Vom Atheisten zum Christen - Taufe in der Osternacht
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Die atheistische Lebensweise hatte Lüdecke bis zu seinem 16. Lebensjahr gänzlich verinnerlicht. Das änderte sich mit dem Ethik-Unterricht in der Oberstufe. Lüdecke verschlang geradezu Friedrich Nietzsches Bücher und bemerkte, dass ihm etwas fehlte. „Ich habe mich immer mehr zur Religion hingezogen gefühlt.“ Heute, gut fünf Jahre später, wird Lüdecke in die katholische Kirche aufgenommen. In der Osternacht wird Bischof Dr. Friedhelm Hofmann den 21-jährigen Studenten in der Neumünsterkirche in Würzburg taufen.
„Ich habe gemischte Gefühle im Hinblick auf die Taufe“, gesteht Lüdecke. Schließlich sei das Christwerden auch die Grundlage für seinen Beruf. Der Blondschopf mit den raspelkurzen Haaren spricht enthusiastisch, wählt seine Worte aber auch mit Bedacht. Seit zweieinhalb Jahren studiert er in Würzburg katholische Theologie auf Lehramt. Um später auch als katholischer Religionslehrer arbeiten zu können, muss Lüdecke getauft sein. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, „in den letzten zwei Jahren habe ich richtig mit mir kämpfen müssen“. 100 Prozent sicher, ob die Entscheidung für die Taufe richtig ist, sei er sich immer noch nicht. „Niemand wird sagen können, dass er keine Zweifel hat. Sonst würde man nicht so oft beten“, versucht sich Lüdecke zu erklären.
Bei seinen Großeltern sei die Entscheidung zur Taufe nicht gut angekommen. Die Oma sei nicht begeistert, und der Opa nehme es stillschweigend hin. „Aber das ist mir egal. Sie haben mich zwar großgezogen, aber es ist mein Leben“, betont Lüdecke. Besonders starken Widerstand sei von seinem Onkel, der für Lüdecke wie ein Bruder sei, gekommen. Ganz anders jedoch habe die Familie seiner Freundin in Euerfeld reagiert. „Ihre Mutter hätte es gerne gesehen, wenn ich mich dort hätte taufen lassen“, verrät der Student.
Dass er sich überhaupt auf den Glauben eingelassen hat, sei Rousseau, Kant und Platon zu verdanken. Die großen Philosophen ihrer Zeit hätten Lüdecke stark geprägt, erzählt der Student. Aber besonders „gepiekst“ hätte ihn Nietzsche. „Irgendwie fehlte was.“ Die Lücke konnte nur der Glauben schließen. Lüdecke sagt über sich selbst, dass er alles und jeden begreifen will. Menschen ordne er in Raster ein. Deshalb empfinde er es als faszinierend und auch unbegreiflich, dass ein Mensch so viele andere Menschen um sich scharen könne – so wie es Jesus getan hat. „Wenn das keine Laune des Lebens ist, will ich wissen, was dahinter steckt und zwar ethisch, religiös und soziologisch.“
Dieser Gedanke ließ ihn nicht wieder los. Deshalb habe er sich für das Theologiestudium entschieden. „Meine Großeltern hatten gesagt: ‚Egal was du machst, auf keinen Fall wirst du Lehrer!‘ Und dann habe ich mich auch noch für Religion entschieden“, erzählt Lüdecke schmunzelnd. Zum Wintersemester 2009/2010 hat der gebürtige Thüringer in Würzburg mit dem Studium begonnen, „weil der Lehrstuhl für katholische Theologie sehr angesehen ist“. Warum er sich nicht für evangelische Theologie entschieden hat? „Die Umsetzung der Lehre im Katholizismus ist am wirkungsvollsten.“
Dogmatik, neutestamentliche Exegese und Kirchenrecht machten ihm am meisten Spaß. Außerdem habe er tolle Professoren. „Auf dieser Grundlage hat sich gefestigt, dass ich später wirklich selbst lehren will“, resümiert der Student. Aber nicht nur die Notwendigkeit, um später als Lehrer zu arbeiten, habe ihn bewegt, der Kirche beizutreten. „Ich möchte die Autorität haben, Dinge in Frage zu stellen“, betont Lüdecke. Da werde er nur wahrgenommen, wenn er Teil der Gemeinschaft sei. Der junge Mann hat viel vor, will viel verändern. „Papst kann und will ich nicht werden.“ Dafür hat Lüdecke ein anderes Ziel fest vor Augen: Er möchte eine bedeutende Position in der katholischen Kirche erlangen, um gehört zu werden. Er wolle kämpfen – für das Wohl der katholischen Kirche.