Kontroverse um Datenschutz bei Aufarbeitung von Missbrauch

(gloria.tv/ KNA) In der katholischen Kirche gibt es Meinungsverschiedenheiten darüber, ob bei der geplanten Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs der Datenschutz ausreichend gewährleistet ist.

Das konservative «Netzwerk katholischer Priester» wirft den Bischöfen in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung einen «unerlaubten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte» vor. Die Deutsche Bischofskonferenz wies diese Vorwürfe am Sonntag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA als «unbegründet» zurück.

Ihr Sprecher Matthias Kopp verwies auf eine am Freitag veröffentlichte Erklärung der Bischofskonferenz und des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Darin hatten diese die zentrale Bedeutung des Datenschutzes hervorgehoben und betont, dass ihr gemeinsames Forschungsprojekt zum Umfang des Missbrauchs «dem allgemeinen daten- und personenschutzrechtlichen Standard bei wissenschaftlichen Forschungsprojekten» entspreche.

Dem KFN, versicherte Kopp, werde keinerlei direkter Einblick in die Personalakten gewährt. Zudem würden «keine Akten nach außen weitergegeben». Die Sichtung erfolge durch ein örtliches bistumsinternes Archivrechercheteam, das vom Generalvikar der jeweiligen Diözese geleitet und von einem besonders geschulten externen Juristen unterstützt werde. Diese müssten eine Datenschutzerklärung unterzeichnen, in der sie versichern, keinerlei Informationen aus den Akten an Dritte weiterzuleiten.

Genau diese Einschaltung externer Juristen geht dem «Netzwerk katholischer Priester» zu weit, wie dessen Sprecher, Pfarrer Hendrick Jolie, am Sonntag gegenüber der KNA betonte: «Auch die Erklärung vom Freitag hat unsere Bedenken nicht zerstreuen können.» Man sei natürlich «für eine schonungslose Aufklärung der Missbrauchsfälle», warne aber die Bischöfe davor, «sich in der Öffentlichkeit das Mäntelchen der Transparenz umzuhängen» und dabei «das Vertrauensverhältnis zu ihren Priestern weiter zu beschädigen».

Die geplanten Maßnahmen setzten die Mehrheit der Priester, Diakone und Ordensleute «einem öffentlichen Generalverdacht im Hinblick auf sexuellen Missbrauch» aus, heißt es in der Stellungnahme des Netzwerks, über die auch der «Spiegel» in seiner neuesten Ausgabe berichtet. Dies sei «ein falsches Signal» und eine «grobe Verletzung» der Fürsorgepflicht. Der grundgesetzlich garantierte Persönlichkeitsschutz werde verletzt, wenn ohne die Zustimmung des Einzelnen eine Herausgabe personenbezogener Daten erfolge. Diese Bedenken teilten auch renommierte Experten wie der emeritierte Münchner Kirchenrechtler Winfried Aymans, betonte Jolie.

Darüber hinaus kritisiert das Netzwerk das «juristisch wie menschlich höchst bedenkliche Vorgehen» auch deshalb, weil ein Großteil der Betroffenen bisher nur aus den Medien darüber informiert worden sei. «Zahlreiche Anfragen und Beschwerden von Mitbrüdern» hätten das Netzwerk bestärkt, diese Kritik öffentlich vorzubringen. Denn das öffentlichkeitswirksame Forschungsprojekt sei eher geeignet, «den Klerikerstand als Ganzen der öffentlichen Verfolgung preiszugeben, als ihm zu einer neuen Vertrauensbasis zu verhelfen». Das Netzwerk bittet daher die Bischöfe, persönlich mit ihren Priestern zu reden, ihr Vorgehen zu überdenken und nur denjenigen Einblick in die Akten zu gewähren, die kirchenrechtlich dazu befugt sind.

