Josefa Menendez
226

Arme Seele: dem Verkehrstod zum Opfer gefallen und auf seine Sterbestunde nicht vorbereitet

Das Kreuz an der Straße

Nach einer Operation war es Schwester Maria möglich, in den Wintermonaten 1970 einen Erholungsurlaub in Schwaben anzutreten. Das Kurheim stand völlig allein, von Wiesen und Wald umgeben, auf einer kleinen Anhöhe.

Unweit vor dem Fenster ihres Zimmers ging die Straße vorbei. Als sie am ersten Tag morgens zum Fenster hinaussah, bemerkte sie auf der anderen Straßenseite einen schwarz gekleideten Mann, der langsam in der Nähe eines Baumes hin und her ging. Schwester Maria dachte: "Warum steht er gerade meinem Fenster gegenüber und worauf wartet er?" Weit und breit war auf der dahinterliegenden Wiese kein Mensch zu sehen.

Als sie dann wieder dorthin schaute, war der Mann nicht mehr zu erblicken, sondern sie bemerkte an der Stelle, wo er sich aufgehalten hatte, ein kleines niedriges Steinkreuz am Boden. Am Nachmittag begab sie sich auf die andere Straßenseite und fand auf dem kleinen Gedenkstein die Inschrift eingemeißelt: "Hier verunglückte am 25. 11. 1939 J. L. von U."

Da erkannte Schwester Maria, daß es sich bei dem gesehenen, wartenden, schwarz gekleideten Mann um die Seele des an dieser Stelle tödlich Verunglückten handelte, die an ihren Todesort gebannt ist. Demnach befand sich der Verunglückte im Jahre 1970 bereits 31 Jahre im Fegefeuer.

Schwester Maria war sich ihrer Verantwortung bewußt, da ihr der Leidensort dieser Seele bekannt geworden war, und spendete ihm Weihwasser, gedachte seiner in ihren Gebeten vor dem Allerheiligsten und opferte die Heilige Messe und Heilige Kommunion für ihn auf. Sie vermutete, dass er zu den verlassenen Armen Seelen im Fegfeuer gehört, deren Angehörige und Freunde seiner nicht mehr gedenken. Aber durch Gottes Barmherzigkeit war sein Erscheinen am Sterbeort zugelassen worden, damit er so Hilfe von Lebenden erlange.

Wenn ein Mensch durch einen jähen, tödlichen Unfall plötzlich vor Gottes Gericht steht, wie ist er da vorbereitet? Im obigen Fall ist die Seele des Verunglückten gerettet, jedoch die Dauer seines Fegefeuers, sein Verweilen am Sterbeort, ist nicht bekannt.

Gedenken wir täglich in unseren Gebeten aller, die dem Verkehrstod zum Opfer fallen und auf ihre Sterbestunde nicht vorbereitet sind. Gedenken wir aller Verstorbenen, die ohne die heiligen Sakramente vor Gottes Angesicht treten mussten. "Vor einem jähen und unversehenen Tode bewahre uns, o Herr!"

Wieviele Menschen spielen heute gedankenlos und gleichgültig mit dem Tod auf der Straße! Sie rasen in ihre Todesstunde hinein und dann kommt die Reue zu spät. Das jähe Erwachen kommt nach dem plötzlichen Straßentod. Da und dort steht ein Kreuz an der Straße zur Erinnerung daran, daß von hier aus ein Mensch unvorbeteitet den Weg in die Ewigkeit antreten musste. -

kath-zdw.ch/maria/fegefeuer.html