Protestantisierung des Messritus: Der Akademiker Jean Guitton, ein großer Freund und Vertrauter Pauls VI.
Protestantisierung des Messritus: Der Akademiker Jean Guitton, ein großer Freund und Vertrauter Pauls VI., erklärte, der Papst wolle bewusst alles aus der Messe entfernen, was den Protestanten missfallen könnte. Tatsächlich fragte Paul VI sechs protestantischen "Pfarrern" zur Mitarbeit an der neuen Messe. Ein berühmtes Foto zeigt ihn in Gesellschaft dieser protestantischen "Geistlichen". Einer von ihnen, Max Thurian aus Taizé, erklärte später: „In dieser erneuerten Messe gibt es nichts, was evangelische Protestanten wirklich stören kann.“ Später, 1988, wurde er zum Priester geweiht, ohne sich vorher vom Protestantismus losgesagt zu haben.
Die 6 Protestanten waren:
A. Raymond George (Methodist)
Ronald Jaspar (Anglikaner)
Massey Shepherd (episkopalisch)
Friedrich Künneth (Luther)
Eugene Brand (Lutheraner)
Max Thurian (Kalvinist)
Schon 1969 schrieben die Kardinäle Ottaviani und Bacci in ihrem Vorwort zu der kurzen kritischen Untersuchung des neuen „Ordo Missae“, dieser stelle „mit seinen neuen, verschieden interpretierbaren Elementen, die damit indirekt oder ausdrücklich deutlich werden, sowohl im Ganzen wie auch in den Einzelheiten ein auffallendes Abrücken von der katholischen Theologie der hl. Messe dar, wie sie in der 22. Sitzung des Konzils von Trient formuliert wurde.“ Wir haben es also mit einem Bruch und nicht mit einer Erneuerung zu tun.
Die Liturgie ist wesentlich theozentrisch, das Opfer der hl. Messe ein Opfer des Lobes, der Danksagung, der Sühne und der Bitte. Sie hat auch belehrenden Charakter, aber eben erst an zweiter Stelle. Man kann in der neuen Liturgie, welche die Belehrung an die erste Stelle setzt, die Mitarbeit von sechs protestantischen Pastoren in ihrer Erarbeitung nicht verkennen.
In der neuen Liturgie wird die anthropozentrische Wende eingeleitet, die schleichende Abwendung von Gott und die sinnfällige Hinwendung zum Menschen, charakteristisch dargestellt im Volksaltar, von dem Papst Pius XII. in der Enzyklika Mediator Dei vom 20. November 1947 noch sagt, es weiche vom rechten Wege ab, „wer dem Altar die alte Form der Mensa, des Tisches, wiedergeben wollte“.
In derselben Enzyklika sagt derselbe Pontifex zu der Volkssprache in der Liturgie dieses: „Ganz zu verurteilen ist aber das vermessene Unterfangen jener, die mit Absicht neue liturgische Bräuche einführen (…). Dass dies vorkommt, geliebte Söhne und ehrwürdige Brüder, und zwar nicht nur in unbedeutenden Dingen, sondern auch in solchen von sehr großer Tragweite, haben Wir nicht ohne bitteren Schmerz erfahren. Es gibt tatsächlich Leute, die bei der Darbringung des hochheiligen eucharistischen Opfers sich der Volkssprache bedienen.“ Er bezeichnet dann die lateinische Sprache als „ein allen erkennbares und schönes Zeichen der Einheit und eine mächtige Schutzwehr gegen jegliche Verderbnis der wahren Lehre.“ Dazu haben alle Völker zu allen Zeiten sich im Kult einer besonderen Kultsprache bedient, um im Gottesdienst aus dem profanen Bereich und dem Alltagsgeschehen herauszutreten.
Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., schrieb in der Gedenkschrift für Klaus Gamber 1989 die bedenkenswerten Worte: „An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man [nach dem Konzil] die gemachte Liturgie gesetzt. Man ist aus dem lebendigen Prozess des Wachsens und Werdens heraus umgestiegen in das Machen. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle – nach dem Muster technischer Produktion – das Machen, das platte Produkt des Augenblicks.“
Tatsächlich hat die Liturgie nach dem II. Vatikanischen Konzil und insbesondere mit dem Novus Ordo Missae ihren sakralen Charakter weitgehend verloren. Der Begriff des Opfers musste dem Gedanken eines brüderlichen Mahles weichen, die herrlichen alten Opferungsgebete wurden durch einen jüdischen Tischsegen ersetzt. Damit verlor die Liturgie ihren prägenden Charakter für ein christliches und gottgeweihtes Leben, das immer auch ein Opfergang ist. Charakteristisch für diese Entsakralisierung und Profanierung , für den Verlust des Geistes der Anbetung sind die stehende Kommunion und die Handkommunion.
Zu all diesen Übeln gesellen sich noch unzählige Missbräuche und Auswüchse wie etwa die Faschingsmessen oder Jugendmessen mit Chips und Coca Cola. Damit hat sich das Glaubensleben beim christlichen Volk immer mehr verdünnt, denn es gilt nun einmal der alte gewichtige Spruch: Das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens.
Der modernistische Pater George Tyrell, der 1906 aus den Jesuiten ausgeschlossen und schließlich 1908 exkommuniziert wurde, war der erste, der die Idee einer "hörenden Kirche" förderte, in der der "Sensus fidelium" auf die Art einer Volksabstimmung reduziert wird, wobei der Konsens die dauerhafte Gültigkeit einer kirchlichen Lehre bestimmt.
"Die "Reformatoren" der 1930er und 1940er Jahre führten die "Dialogmesse" ein, weil sie "die aktive Teilnahme der Gläubigen an den liturgischen Funktionen übermäßig betonten". In einigen Fällen – in Pfadfinderlagern und anderen Jugend- und Studentenorganisationen – gelang es den Innovatoren, die Messe in der Landessprache, die Feier der Messe auf einem dem Volk zugewandten Tisch und sogar die Konzelebration einzuführen. Unter den jungen Priestern, die sich 1933 in Rom an liturgischen Experimenten erfreuten, befand sich auch der Kaplan der katholischen Jugendbewegung, ein gewisser Pater Giovanni Battista Montini.
Bischof Athanasius Schneider: "Wenn man nun erklärt, daß der reformierte Ritus von Papst Paul VI. der einzige Ausdruck der lex orandi des römischen Ritus ist, wie es Franziskus tut, verstößt man gegen die 2000 Jahre alte Tradition aller römischen Päpste, die noch nie eine so starre Intoleranz gezeigt haben.
Man kann nicht plötzlich einen neuen Ritus schaffen, wie es Paul VI. getan hat, und ihn für die ausschließliche Stimme des Heiligen Geistes in unserer Zeit erklären, und gleichzeitig den vorherigen Ritus, der in der Spanne von mindestens 1.000 Jahren fast unverändert war, als mangelhaft und schädlich für das geistliche Leben der Gläubigen darstellen. Eine solche Argumentation führt unweigerlich zu der Schlussfolgerung, dass der Heilige Geist sich selbst widerspricht."
ZEUGNISSE (fsspx - Quelle unten)
Es gibt eine ganze Reihe „unverdächtiger“ Zeugen, die bestätigen, was durch die Liturgiereform geschehen ist. Mit unerhörter Eindringlichkeit weisen sie auf die Protestantisierung der katholischen Messe hin, die der protestantischen Abendmahlsfeier zum Verwechseln ähnlich geworden ist.