Das konservative «Netzwerk katholischer Priester» hat nach eigenen Angaben etwa 500 Mitglieder und wurde 2001 in Frankfurt gegründet.
Es will seinen Mitgliedern durch «mitbrüderlichen Austausch und durch Vernetzung von glaubenstreuen katholischen Geistlichen» Hilfestellung bieten.

In dem vor kurzem vorgestellten Projekt von Bischofskonferenz und KFN sollen sämtliche Personalakten aller männlichen Geistlichen der 27 deutschen Bistümer seit dem Jahr 2000 gesichtet werden. In neun repräsentativ ausgewählten Bistümern soll die Untersuchung sogar bis 1945 ausgeweitet werden.

Die Bischöfe wollen damit die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs vervollständigen und vor allem die Prävention weiter verbessern. Die Forschungsarbeit bringe aber «selbstverständlich keinen Generalverdacht gegen die Priester in unseren Bistümern zum Ausdruck, die in ihrer ganz überwältigenden Mehrheit ihrer Sendung und Arbeit vorbildlich entsprechen», unterstrich Kopp am Sonntag im Gespräch mit der KNA.
Poldi
Grundsätzlich hat sicher jeder Arbeitgeber das Recht, seine Personalakten durchzusehen - auch unter Mithilfe mehrerer Personen (die vielleicht auch nur zu diesem Zweck eingestellt worden sind, sie unterliegen ja der Verschwiegenheit). Dennoch bleiben für mich auch nach der Erklärung der DBK, dass die Auswertung anonymisiert erfolgt, einige fundamentale Fragen:
1.) Warum betrifft diese Durchsicht …Mehr
Grundsätzlich hat sicher jeder Arbeitgeber das Recht, seine Personalakten durchzusehen - auch unter Mithilfe mehrerer Personen (die vielleicht auch nur zu diesem Zweck eingestellt worden sind, sie unterliegen ja der Verschwiegenheit). Dennoch bleiben für mich auch nach der Erklärung der DBK, dass die Auswertung anonymisiert erfolgt, einige fundamentale Fragen:

1.) Warum betrifft diese Durchsicht nur Priester, Diakone, Ordensleute?

Gibt es in anderen Berufsgruppen keine vergleichbaren Vorfälle?
Sind Missbrauchfälle in anderen Berufgruppen (medial) nicht interessant, bzw. würden diese der Kirche nicht schaden?
Leistet man durch diese Eingrenzung nicht dem öffentlichen Eindruck Vorschub, sexueller Missbrauch sei hauptsächlich ein Problem der Priester? Gerade das erweckt den Eindruck, dass die Kirche den Generalverdacht gegenüber Priester kritiklos übernommen hat (und die Bischöfe können das noch so sehr dementieren, der Eindruck ist bei vielen Priestern da).

2.) Wie werden Bestandteile der Personalakten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft?

Grundsätzlich gibt es kein Prozedere, wie ein Priester mit Beschwerden gegen ihn persönlich oder gegen seine Amtsführung konfrontiert wird. Nicht in jedem Fall erhält ein Priester Kenntnis von Beschwerden (oft weil sie wirklich abstrus sind und das Ordinariat das gleich ohne Aufhebens regelt). Der Nachteil ist, dass solche Beschwerden oder Anzeigen dann von Seiten des Beschuldigten unwidersprochen bleiben.

Wie aber werden dann solche Notizen, die vielleicht doch in die Personalakte gelangt sind, später (oft nach Jahren) interpretiert? Wie wird ein kriminologisches Institut solche "Funde" bewerten? Ist ein "Vorfall" erst einmal verjährt, dann kann ein Beschuldigter noch nicht einmal von sich aus auf eine juristische Aufarbeitung dringen, die Justiz ist dann nicht mehr zuständig. Und innerkirchlich ist es eh sehr schwer, Beschwerden und Anzeigen "wasserdicht" nachzuprüfen.

3.) Werden Betroffene informiert, wenn Informationen aus ihren Akten weitergegeben werden?

