Predigt von Pfarrer Maximilian Pühringer zum 2. Sonntag nach Weihnachten

Predigt Zweiter Sonntag nach Weihnachten, 2.1.2022
Perikopen: Sir 24,1-2.8-12 Joh 1,1-18
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt,“ bringt der Prolog des heiligen Johannes das Weihnachtsgeschehen in seiner theologischen Sprache noch einmal zum Ausdruck. Im Engel des Herrn beten wir denselben Satz. „…hat unter uns gewohnt.“ Ein aufmerksamer Beter fragte einmal im Blick auf die vergangenheitsform „hat unter uns gewohnt…wohnt er den heute nicht mehr unter uns?“ Dass Gott Mensch geworden ist, dass er unter uns gewohnt hat, ist nicht Vergangenheit. Er ist immer unter uns, er ist da, er schaut uns an. Wir sehen immer noch das Kind in der Krippe. Es schaut uns mit den Augen des Kindes an, mit den noch nicht ganz offenen Augen des Kindes. Gott schaut auf die Welt, er schaut auf den Menschen. Vor diesem Hintergrund möchte ich heute einmal über drei Blicke Jesu, wie sie uns die Evangelien schildern, und über die der Vorarlberger Bischof Benno Elbs meditiert hat, nachdenken. Erstens: Der Blick Jesu zum Vater. Ganz am Anfang, bei der Taufe im Jordan, wir werden das nächsten Sonntag hören, schaut Jesus zum Vater. Der Himmel ist offen. Der Blick zum Vater ist frei und dieser sagt ihm: „Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ Der erste Blick Jesu gilt Gott, seinem Vater. Er lebt im göttlichen Sohnesbewusstsein. Entscheidend für Jesus ist es mit dem Vater verbunden zu sein. In Jesus dürfen wir den Vater sehen, wie es Christus einmal selber sagte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Das ist das Entscheidendste, wenn wir Weihnachten feiern, dass unser Blick auf Gott gerichtet bleibt. Dass wir spüren seine Kinder zu sein. Ich bin Kind Gottes. Was heißt das? In einem ersten Schritt muss ich mir sagen, nicht viel, eigentlich fast nichts. Was war ein Kind zurzeit Jesu, was ist ein Kind oft heute? Nicht viel! Aber, und das ist wesentlich, in einem zweiten Schritt werfen ich dieses Nichts, dieses wenige, dieses oft so Erbärmliche meines Kindseins hinein in das Alles der Liebe Gottes. So wird Gott mein Lebensatem. Zweitens: Der Blick Jesu auf die Jünger. Am Anfang des Wirkens Jesu steht der Blick auf seine Jünger. Er schaut die Jünger an und beruft sie in seine Nachfolge. Und er sagt dann zu ihnen am Ufer des Sees: „Kommt her und folgt mir nach, ich werde euch zu Menschenfischern machen.“ Weihnachten ist nicht ein Kurzausflug Gottes auf die Erde. Nein, Gott lässt sich auf diese Welt ein, da er den Traum einer besseren Welt hat, und er diese Welt verwandeln will, von innen her neu machen will. Und das tut er immer mit und durch uns Menschen. Er bezieht uns ein, deshalb wirft er den Blick der Berufung auf die Menschen. Das stellt uns vor wesentliche Fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist Sinn meines Lebens in dieser Welt? Wozu hat er mich geschaffen und was möchte er in der Welt durch mich schaffen? Weihnachten bedeutet, dass ich über meine Berufung nachdenke. Dieses Kind fragt mich: Möchtest du mein Mitarbeiter, meine Mitarbeiterin sein? Drittens: Der Blick in die Gesichter der Leidenden. Wie viele Kranke, Leidende, Besessene, Sünder hat der Herr gesehen, ja nicht bloß äußerlich gesehen, sondern angeschaut mit dem Blick der Liebe und des Erbarmens. Heute, wie damals, blickt der Herr auf eine Welt in der viel im Argen liegt, in der sich noch viel Unerlöstes findet. Wieviel äußere und noch wieviel mehr innere Not, sehen wir in den Gesichtern der Menschen. Für uns heißt das: Wo können wir den Blick Jesu nachahmen, auf das Unerlöste schauen, und darauf reagieren? Wo kann ich persönlich mich einbringen durch den Blick der Menschlichkeit, durch eine ausgestreckte Hand, durch ein gutes Wort. Wenn wir schon sonst nichts zu geben haben, ein gutes Wort haben wir wohl immer.
Liebe Brüder und Schwestern!
„Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Es wohnt noch immer unter uns. Er schaut uns an. Er blickt zum Vater, er blickt zu den Jüngern er blickt auf die Leidenden. Wir dürfen Jesu Blicke zu unserem Blicke machen, so geht die Sache Jesu, die in seiner Menschwerdung begonnen hat, weiter. Amen.