Guntherus de Thuringia
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[RKT #2] Das Festhalten am überlieferten Ritus ist unfehlbar definiert

Von Paul L. Kramer

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE

Seit der Einführung des neuen Meßritus in die Liturgie der Katholischen Kirche durch Papst Paul VI. sind Katholiken, welche die Legitimität des Novus Ordo ablehnen, Gegenstand von Spott, Verachtung und Verurteilung durch die kirchlichen Autoritäten und derjenigen, die dem Diktat blind folgen. Man behauptet, Traditionalisten wären rebellisch, ungehorsam und blind ergeben den überholten Formen der Verehrung, die durch neue, zeitgemäße, von den legitimierten Hirten der Kirche befohlene und eingeführte Formen ersetzt wurden.

Selbst jetzt [1997], wo die offiziell erlaubten Ecclesia Dei "Indult-Messen" weit verbreitet zelebriert werden, verbleibt die Spaltung in der Kirche, da die Traditionalisten der Hierarchie nicht mehr vertrauen. Seit mehr als dreißig Jahren werden traditionalistische Katholiken von der Hierarchie als Schismatiker und Fanatiker bezeichnet; und ihre Treue gegenüber der traditionellen "von der Kirche angenommenen und genehmigten Ordnung der Liturgie" (Pius VI., Auctorem Fidei 33) wurde – in den Worten des verstorbenen und berüchtigten Kardinal Villot – als "mit wirklicher Treue gegenüber der Kirche unvereinbar" bezeichnet.

Die nationalen Hierarchien und die römische Kurie haben sich – trotz ihrer Dialogsucht – in völliger Unnachgiebigkeit und Intoleranz geweigert, mit traditionellen Katholiken, die den Novus Ordo aus Gewissensgründen ablehnen, in den Dialog zu treten. Diese Gewissensgründe der Katholiken sind jedoch nicht nur theologisch gut fundiert, sondern haben ihr Fundament in den feierlichen dogmatischen Definitionen des außerordentlichen kirchlichen Lehramtes.

Das Tridentinische Glaubensbekenntnis Pius IV. (Iniunctum Nobis, DS 1864) schreibt vor, an den "erhaltenen und approbierten Riten der katholischen Kirche für die feierliche Sakramentenspendung" festzuhalten. Diese "erhaltenen und approbierten" Riten sind die durch Gewohnheitsrecht festgelegten Riten, weswegen sie das Konzil von Trient als die "erhaltenen und approbierten Riten der katholischen Kirche, gewohnheitsmäßig in der feierlichen Sakramentenspendung gebraucht," bezeichnet (7. Sitzung, c.13, DS 1613). Das Festhalten an den gewohnten, überlieferten und approbierten Riten ist unfehlbar definiert: Das Konzil von Florenz definierte, daß "Priester den Leib des Herrn vergegenwärtigen müssen, ein jeder nach dem Gewohnheitsrecht seiner Kirche" (Decretum pro Graecis, DS 1303), und daher verurteilte das Konzil von Trient auch feierlich die These, daß die erhaltenen und approbierten, gewohnheitsmäßig in der Sakramentenspendung gebrauchten "von irgendwelchen Hirten der (Orts-) Kirchen in irgendwelche neuen Riten umgewandelt werden können" (7. Sitzung, c.13, DS 1613). Auf dieser soliden Lehrgrundlage beruhend, verurteilte Papst Pius VI. den Gedanken, daß man die Grundsätze der Ordnung der Liturgie vergessen könnte, "durch Zurückführung derselben zu einer größeren Einfachheit der Riten, durch Erklärung derselben in der Volkssprache, sowie durch Vortragen mit lauter Stimme, als wenn die herrschende, von der Kirche angenommene und genehmigte Ordnung der Liturgie irgendwie aus dem Vergessen der Grundsätze hervorgegangen wäre, durch welche sie geregelt werden soll, als verwegen, fromme Ohren verletzend, die Kirche schmähend, die Lästerungen der Häretiker gegen sie begünstigend" (Auctorem Fidei, 33).