Darüber sagt die Erklärung nichts. Es kann also sein, dass aufgrund einiger Indizien die betroffene Person zu einem "Fall" erklärt wird und in die Auswertung kommt. Verständlich ist es sicher bei den Personen, gegen die bereits eine kirchliche oder staatliche Untersuchung stattgefunden hat. Wie steht es aber bei den anderen? Wird sich das vielleicht nach Jahren herausstellen, dass die Personalakte einen "roten Reiter" hat "verdächtig/kriminologisch auffällig"? Wenn schon nach Transparenz gerufen wird, dann sollten auch die betroffenen Geistlichen ein Recht auf Transparenz haben.

4.) In welchen Diözesen ist der Priesterrat im Vorfeld einbezogen worden?

Gerade dieser Punkt wird den Wert und die Akzeptanz eines Priesterrates in einer Diözese maßgeblich zeigen. Nicht selten hat man den Eindruck, das Priester nur pastorale Verfügungsmasse sind, die sich nicht zu beschweren haben und auch nichts zu wollen haben. Die Priesterräte sind ja als Beratungsgremium gerade in diesen pastoralen und personalen Fragen gefordert. Eine echte Standesvertretung (" " Priestergewerkschaft " ") gibt es ja nicht. Dennoch wäre hier
Felix Staratschek
Es ist ja begrüßenswert, wenn die Bischöfe jetzt Klarheit schaffen wollen. Aber wenn dazu bedenkliche Personen herangezogen werden, die schon in der Vergangenheit unseriöse Sachen geliefert habe, dann ist vorsicht geboten. Denn das gibt ein Fressen für unsere kirchenfernen Medien. Es zeigt aber auch, dass dieses Thema bisher nicht mit der nötigen Sorgfalt bearbeitet wurde. Denn sonst müsste es …Mehr
Es ist ja begrüßenswert, wenn die Bischöfe jetzt Klarheit schaffen wollen. Aber wenn dazu bedenkliche Personen herangezogen werden, die schon in der Vergangenheit unseriöse Sachen geliefert habe, dann ist vorsicht geboten. Denn das gibt ein Fressen für unsere kirchenfernen Medien. Es zeigt aber auch, dass dieses Thema bisher nicht mit der nötigen Sorgfalt bearbeitet wurde. Denn sonst müsste es eine Aktensammlung oder Findbuch Missbrauch und Vergehen geben, damit man schneller Personen finden kann, deren Handeln unterbunden werden muss und damit man Wiederholungen vermeiden kann. Hoffentlich verbessert die Kirche hier ihre Aktenverwaltung.
elisabethvonthüringen
Dank Elsa wissen wir einfach mehr... 👍
Stellungnahme des Priesternetzwerks
zur Entscheidung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz auf der 185. Sitzung vom 20. /21. Juni 2011 zur Überlassung aller Personalakten sämtlicher Priester aus den deutschen Diözesen an das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) zur Durchführung einer empirischen Untersuchung. Ein Auszug: …Mehr
Dank Elsa wissen wir einfach mehr... 👍

Stellungnahme des Priesternetzwerks
zur Entscheidung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz auf der 185. Sitzung vom 20. /21. Juni 2011 zur Überlassung aller Personalakten sämtlicher Priester aus den deutschen Diözesen an das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) zur Durchführung einer empirischen Untersuchung. Ein Auszug:
>> Wir sind erschüttert über den aus dem geplanten Vorgehen sprechenden Mangel an
Vertrauen zu uns Priestern und über die damit einhergehende offensichtliche Hilflosigkeit unserer Bischöfe, denen wir unser Geschick bei der Weihe buchstäblich in die Hand gegeben haben, uns in der Öffentlichkeit vor pauschalen Inkriminierungen zu bewahren. Schon die Tatsache, daß unsere Persönlichkeitsrechte durch das Ignorieren unserer zum Vorhaben notwendigen Zustimmung verletzt werden, belegt, daß sich im Miteinander zwischen Bischöfen und Klerikern in der katholischen Kirche Deutschlands einiges ändern muß, will man den Priesterberufungen noch eine Zukunft schenken.
Wir bitten daher die Deutschen Bischöfe in aller Form ihr Vorgehen zu überdenken und von den bisherigen Planungen Abstand zu nehmen.
Herzogenrath, 6. August 2011, am Fest der Verklärung des Herrn
Für das NETZWERK KATHOLISCHER PRIESTER das Sprechergremium
Pfr. Dr. Guido Rodheudt, Pfr. Hendrick Jolie, Pfr. Uwe Winkel<<

