Altarraum der Anima restauriert: «Bloß weg mit dem Grau»

(gloria.tv/ KNA) «Wow!» und «Ah!»; überraschte Ausrufe erklingen, als eine kleine Touristengruppe durch die Kirchentür in das römische Gotteshaus hineinspäht. Von Agathe Lukassek (KNA).

Während Restauratorinnen im Licht von Neonröhren sich geschäftig auf Italienisch Anweisungen zurufen, glänzt über ihnen das mit Strahlern beleuchtete Apsisgewölbe bereits in Gold und Weiß. Seit Ende Mai war der Altarraum der Kirche der deutschsprachigen Gemeinde in Rom, Santa Maria dell'Anima, von einem Baugerüst dominiert. Am Sonntag wird das Ergebnis der Restaurierung bei einem feierlichen Gottesdienst präsentiert.
«Bloß weg mit dem Grau», war die Devise der Restaurierungsarbeiten laut Franz Xaver Brandmayr, Rektor des «Collegio Teutonico di Santa Maria dell'Anima» und Pfarrer der Gemeinde. Als in der Kirche die hellen Flächen aus Marmor und Kunstmarmor mit der Zeit dunkler geworden waren, hatte man die Putten, die das Altarbild von Giulio Romano (1499-1546) umrahmende Ädikula und ganze Marmorstatuen grau übermalt, erzählt er. «Dabei schafften die Restauratoren es, jedes Mal ein noch grässlicheres Grau zu verwenden.» Brandmayr zeigt auf die Seite links vom Altarraum, den Eingang zur Sakristei und in den
Innenhof: meterweise dunkelgraue Flächen rund um die Gedenktafeln prominenter deutscher Pilger und Kaufleute. Diesem Teil der Kirche steht die Restaurierung als nächstes bevor.

Finanziert wird das Ganze von der Stiftung der mehr als 600 Jahre alten Einrichtung. 1390 hatte das Ehepaar Johannes und Katharina Peters aus Dordrecht in den heutigen Niederlanden das Pilgerhospiz der Anima gegründet, das später hinzugekommene Priesterkolleg nimmt bis heute Geistliche aus den Gebieten des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation für weiterführende Studien auf.
Wie in jeder deutschsprachigen Kirchengemeinde gibt es Kommunion- und Firmunterricht für die Kinder und Jugendlichen der Deutschen Schule sowie Ministranten, Mädchen und Jungen.

Das wohl berühmteste Kunstwerk im restaurierten Altarraum ist das Grabmal des letzten «deutschen» Papstes vor Benedikt XVI., Hadrian VI. (1522-1523), auf dem sein unglückliches Pontifikat nachgezeichnet wird. Ein Marmorrelief zeigt den Einzug des in Abwesenheit zum Papst gewählten Utrechters in Rom und deutet auf die Passion Christi hin. Darüber ist Hadrian VI. auf einem Sarkophag liegend dargestellt: den Kopf mit der schweren Tiara auf eine Hand gestützt, erschöpfte Gesichtszüge, geschlossene Augen. Der kurienunerfahrene ausländische Papst, dessen Reformmaßnahmen auf Widerstand stießen, sei an Entkräftung gestorben, heißt es.

Eine Überraschung bei der Restauration war die Qualität der beiden großen Marien-Fresken von Lodovico Stern (1709-1777) rechts und links oberhalb des Wandaufbaus um das Altarbild. Diese seien so schmutzig gewesen, dass er in den Kirchenführer habe schauen müssen, um zu wissen, auf welcher Seite die Geburt Mariens und auf welcher ihr Tod dargestellt sei, sagt Brandmayr. Der 56-jährige Pfarrer aus Oberösterreich zeigt sich begeistert von der Farbenpracht der bislang wenig beachteten Bilder. Eine Restauratorin, die mit feinstem Pinsel Farbtupfer auf die Wand trägt, schwärmt: «Eine Detailfreude und Genauigkeit, die bei auf dieser Höhe angebrachten Fresken absolut unüblich ist.»

Den Blick auf die beiden Fresken wird die Frau noch lange genießen können, denn die Aufträge der «Anima» für die kleine italienische Firma mit den acht Restauratorinnen dauern noch eine Weile an: Bis Mitte 2014 soll Stück für Stück die gesamte Kirche gesäubert, erneuert und dadurch heller werden. Die eben erst abgebauten Gerüste warten im linken Seitenschiff auf ihren nächsten Einsatz ab Ende Januar. Brandmayr hofft, bis dahin einen modernen Künstler für die Gestaltung des hintersten Teils des Gotteshauses zu finden.