1. Julien Green
Der berühmte Schriftsteller und Konvertit Julien Green schreibt in seinem Buch „Ce qu’il faut d’amour à l’homme“ zur Übertragung einer katholischen Messfeier im französischen Fernsehen, die er zusammen mit seiner Schwester Anna erlebte:
„Was ich entdeckte, wie auch Anna ihrerseits, war eine ziemlich grobe Nachahmung des anglikanischen Gottesdienstes, wie er uns in unserer Kindheit vertraut gewesen war. Der alte Protestant, der in mir in seinem katholischen Glauben schlummerte, erwachte plötzlich angesichts des offenkundigen und absurden Betruges, den uns der Bildschirm bot. Nachdem diese seltsame Zeremonie zu Ende war, fragte ich einfach meine Schwester: ‘Warum haben wir konvertiert?’ […] Mit einem Schlage begriff ich, mit welcher Geschicklichkeit man die Kirche von einer Glaubensauffassung zu einer anderen führt. […] Ich erkenne die Autorität des Papstes an, und der Gedanke, die Kirche zu verlassen, würde mir wirklich Schrecken einjagen. Doch ich bleibe meinem Glaubensbekenntnis von 1916 treu, und ich werde davon auch nicht eine Zeile abgehen.“ [1]
2. Jean Guitton
Der langjährige Freund Pauls VI. berichtete in einer Radiodiskussion vom 19.12.1993, der Papst habe bewusst aus der Messe alles entfernen wollen, was die Protestanten stören konnte. [2]
„Die Absicht Pauls VI. im Hinblick auf die Liturgie, im Hinblick auf das, was man gemeinhin die Messe nennt, ist es, die katholische Liturgie so zu erneuern, dass sie fast mit der protestantischen Liturgie zusammenfällt. […] Ich wiederhole: Paul VI. hat alles in seiner Macht Stehende getan, um die katholische Messe – über das Konzil von Trient hinweg – dem protestantischen Abendmahl anzunähern. […] Ich glaube nicht, dass ich mich täusche, wenn ich sage, dass die Absicht Pauls VI. und der neuen Liturgie, die seinen Namen trägt, darin besteht, von den Gläubigen eine größere Teilnahme an der Messe zu verlangen, darin, der Hl. Schrift einen größeren Platz einzuräumen, und weniger Platz all dem, was es darin (wie einige sagen) an Magischem, wie andere sagen, an substantieller, transsubstantieller Konsekration gibt, was der katholische Glaube ist; anders gesagt, es gibt bei Paul VI. eine ökumenische Absicht, all das, was es in der Messe an allzu Katholischem im traditionellen Sinn gibt, auszulöschen, oder wenigstens zu korrigieren, oder wenigstens abzumildern, um die katholische Messe, ich wiederhole es, deren Messe anzunähern.“ [3]
3. Prof. Hermann Sasse
Prof. Hermann Sasse, ein international bekannter lutherischer Theologe schrieb in seinem Buch „Corpus Christi“ über die neue Messe in der katholischen Kirche:
„Der Neue Ordo Missae hat praktisch die alte Messe zerstört. Selbst die Realpräsenz scheint nicht mehr selbstverständlich zu sein. […] Die größte Liturgie der abendländischen Welt ist mutwillig zerstört worden. Denn was jetzt als Messe gefeiert wird, ist nicht mehr das Sakrament des Altars. Der Altar steht leer im Hintergrund der Kirche, wenn er da noch steht. Vorn steht die Mensa mit dem neuen Kommunion- und Opferritus. Niemand weiß, was vorgeht. An Stelle der in Jahrhunderten gewachsenen Messe steht ein Produkt des liturgischen Kunstgewerbes, das der Fluch jeder modernen Kirche ist. […] Ich habe meinen katholischen Freunden den Rat gegeben, den Eucharistischen Kongress in Melbourne 1974 unter dem Motto zu halten: Save the Sacrament.“ […] „Aber nun erleben wir etwas, was ich nur mit der größten Verwunderung sehe, die Abschaffung des Altars in den katholischen Kirchen und die Zerstörung der Messe. Wenn früher ein Katholik in seine Kirche kam, sah er den Hochaltar und das Licht, das ihm sofort zeigte, dass der Herr dort sei. Heute sieht er einen leeren Tisch und muss mit Mühe den Ort suchen, wo das Sanctissimum aufbewahrt wird an irgendeinem Seitenaltar. ‘Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!’ Diese Klage las ich in einem Brief an das führende katholische Kirchenblatt. Ich weiß, was diese Änderung für das katholische Volk bedeutet hat. Es ist die sinnenfälligste Demonstration der großen Revolution, die in unseren Tagen in der Römischen Kirche stattgefunden hat. Ich weiß von vielen Katholiken, einfachen Leuten und Gebildeten, die zwar treulich noch ihre Sonntagspflicht erfüllen, aber sich in ihrer Kirche nicht mehr zu Hause fühlen. Sie trauern um ihre Kirche. Mit Tränen in den Augen sagte mir ein älterer Lehrer, eine der Säulen seiner Pfarrei: ‘Ich habe kein Interesse mehr an dieser Kirche. Ich will nur noch meine Seele retten.’ In Melbourne haben treue Katholiken darum gebeten, dass in der Kathedrale wenigstens gelegentlich die alte lateinische Messe gefeiert wird. Das ist abgelehnt worden. Die einzige Konzession ist, dass eine der Morgenmessen am Sonntag in lateinischer Sprache gehalten werden darf. Aber es muss die Übersetzung der heutigen Messe sein. Nun wir sind keine Katholiken und können nur staunend zusehen, wie St. Zwingli zur Ehre der Altäre erhoben wird.“
4. J. R. R. Tolkien
Der britische Schriftsteller und Autor des Romans „The Lord of the Rings“, eines der erfolgreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts, war zeitlebens tiefgläubiger Katholik, von tiefer Liebe zum heiligsten Altarsakrament beseelt. Er litt schwer unter der Liturgiereform und kritisierte sie in seinen Briefen wiederholt. Eine glaubwürdige Quelle sagt, dass Tolkien während der ganzen Messe weinte, als der neue Ritus eingeführt wurde. Er starb wenig später (1973). Er spricht zu seinem Sohn Michael über die nachkonziliaren Neuerungen: „Ich weiß es gut, dass Dir wie auch mir die Kirche, die unsere Zuflucht war, nun oft wie eine Falle erscheint. Es gibt keinen anderen Ort, wo man hingehen kann. … Ich denke, man kann nichts tun als beten für die Kirche, für den Stellvertreter Christi, für uns selbst“ (Humphrey Carpenter, Unwin 1990, The Letters of J. R. R. Tolkien, 306/1967).
5. „Höheres Konsistorium der Kirche der Augsburgischen Konfession von Elsass - Lothringen“
Das protestantische sog. „Höhere Konsistorium der Kirche der Augsburgischen Konfession von Elsass - Lothringen“ hat am 8. Dezember 1973 folgende Erklärung abgegeben: „Wir sind der Ansicht, dass unter den gegenwärtigen Umständen die Treue zum Evangelium und zur Überlieferung es uns nicht erlaubt, uns der Teilnahme der Gläubigen unserer Kirche an einer katholischen eucharistischen Feier zu widersetzen. […] Angesichts der gegenwärtigen Gestaltung der eucharistischen Feier in der katholischen Kirche und der jetzigen theologischen Übereinstimmungen scheinen viele Hindernisse, welche einen Protestanten davon abhalten konnten, an einer eucharistischen Feier teilzunehmen, zu verschwinden. Es müsste heute für einen Protestanten möglich sein, in der katholischen eucharistischen Feier das vom Herrn eingesetzte Abendmahl zu erkennen. […] Wir wollen die neuen eucharistischen Gebete, in welchen wir uns wiederfinden, gebrauchen.“ [5]
6. Pastor Michel Viot
Der ehemalige lutherische Bischof Michel Viot - er war Präsident des lutherischen Konsistoriums in Paris und Mitglied der Nationalen Großloge von Frankreich, heute ist er katholischer Priester – wurde vor seiner Konversion gebeten, den Unterschied zwischen der alten und der neuen Messe anzugeben. Seine Antwort lautete: „Ich danke Ihnen, dass Sie mir eine so bedeutende Frage stellen, denn sie spielte zu Beginn der Reformation im 16. Jahrhundert eine wesentliche Rolle. Ich will Ihnen eine klare Antwort geben. Mgr. Lefebvre hat den strittigen Punkt gut erkannt und er hat sich nicht getäuscht. Ich sympathisiere selbstverständlich nicht mit ihm, aber ich muss bekennen, dass er gut gesehen hat. Wir Protestanten sind der einhelligen Ansicht, dass die Messe keine Wiederholung des Kreuzesopfers Jesu Christi ist und der Priester Leib und Blut Jesu Christi nicht von neuem aufopfern kann. Das wäre abscheulich zu glauben, man könne wiederholen, was einzig und vollkommen ist in der Heilsgeschichte. Es ist das große Verdienst des Neuen Ordo von Paul VI., darauf hingewiesen zu haben…“ (UNA VOCE, Juli 1985).