Vollständiger Text hier.
elisabethvonthüringen
Derweil lohnt sich ein Blick auf die John Jay Studie,
welche zum selben Thema - sexuellen Missbrauch durch katholische Priester - durchgeführt wurde, ebenfalls groß angelegt war und zu beachtlichen Ergebnissen gekommen ist. Wie dabei im Einzelnen vorgegangen wurde, weiß ich leider nicht. Falls jemand dazu Informationen hat, gerne - eben im aktuellen Zusammenhang: Hat man da auch Personalakten …Mehr
Derweil lohnt sich ein Blick auf die John Jay Studie,
welche zum selben Thema - sexuellen Missbrauch durch katholische Priester - durchgeführt wurde, ebenfalls groß angelegt war und zu beachtlichen Ergebnissen gekommen ist. Wie dabei im Einzelnen vorgegangen wurde, weiß ich leider nicht. Falls jemand dazu Informationen hat, gerne - eben im aktuellen Zusammenhang: Hat man da auch Personalakten ausgewertet oder nur (Gerichts)-Akten von Priestern und Ordenleuten, die tatsächlich straffällig geworden waren?

Gemäß diesem Artikel hier auf katholisches.info - ich selbst habe mich mit dem Wortlaut der Studie nicht befasst - und hatte es ja eigentlich auch nicht vor - geht es bei 5 Prozent aller Fälle in den USA um Pädophilie, bei den restlichen 95 Prozent um Ephebophilie.

Die John Jay Studie scheint übrigens nach der Auslegung der auf katholisches.info genannten Ergebnisse genau das Gegenteil von dem auszusagen, wovon Professor Pfeiffer in dem bereits verlinkten Radio-Vatikan-Interview ausgeht, so weit ich das überblicke - und sie war zu dem Zeitpunkt schon bekannt:
"Es scheint also so zu sein, dass die Liberalisierung der Sexualität also das Risiko für Kinder drastisch reduziert hat, dass sie von Priestern missbraucht werden.“ (Prof. Pfeiffer zu Radio Vatikan.)
"Grund für die Pädophilie bei einem kleinen Teil des katholischen Klerus ist weder der Zölibat noch die Homosexualität, sondern „the blame Woodstock“. Man könnte also sagen: Schuld ist Woodstock. Die Kriminologen meinen damit das permissive und liberale Klima, das Ende der 60er Jahre entstanden war und das im Freiluftkonzert von Woodstock seinen symbolischen Ausdruck fand." (Lt. dem Artikel über die John Jay Studie auf katholisches.info)
2 weitere Kommentare von elisabethvonthüringen
elisabethvonthüringen
Inzwischen hat das Priesternetzwerk
eine öffentliche Stellungnahme zur projektierten Studie über sexuellen Missbrauch von Professor Pfeiffer in Zusammenarbeit mit der DBK angekündigt.
Das Priesternetzwerk kritisiert laut dieser SpOn-Meldung insbesonders das "juristisch wie menschlich höchst bedenkliche Vorgehen der deutschen Bischöfe" und fordert die DBK auf, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. …Mehr
Inzwischen hat das Priesternetzwerk
eine öffentliche Stellungnahme zur projektierten Studie über sexuellen Missbrauch von Professor Pfeiffer in Zusammenarbeit mit der DBK angekündigt.

