnehin; das weite Gewand der Kirche mildert den Aufprall nur, so wie das Sprungtuch der Feuerwehr es den aus irdischer Höhe Fallenden antut.

Selbst die Katharer, die als überaus hehres Ziel die größtmögliche Reinheit anstrebten, verurteilte die Kirche und ließ die Kirche wohl und vernünftig im Dorfe bleiben. Auch heute begegnet uns eine "Superchristlichkeit", die für alles (und nichts) Verständnis hat, ob es Sex oder jedwede Abarten sind, egal was, ob harmlos oder nicht. Es ist dasselbe korrekte Hochgefühl derer, die begeistert vom Vegetarischen zum Veganen sich emporschwingen und schon neue Höhen der Reinheit, der nichtverletzenden Speise - voller Rücksucht auf alles (und nichts). Hab ich Rücksucht geschrieben? Es ist wohl eine Sucht geworden, Rücksicht zu nehmen - auf alles und nichts. Denn es wird keine wirkliche Wahl mehr getroffen, keine Vernunft mehr walten gelassen: Allein das Gefühl, gerechtfertigt zu sein, weil man so sehr im Besonderen Rücksicht übt, das zählt.

Dies eben übertreibt. Das ist das überkandidelte Christentum. Es könnte falscher nicht liegen. Es ist wie verrückt geworden und man mag ihm zurufen: Zurück zur Natur, zurück zum Wort Gottes! Das Pendel der reinen Rationalität ist in sein Gegenteil umgeschwenkt. Doch wer hat bloß gesagt, dass man sich nach diesem Pendel richten soll? Die Musik spielt woanders, die himmlischen Chöre erklingen woanders. Die gute alte Vernunft, die gute alte Kirche - sie ist noch da, die Blendgranaten der Moderne haben sie gesprengt, doch ihre Splitter sammeln wir wieder auf. Herr, gib Du das Deine dazu, die ganzen Puzzlestücke wieder - in Deiner Vernunft - zusammen zu bekommen. Danke Herr, für Deinen Beistand im Heiligen Geist und Danke für Dein Wort. Du allein bist unsere Zuversicht.
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