Guntherus de Thuringia
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Notker der Stammler: Pfingsthymne [Sancti spiritus assit nobis gratia]

Um 840 bis 912. Benediktinermönch in St. Gallen. Der bedeutendste Sequenzdichter der karolingischen Zeit.

Notker Balbulus in einer Handschrift aus St. Gallen, 10. Jahrhundert | Notker Balbulus, „der Stammler” - Ökumenisches Heiligenlexikon
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Des Heiligen Geistes
Gnade sei mit uns.

Sie treibe
Aus unseren Herzen
Alle geistige Fehle,
Daß unser Innres
Ihm
Tempel werde.

Segnender Geist
Erleuchter der Menschen,
Gieß deine Salbung
Uns gütig ins Herz.

Großer Läuterer
Aller Schändlichkeiten,
Läutere,
Heiliger Geist,
Unsres Geistes Auge,
Daß es klar erkenne,

Daß es den Schöpfer,
Den Höchsten,
Zu schauen vermöge,
Den nur die Reinen
Erneuerten Blickes
Selig erschauen.

Propheten hast du begeistert,
Und sie besangen voraus
Den Ruhm des Christ.

Apostel hast du ermutigt,
Und sie führten zum Sieg
Die Fahne des Christ.

Als durch sein Wort
Die großen Werke
Gott erschaffen
Des Himmels, der Erde, der Meere,
Da schwebte
Über den Wassern
Befruchtend
Dein Hauch, o Geist.

Du berührst
Die Fluten
Mit lebenspendender Kraft.

Du berührst
Den Menschen
Mit heiligendem Hauch.

Du einigst
Die Welt,
Die in Sprachen und Sitten
Getrennt und zerspalten.

Du führst,
Du bester der Lehrer,
Die Diener der Götzen
Zum Dienste Gottes.

O schenke uns Flehenden
Gnädig Erhören,
Heiliger Geist;
Denn unsere Bitten
Sind ohne dich nichtig
Vor Gottes Ohren.

Der du die Heiligen
Aller Jahrhunderte
Mit deiner Liebe Hauch
Herrlich belehrtest
Und innig bewegtest, o Geist,
Du hast,
Den Aposteln Christi
Heut deine Gabe spendend
(Unfaßliche Gabe
Und ewig unerhörte)
Diesen Tag verherrlicht
Vor allen.

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Heinrich Lützeler, Die christliche Dichtung des deutschen Volkes, Bonifatius-Druckerei, Paderborn [1925], S. 61-63.