Das Priesternetzwerk kritisiert laut dieser SpOn-Meldung insbesonders das "juristisch wie menschlich höchst bedenkliche Vorgehen der deutschen Bischöfe" und fordert die DBK auf, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen.

Persönlich erschiene es mir mittlerweile am sinnvollsten, als Betroffener gegen die Studie zu klagen - aber nicht, um Krawall zu machen, sondern weil sich so sämtliche juristischen Aspekte am einfachsten und direktesten abklären ließen und somit vom Tisch wären - auch im Falle einer negativen Entscheidung für die Priester, die sich nicht mit dem Vorhaben der DBK abfinden möchten. Die wäre dann freilich auch zu akzeptieren.

Bleibt dann noch der menschliche Aspekt. Ich frage mich halt schon - hätte man nicht einfach das Einverständnis der Betroffenen vorher einholen können?
Spräche da irgendwas dagegen - außer vielleicht der Umstand, dass derjenige, der seine Einverständnis aus Datenschutzbedenken nicht erteilen möchte, sich schon - ungerechtfertigerweise - in ein bestimmtes Licht gerückt sähe?

[Im Übrigen mutet der Umgang mit personenbezogenen Daten von seiten der DBK sowieso nicht gerade besonders professionell an, aber das nur am Rande.]
elisabethvonthüringen
Debattenbeitrag zur Studie zu sexuellem Missbrauch in der Kirche
durchgeführt von KFN in Kooperation mit der DBK.
Blogleser Ludwig Fidelis hat hier einen ausführlichen Kommentar geschrieben und kommt zu dem Schluss, dass die DBK diese Studie nicht hätte in Auftrag geben dürfen.
Ich zitiere (ganzer Kommentar findet sich hier.)
>> Die genannte Erklärung der DBK spricht von "wissenschaftlichem …Mehr
Debattenbeitrag zur Studie zu sexuellem Missbrauch in der Kirche
durchgeführt von KFN in Kooperation mit der DBK.
Blogleser Ludwig Fidelis hat hier einen ausführlichen Kommentar geschrieben und kommt zu dem Schluss, dass die DBK diese Studie nicht hätte in Auftrag geben dürfen.

Ich zitiere (ganzer Kommentar findet sich hier.)

>> Die genannte Erklärung der DBK spricht von "wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn". Eine "ehrliche Aufklärung frei von falschen Rücksichtnahmen" soll dem Ziel dienen, "die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs zu vervollständigen und vor allem die Prävention weiter verbessern zu können", wie es in der jüngsten Erklärung heißt. Ist ein solches Ergebnis aber überhaupt vom KFN zu erwarten? Haben die zuständigen Verantwortlichen der DBK sich über ihren Partner Professor Pfeifer hinreichend informiert?

Ein einfacher Blick in Wikipedia allein läßt dies schon bezweifeln: "2009 veröffentlichte Pfeiffer eine Studie über die Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungen unter Jugendlichen. Die Studie geriet aufgrund methodischer Mängel, die zu einer deutlichen Aufblähung der Zahlen führten, in die Kritik." Auch der berüchtigte "Fall Sebnitz" geht auf Pfeiffer zurück. Fälschlicherweise wurde weltweit verbreitet, es "hätten über 200 Einwohner der Stadt zugesehen, als" ein Kind "von rechtsradikalen Jugendlichen im örtlichen Freibad im Rahmen einer so bezeichneten 'Hinrichtung' ertränkt worden sei". In einem anderen Zusammenhang heißt es: "Er wurde jedoch des öfteren wegen seiner Art und Weise der Argumentation kritisiert, die viele als polemisch und verkürzt empfinden."

