Copertino
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JOSEPH KARDINAL SIRI: DIE WAHNVORSTELLUNG DER TOTALEN INFORMATION

Die "totale Information" ist zu allen Zeiten eine Wahnvorstellung gewesen und wird immer eine solche bleiben, die es einem erlaubt, sich unaufhörlich auf ein Ziel, das sich ständig verlagert und entfernt, hinzubewegen, also ohne eine innere Verpflichtung gegenüber einer absoluten, unwiderlegbaren und transzendenten Wahrheit.

Denn man kann sich in einer solchen Bewegung auf ein irreales Ziel hin gefallen, das Trugbild ist nicht an einem fernen Horizont, sondern im Menschen. Das Fehlen fundamentaler, gelebter Kriterien ist es, das entweder die Wahnidee der "totalen Information" oder einen bewussten oder unbewussten, zugegebenen oder geheimen "selbstzufriedenen Agnostizismus" erzeugen kann.

Die Gewandtheit im Umgang mit dem Wort erlaubt es dem Menschen, eine solche Feststellung zu bestreiten. Das hindert jedoch nicht an der aktiven, schwärmerischen Bewegung auf die Wahnvorstellung "totaler Information" hin. (...)

Und in diesem Fall kann man Informationen und neue Kriterien bis ins Unendliche anhäufen, das Fass bleibt ohne Boden. Der im Innern der Person wesende Kult des Ich erlaubt keine Erkenntnis, keine direkte Übereinstimmung mit dem ewig Realen.


Joseph Kardinal Siri: "Gethsemani - Überlegungen zur theologischen Bewegung unserer Zeit", erschienen 1980, Deutsch 1982 bei Pattloch. Die Zitate wurden den Seiten 142/143 entnommen.