7. P. Joseph Gelineau SJ
Sogar eines der Mitglieder des Rates, der die Neue Messe schuf, hat offen zugegeben, dass die gewaltsamen Eingriffe in die Liturgie den römischen Ritus nicht reformierten, sondern zerstörten. Er sagte nämlich in Hinblick auf die überlieferte Messe: „Lasst sie uns vergleichen mit der Messe, die wir jetzt haben. Nicht nur die Worte, die Melodien und einige der Gesten sind verschieden; um die Wahrheit zu sagen, es handelt sich um eine andere Messliturgie. Das muss ohne jede Doppeldeutigkeit gesagt werden: Der römische Ritus, wie wir ihn kannten, existiert nicht mehr (Le rite romain tel que nous l’avons connu n’existe plus). Er wurde zerstört (il est détruit).“ [6]
FSSPX
Es sind sowohl liturgische, dogmatische wie auch pastorale Gründe, die bei einer Beurteilung der Neuen Messe vorgebracht werden müssen:
1) Liturgische Gründe
Die Entstehungsweise der neuen Liturgie – es handelt sich um eine „Neuschöpfung am grünen Tisch“ – widerspricht diametral den Gesetzen der Entwicklung der Liturgie. Noch nie gab es im Verlauf der Kirchengeschichte eine „Liturgie-Fabrikation am Fließband“ [1]. Jeder Ritus ist „unter Eingebung des Heiligen Geistes entstanden, der immerdar der Kirche beisteht bis zur Vollendung der Zeiten“ [2] und hat sich im Verlauf der Jahrhunderte organisch entfaltet: „Die Kirche ist ohne Zweifel ein lebendiger Organismus; deshalb wächst sie und entfaltet sie sich auch im Bereich ihrer heiligen Liturgie und passt sich den zeitbedingten Notwendigkeiten und Umständen an, immer jedoch unter Wahrung der Unversehrtheit ihrer Lehre.“ [3]
Das II. Vatikanische Konzil warnte noch vor revolutionären Forderungen einer komplett neuen Liturgie: „Schließlich sollen keine Neuerungen eingeführt werden, es sei denn, ein wirklicher und sicher zu erhoffender Nutzen der Kirche verlange es. Dabei ist Sorge zu tragen, dass die neuen Formen aus den schon bestehenden gewissermaßen organisch herauswachsen.“ [4]
Doch diese Warnung wurde in den Wind geschlagen, wie Kardinal Ratzinger 1989 schonungslos darlegte: „Was nach dem Konzil weithin geschehen ist, bedeutet etwas ganz anderes: An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man die gemachte Liturgie gesetzt. Man ist aus dem lebendigen Prozess des Wachsens und Werdens heraus umgestiegen in das Machen. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin Lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle – nach dem Muster technischer Produktion – das Machen, das platte Produkt des Augenblicks. Dieser Verfälschung hat sich Gamber mit der Wachheit eines wirklich Sehenden und mit der Unerschrockenheit eines rechten Zeugen entgegengestellt. ... Die liturgische Reform hat sich in ihrer konkreten Ausführung von diesem Ursprung (dem innersten Wesen der Liturgie) immer mehr entfernt. Das Ergebnis ist nicht Wiederbelebung, sondern Verwüstung.“ [5]
2) Dogmatische Gründe
„Der Haupteinwand gegen den Ordo Missae Pauls VI. ist seine Unzulänglichkeit in Bezug auf die Wiedergabe des katholischen Glaubens“ [6]
Die Kardinäle Ottaviani und Bacci brandmarken in ihrer Kritik der Neuen Messe „ein auffallendes Abrücken von der katholischen Theologie der heiligen Messe“ (s. u.). Der Novus Ordo Missae sei „so beschaffen, dass er in vielen Punkten die liberalsten Protestanten zufriedenzustellen vermag.“ – „(Hier) will man mit der gesamten Theologie der Messe ‚tabula rasa’ machen. Im Grunde nähert man sich hier der protestantischen Theologie, die das Messopfer zerstört hat.“ [7]
3) Pastorale Gründe
Bereits 1969 beklagen die Kardinäle Ottaviani und Bacci die verheerenden pastoralen Schäden der Liturgiereform. Sie führte „zur totalen Verwirrung der Gläubigen; diesen merkt man bereits an, dass sie die Änderungen nicht mehr ertragen können und an der Glaubenssubstanz unzweifelhaft Schaden leiden. Unter den Besten des Klerus zeigt sich dies in einer quälenden Gewissenskrise, wofür uns täglich zahlreiche Zeugnisse zugehen.“
Die von Mgr. Lefebvre geprägte Formel: „Die neue Messe kommt aus der Häresie und führt in die Häresie“ hat sich in den vergangenen 50 Jahren aufs Bitterste bestätigt. Die meisten Katholiken haben den Glauben verloren und haben keine Ahnung von der hl. Messe, vom Geist der Anbetung und des Opfers. Gemäß einer Umfrage anlässlich des „Kirchentages“ in München 2010 gaben mehr als 90 % der praktizierenden Katholiken an, für sie gäbe es keinen Unterschied zwischen katholischer Messe und protestantischem Abendmahl. – Die verheerende Glaubenskrise äußert sich auch im unaufhaltbaren Rückgang des sonntäglichen Gottesdienstbesuches. In Wien besuchen nur noch 3 % der Katholiken regelmäßig die Sonntagsmesse, in Frankreich gar nur noch 1,8 %!