Unglaublicherweise tat Paul VI. genau das, was Pius VI. verurteilt hatte: Er ernannte eine Kurienkommission, die die verehrungswürdige römische Liturgie umstrukturierte in etwas, was Paul VI. selbst als "neuen Meßritus" bezeichnete (19. Nov. 1969). Da diese, von Paul VI. eingeführte liturgische Reform angeblich aufgrund der Anweisungen der Liturgiekommission des Zweiten Vatikanums durchgeführt wurde, haben die nachkonziliaren Päpste und die Hierarchie diese Reform ständig als legitim bezeichnet. Sie haben bislang noch nicht verstanden (da sich ihr Verstand dem Problem verschließt), daß die vom Zweiten Vatikanum geforderte Vereinfachung und Umstrukturierung der Riten nicht nur eben jenes Prinzip, das das Konzil für die Veränderung angewandt wissen wollte, sondern auch die feierlichsten dogmatischen Entscheidungen des unfehlbaren Lehramtes verletzten.

Unglücklicherweise weigern sich die Hierarchen der nachkonziliaren Kirche kategorisch, diese Einwände zu überdenken; sie erkennen nicht einmal die Existenz gültiger doktrinärer Widerlegungen der neuen Liturgie an. Dies zu tun hieße nämlich zuzugeben, sie (oder – schlimmer noch – das Zweite Vatikanische Konzil) könnten unrecht haben. Und damit haben sie, in ihrer strikten Weigerung, die Argumente der Traditionalisten anzuhören oder zu überdenken, eine tiefe und bittere Spaltung in der Kirche verursacht.

Die Hierarchen der "Konzilskirche" haben sich selbst zu Anklägern und Richtern aufgeschwungen – sie maßen sich an, über die Traditionalisten zu richten, sie des Ungehorsams, der Untreue und sogar des Schismas anzuklagen, während sie den Angeklagten die Anhörung verweigern. In unglaublicher Blindheit und Intoleranz haben die "Konzils"päpste und -hierarchie die doktrinären Einwände der Traditionalisten mit völligem und undurchdringlichem Schweigen beantwortet, während sie es vorziehen, die Person des Traditionalisten zu verdammen und intellektuell unredliche Attacken gegten die Position der Traditionalisten zu veröffentlichen.*

Einer der ersten und sicherlich der sichtbarste unter all den Verweigerern des Novus Ordo war der verstorbene Erzbischof Marcel Lefebvre. Die Weigerung des Vatikans, ihm eine Anhörung, die ihm gemäß Kirchenrecht zustand, zu gewähren, ist typisch für die dauernde Politik der nachkonziliaren Kirche, jeglichen Weg des Einspruchs und Rekurses einem jeden, der sich weigert, die nachkonziliaren Reformen anzunehmen, zu blockieren.

Lefebvre war nicht der Erste und sicherlich nicht der Letzte, der die nachkonziliaren Reformen als dem Glauben entgegenstehend ablehnte. Wenn seine Position theologisch korrekt war, dann folgt daraus, daß nicht nur seine Vorgangsweise moralisch korrekt war, sondern auch, daß alle, die sich weigern, die Veränderungen in der nachkonziliaren Kirche anzunehmen, auf gleiche Weise gerechtfertigt sind, wenn sie die neue Kirche ablehnen und an der Tradition festhalten.

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Ich habe mein wichtigstes Werk, die theologische Rechtfertigung, gründlich verbessert. In dieser Schrift beweise ich mit Hilfe der Dokumente des unfehlbaren Lehramtes theologisch, daß der Novus Ordo Missae göttlichem Recht widerspricht. [...]

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Es ist meine Hoffnung, daß dieses Buch eine Hilfe sein wird, um den längst fälligen Dialog mit den Hierarchen der "Konzilskirche" zu erwirken, damit dieselben ihr Gewissen überprüfen und zu den Traditionen zurückkehren, die aufrechtzuerhalten sie geschworen haben.

P. Paul L. Kramer, Mag. Theol.

Terryville, Connecticut, USA, 20. April 1997,
17. Jahrestag der Priesterweihe

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Quelle:
Paul L. Kramer, Theologische Rechtfertigung des Festhaltens an der römisch-katholischen Tradition, (c) by REX REGUM VERLAG A-Jaidhof 1999, S. 11-15. - Titel des Originals: A Theological Vindication of Roman Catholic Traditionalism Ins Deutsche übertragen von H.H.Dr. Gregorius D. Hesse

Theologische Rechtfertigung des Festhaltens an der römisch-katholischen Tradition---sarto,de