Tina 13
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Lied der heiligen Hildegard von Bingen Jungfräuliche Gottesmutter O Reis, Diadem zum Purpur des Königs, verschlossen ruhst Du wie in einer Schutzwehr, Du grünst und blühst auf andere Weise als Adam,…Mehr
Lied der heiligen Hildegard von Bingen

Jungfräuliche Gottesmutter


O Reis, Diadem zum Purpur des Königs,

verschlossen ruhst Du wie in einer Schutzwehr,

Du grünst und blühst auf andere Weise

als Adam, der Vater des Menschengeschlechts.

Gegrüßet seist Du, gegrüßt!

Neues Leben entsprang Deinem Schoß,

da Adam des Lebens beraubte die Kinder.

O Blume, nicht Tau noch Regentropfen

haben Dich sprießen lassen;

auch wehte der Wind nicht über Dich hin,

sondern die göttliche Herrlichkeit

hat Dich am edelsten Reis gezeugt.

O Reis, Deine Blüte hat Gott

geschaut schon am ersten Schöpfungstage,

aus seinem Wort,

o lobwürd’ge Jungfrau

schuf er das goldene Urelement.

Wie stark ist die Seite des Mannes in ihrer Kraft!

Aus ihr erschuf Gott die Gestalt der Frau,

die er zum Spiegelbild seiner Schöpfung

und zur Umarmung der ganzen Schöpfung

gebildet.

Deshalb ertönen die himmlischen Harfen

und staunt darüber die ganze Erde,

wie sehr Dich doch Gott geliebt hat!

Sei gelobt, o Maria.

Ach, wie müsste man klagen und trauern,

dass das so traurige Vergehen

über die Frau kam durch Schlangenlist!

Zur Mutter aller von Gott bestimmt

verletzt‘ sie ihr Herz mit der Unkenntnis Wunde

und brachte den Nachkommen großes Leid.

Doch aus dem Schoß Dein, o Morgenrot,

ging die Sonne hervor,

welche die Sünden Evas tilgte

und noch mehr Segen durch Dich bewirkte,

als Eva den Menschen geschadet hatte.

Darum, o Retterin, die geboren

dem Menschengeschlecht das neue Licht,

sammle die Glieder Deines Sohnes

zu der himmlischen Harmonie!

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(entnommen aus: Gebete der heiligen Hildegard, An den Fenstern des Glaubens, Hrsg. von Walburga Storch OSB, Pattloch-Verlag, Augsburg 1991)
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