Opfer oder Mahl?
Die von Kardinal Ratzinger erwähnte Verwüstung drang leider bis in den innersten Kern des Christseins ein, der in der Nachfolge Christi besteht und vom hl. Paulus wunderschön beschrieben wird: „Ich will Ihn kennenlernen sowie die Gemeinschaft mit seinem Leiden und die Macht seiner Auferstehung“ (Phil 3).
Seit Jahrzehnten konnte man den Versuch moderner Theologen beobachten, alles was an Kreuz und Opfer erinnert, zu unterdrücken und gleichfalls auch aus der Liturgie zu eliminieren. Papst Pius XII. sah mit Besorgnis diese Entwicklung und wollte ihr energisch entgegenwirken: „Da aber sein bitteres Leiden das eigentliche Geheimnis ist, aus dem unser Heil erwächst, entspricht es ganz dem katholischen Glaubensgeist, jenes Leiden in volles Licht zu rücken, ist es doch auch das Kernstück unserer Gottesverehrung, sofern das eucharistische Opfer es täglich vergegenwärtigt und erneuert, und alle Sakramente in engstem Zusammenhang mit dem Kreuz stehen.“
Die Warnungen des weisen Papstes wurden leider in den Wind geschlagen, es kam eine neue Messe, die ihres Wesenskerns entbehrte: Je nachdem, wie sie gelesen wird, ist der Opfergedanke fast oder ganz ausgelöscht. Das war wirklich das Schlimmste, das passieren konnte – gerade in der heutigen Zeit, die sich als „Spaßgesellschaft“ und „Wellness-Kirche“ definiert. Wie soll der Christ sein tägliches Kreuz tragen, die Schwierigkeiten des Lebens meistern und dann noch ein tugendhaftes Leben führen, wenn sein Opfergeist in der hl. Messe keine Belebung und Nahrung mehr findet? Wie sollen insbesondere Priester und Ordensleute die Opfergabe ihres abgetöteten Lebens darbringen, wenn sie sich nicht täglich mit dem göttlichen Opferlamm vereinigen, um sich für die Ehre Gottes und die Rettung der Seelen hinzugeben? Darf man sich da über die Identitätskrise und das Absterben des gottgeweihten Lebens noch wundern? Der heutige erschütternde Zusammenbruch in der Kirche – bis hin zu all den furchtbaren Skandalen – findet er nicht seine tiefste Ursache in der liturgischen Verwüstung?
Schritte zur Wiederherstellung der Zentralität Gottes in der Liturgie (catholicnewsagency.com)
Quellen:
Meilenstein im Leben der Kirche? - Distrikt Deutschland (fsspx.de)
(21) Pater V. auf Twitter: "Der modernistische P. George Tyrell, der 1906 aus den Jesuiten ausgeschlossen und schließlich 1908 exkommuniziert wurde, war der erste, der die Idee einer "hörenden Kirche" förderte, in der der 'Sensus fidelium' auf die Art einer Volksabstimmung reduziert wird, wobei der Konsens die Dauer bestimmt... https://t.co/ZZqymitAuz" / Twitter
(21) Nikhil Hogan
50 Jahre Neue Messe - Erneuerung oder Verwüstung? | Distrikt Österreich (fsspx.at)