Welcher Art Verzerrung der Ergebnisse wäre bei dem Mißbrauchs-Projekt zu befürchten? In einem Interview bei Radio Vatikan sagte Pfeiffer: "Der Anteil der Ersatzhandlungstäter, die eigentlich auf Erwachsene fixiert sind und notgedrungen auf Kinder zurückgegriffen haben, der war am höchsten in der Phase, als es für amerikanische Priester ausgesprochen schwierig war, wegen der dort weitverbreiteten Prüderie an Frauen oder auch an Männer heranzukommen, als Sexualität mit Priestern völlig ausgeschlossen war. Je liberaler die Sexualität sich in den USA entwickelt hat, um so niedriger war der Anteil der Priester, die sich ersatzweise an Kindern vergriffen haben, heute geht das gegen null. Es scheint also so zu sein, daß die Liberalisierung der Sexualität also das Risiko für Kinder drastisch reduziert hat, daß sie von Priestern missbraucht werden." Was hat dieser Forscher für ein Menschenbild? Wie kann ein Priester "notgedrungen auf Kinder zurückgreifen", wenn er nicht "an Frauen oder auch Männer" herankommt? ("Deine Sprache verrät Dich ja!") Pfeiffer erwartet also die Verbesserung der Situation von einer "Liberalisierung der Sexualität" der Priester und gegenüber den Priestern. Was erwartet die DBK eigentlich von einem dreijährigen Forschungsprojekt, dessen Leiter mit diesem Vorurteil an die Arbeit geht? Sie wird ein Plädoyer gegen den Zölibat und für eben diese Liberalisierung erhalten. Die ganze Forschungsplanung Pfeiffers wird auf dieses Ziel zugeschnitten sein.

Die DBK holt sich damit, nachdem sie den kirchenkritischen Medien 3 Jahre lang die Möglichkeit gibt, das Thema "Mißbrauch in der katholischen Kirche" am Köcheln zu halten, ein Problem auf den Tisch, das erst nach diesen 3 Jahren richtig brisant wird. Und dieses hat ja dann auch noch eine weltkirchliche Dimension.

Pfeiffers Bemerkung, nur ca. 0,01 % der Mißbrauchsfälle gingen auf Priester zurück, wird bezeichnenderweise sowohl von Kirchenleuten als auch von Kirchengegnern als neutral, wenn nicht sogar kirchenfreundlich interpretiert. Woher hat er aber diesen Wert, wenn der Umfang des Mißbrauchs erst im Projekt umfassend ermittelt und "belastbare Zahlen" vorgelegt werden sollen? Der von ihm vermutete Wert 0,01 % ist in Wirklichkeit hoch, weil ja der Anteil der Priester an der Gesamtheit der männlichen Erwachsenen gegengerechnet werden muß. Die Kirchengegner haben das in ihren Blogs bereits bemerkt und entsprechend kommentiert. Hat man sich durch solche Bemerkungen bei der DBK einlullen lassen?

Es wäre doch schon im Frühjahr 2010 größte Vorsicht ratsam gewesen, als Pfeiffer von sich aus, wie der zuständige Trierer Bischof selbst mitgeteilt hat, an ihn mit dem Vorschlag zu diesem Projekt herangetreten war. Jeder Professor weiß um die Mühe der Antragstellung, um Gelder für Forschungsprojekte zu akquirieren. Pfeiffer kann nun 3 Jahre lang Promovenden und andere Mitarbeiter bezahlen, mit Geldern der Kirche. Dafür kann man gern einmal in der Öffentlichkeit "kirchenfreundlich" erscheinen.

Nein, die DBK hätte dieses Projekt nicht in Auftrag geben dürfen!<<

[Nachtrag: Aufgrund der anhaltenden Diskussion hatte die DBK kürzlich auch eine Stellungnahme zur Studie veröffentlicht, die sich hier auf kath.net findet, aber nur auf die organisatorische Vorgehensweise und die datenschutzrechtlichen Bedenken eingeht.]

[Nachtrag II: Der Link zum Interview von Radio Vatikan mit Professor Pfeiffer.]