Kardinal Lehmann warnt vor gebetsmühlenartiger Wiederholung von Schuld am Missbrauchsskandal
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Die gesamte Gesellschaft solle zudem den «zigtausend Kindern und Jugendlichen» beistehen, die in Familien, im Bekanntenkreis, Schulen oder Institutionen Opfer von sexuellem Missbrauch würden. Erneut warb der Erzbischof für den von der Bischofskonferenz angestoßenen Dialogprozess.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx betonte, die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle werde die Kirche weiter beschäftigen. «Wir müssen unsere Hausaufgaben machen», sagte er im Liebfrauendom. Die kirchlichen Einrichtungen und Schulen müssten wieder zu einem Ort werden, wo Heranwachsende stark gemacht würden und Jesus kennenlernten, so Marx. Zugleich verwahrte er sich gegen einen Generalverdacht gegen Priester.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann warnte vor einem «ewigen Jammern» über verlorenes Vertrauen und einer «gebetsmühlenartigen Wiederholung» von Schuld wegen des Missbrauchsskandals. Nach seiner Einschätzung hat die Kirche «genug und genügend klar» zum Ausdruck gebracht, dass sie über die Vorfälle sehr erschrocken sei. Eine Inflation der Schuldbekenntnisse mache die Kirche «am Ende bei wichtigen Partnern und Instanzen lächerlich».
Der Kölner Kardinal Joachim Meisner bezeichnete 2010 als «annus terribilis», als Jahr des Schreckens für die Kirche. Zugleich sei es aber auch ein Jahr der Gnade gewesen: «Wenn aus einem Körper die Krankheitsherde entfernt werden, dann entsteht die Chance zu einer baldigen Genesung und zu einem Erstarken der Vitalität», so der Kardinal im Kölner Dom.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann geht für 2011 von einem «epochalen Umbruch der sozialen Gestalt der Kirche» in Deutschland aus. Mit Blick auf den Missbrauchsskandal sprach er von «gewichtigen Hausaufgaben». Dazu zähle die Frage materieller Anerkennung und anderer Hilfen für die Betroffenen. Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff bat zum Jahresende erneut um Verzeihung für die Missbrauchsfälle. Die schweren Verfehlungen seien ein schmerzlicher Kontrast zur Frohen Botschaft. Fuldas Bischof Heinz Josef Algermissen bewertete die Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen als Verdunkelung des Evangeliums.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte, 2011 solle ein «Jahr der Teilhabe am Leben der Kirche» werden. Es brauche eine Erneuerung, nicht damit die Kirche wieder stark, sondern damit die Welt gerettet werde. Auch der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, appellierte an die Gläubigen, einen hoffnungsvollen Aufbruch zu wagen. Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann mahnte «Mut und Entschiedenheit» der katholischen Kirche an.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sagte, es werde viel Zeit und Kraft brauchen, «neue Glaubwürdigkeit und neues Vertrauen zu gewinnen». Nach Ansicht des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck stellte das Jahr 2010 die Kirche auf den Prüfstand. «Wo Vertrauen missbraucht wird, da schwindet nicht nur der Glaube, sondern auch ein fundamentales Vertrauen in fast alle, die die Kirche bezeugen und einen Auftrag in ihr haben», so der Ruhrbischof.
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker ermunterte die Menschen, «gegen den selbst auferlegten Leistungs- und Perfektionszwang» der Gegenwart zu arbeiten. Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle ging auf die zunehmende Verfolgung religiöser Gruppen in vielen Ländern der Erde ein. Das Thema Christenverfolgung spiele in Deutschland «eine ziemlich untergeordnete Rolle», kritisierte er. Ähnlich äußerte sich der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky. Er beklagte, dass weltweit gegenwärtig vor allem Christen Opfer von religiös motivierten Verfolgungen würden.
Der Bischof von Münster, Felix Genn, warnte vor einer Freigabe von Gentests an Embryonen in der Präimplantationsdiagnostik (PID). «Ohne die Not von Eltern gering zu schätzen, die sich ein Kind wünschen, kann die PID nicht der Weg sein, weil dadurch ein Dammbruch entsteht, der nicht aufgehalten werden kann», sagte Genn in Münster.
Auch der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst sprach das Thema PID an. Beim Lebensschutz dürfe es keine Kompromisse auf Kosten des Lebens der Kinder geben, so Tebartz-van Elst in einem Interview der Mainzer «Allgemeinen Zeitung» (Freitag). Er verteidigte Kardinal Meisner, der PID mit dem Bethlehemer Kindermord des Herodes verglichen hatte und dafür kritisiert worden war. Der Erfurter Bischof Joachim Wanke rief in einem Neujahrswort zu einer stärkeren Familienförderung auf.
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