M.RAPHAEL
1793

Judas und der Bahnhof

Die Modernisten in der Kirche rekurrieren immer wieder auf die sog. historische Wahrheit, um die heutige Gier und den Hochmut der linksliberalen Gläubigen zu verteidigen. Motto: So war das gar nicht. Ein Wolfgang Treitler hat das jetzt wieder in Bezug auf den Verräter Judas getan:

Judas: Ein Verräter, der keiner war (ODER DOCH?)

Einer der großen Fehler, die dabei oft gemacht werden, ist eine Verwechslung zwischen Ursache und Gleichzeitigkeit in der direkten Beobachtung. An Hand eines Bahnhof kann das gut erläutert werden: Nehmen wir an, ein Außerirdischer steht auf einer Brücke über einem Bahnsteig. Auf einmal beobachtet er viele Menschen, die auf den vorher leeren Bahnsteig kommen. Dann fährt ein Zug ein, in den dann die vielen Menschen einsteigen. Der Zug fährt ab. Der Bahnsteig ist wieder leer. Das beobachtet er öfters. Darauf hin schließt er, dass die Ankunft der vielen Menschen auf dem Bahnsteig die Ursache dafür ist, dass der Zug kommt. Das ist natürlich ein falscher Schluss. Der Zug würde auch kommen, wenn keine Menschen auf dem Bahnsteig wären und umgekehrt bedeuten viele Menschen auf dem Bahnsteig nicht, dass jederzeit ein Zug kommt. Der Außerirdische versteht nicht die wahre Ursache hinter dem Geschehen, nämlich, dass es einen Fahrplan gibt, der den Ablauf am Bahnsteig koordiniert. Außerdem müsste er dafür an den Gehorsam gegenüber dem Fahrplan glauben. Das wiederum verlangt Vertrauen und Unterwerfung unter den Willen der anderen, hier der Bahnverantwortlichen.

Der Modernist, der an keine übergeordnete Autorität oder Wahrheit (Fahrplan) mehr glauben will, ersetzt diese durch eine direkt messbare und einfache Kausalität. Diese glaubt er mit Hilfe eines historisch kritischen Ansatzes gewinnen zu können. Er nimmt eine Art metaphysischer Beobachterposition aus der Zukunft ein, für die er eine historische Faktengeschichte postuliert, eine „so war es wirklich“ Vorstellung, die ohne Glauben und religiöse Wunschvorstellungen auskommen möchte.

Wie gesagt, das tut er, weil er nicht an eine höhere und unsichtbare Welt, die ausreichend und vollkommen die menschliche Existenz in ihrer wahren Geschichte deutet und kausal zusammenbringt, glauben will. Diese wahre Geschichte ist natürlich die Heilige Schrift und ihre verbindliche Deutung durch die katholische Tradition.

Die kalten und gottlosen Geschichtswissenschaften basieren auf dem Axiom der Neuzeit, dass es keinen Gott gibt. Die Menschen, die an diese Geschichtsinterpretation glauben wollen, tun das, weil sie die Macht und die Kontrolle der Liebe vorziehen. Sie wollen eine tote Welt des Zwangs. Sie wollen sich nicht hingeben und aufopfern. Dabei sind sie nicht konsequent. Wenn sie sich zum Beispiel einen Film ansehen, sind sie nur allzu gerne bereit, ihre Ungläubigkeit auszusetzen, sonst könnten sie ihn überhaupt nicht verstehen. Das gilt für die gesamte Kunst. Nur wenn man an es glaubt, kann man einem Kunstwerk überhaupt näherkommen. Aber für Gott und Seine Liebesgeschichte tun sie das nicht. Da wird kritisiert bis der Satan kommt. Da wollen sie gar nichts als wahr akzeptieren.

War jemand von uns vor 2000 Jahren auf der Erde? Hat es eine ungedeutete Erde überhaupt je gegeben? Ist das Universum eine tote Maschine? Können wir es überhaupt jemals vollständig verstehen? Gibt es eine Faktenrealität, die bewiesen werden kann und damit dem Glauben gegenübersteht? Muss nicht die Existenz selbst geglaubt werden (Skeptizismus, Solipsismus)? Sind Welt- und Wertevorstellungen nicht immer schon apriorisch vor jeder Erfahrung und Interpretation? Was ist mit dem Kollaps der Wellenfunktion durch den Beobachter in der Quantenmechanik? Kann eine Wissenschaft metaphysische Realitätsansprüche erheben, wenn sie diese ausdrücklich ablehnt und den Faktor des Bewusstseins aus ihren Welterklärungen ausklammert? Was ist mit der Frage der Hermeneutik? Alles vergessen, wenn man Wunscherklärungen aus dem Hut zaubern möchte!!!

Die aggressiven Araber sind schuld am Antisemitismus (Zu den Semiten zählen die Amharen, Tigrinya, Araber, Hyksos, Malteser, Minäer, Sabäer, Amoriter, Ammoniter, Akkader/Babylonier/Assyrer/Aramäer, Hebräer, Kanaaniter, Moabiter, Nabatäer, Phönizier und Samaritaner). Das ist mal eine interpretationsfreie Aussage im Sinne der Modernisten. Allein die Bibel kennt die Nachkommen Sems (sic!). Deshalb ist der Antisemitismus Gotteshass. Das hat mit Judas nichts zu tun.

Judas hat Gott vorsätzlich verraten, weil er hochmütig war und etwas anderes wollte als Gott. Wenn Treitler dafür Verständnis hat, zeigt das, wie sehr der fordernde Hochmut das Denken der Konzilskirche mittlerweile schon zersetzt hat. Wir haben nicht zu fordern. Wir haben uns hinzugeben und aufzuopfern. Das hat Petrus verstanden, selbst wenn er Gott aus Furcht verleugnet hat. Er wollte das nicht. Er hat bereut und sich später für Ihn selbst kreuzigen lassen.

Wenn es Judas und seinen Kuss nicht gegeben hätte, wäre der Herr dennoch am Kreuz gestorben. Die Ursache, der tiefe Grund war die Erlösung des Menschen von der Sündhaftigkeit und seine Versöhnung mit Gott. Es war nicht Judas. Er war „nur“ ein gleichzeitiges Symptom. Er steht für die menschliche Bosheit, für den Verrat an der Liebe. Er war kein für die Verdammung prädestiniertes Opfer. Er war Täter, der im Prinzip in allen Menschen schlummert. Auch die Konzilskirche ist heute dem Judas schon gefährlich nahe. Um das zu erkennen, muss man aber an den großen Fahrplan der Liebe glauben. „Achtung, Achtung auf Bahnsteig 1. Der Zug in den Himmel fährt ein.“
Petros Patrikios
Sehr gut! Wirklich.