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Spiegel-Affäre: Richter verärgert - Spiegel unschuldig

Das Urteil eines Münchener Richters und seine anschließenden Bemerkungen zum Verhalten der Rechtsanwälte der Angeklagten Melanie M. sowie eines bedeutenden bundesdeutschen Nachrichtenmagazins sind bemerkenswert.

Die Quellen:

Spiegel: www.spiegel.de/…/oktoberfest-urt…

Süd-Deutsche: www.sueddeutsche.de/muenchen/landgericht-mue…

und jede weitere Tageszeitung und Panorama oder aus aller Welt.


Der Ausgangspunkt sind rassistische Beleidigungen der Angeklagten durch einen Wiesn-Gast. Darauf folgt dann die Tat: „Die Mutter dreier Kinder hatte zugegeben, einen Wiesn-Gast im vergangenen Jahr vor dem Käfer-Promizelt mit einem Klappmesser verletzt zu haben. Der Lastwagenfahrer erlitt eine schwere Stichwunde, verlor literweise Blut, ihm musste die Milz entfernt werden. Nach der Tat warf Melanie M. das Messer weg und ging mit ihren Freunden in die Münchner Nobel-Disco P1.“ Der Richterspruch geht auf viereinhalb Jahre Haft wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Das Urteil ist für den Umstand, dass die Angeklagte die Lebenspartnerin eines Hamburger Millionärs ist, ungewöhnlich hoch, und genau da beginnen die Probleme.

Der Hamburger Millionär unternimmt laut den Presseberichten einiges, um seine Lebenspartnerin vor dem drohenden Urteil zu retten. Ein Zeuge wird gekauft, um eine Falschaussage vor Gericht zu platzieren. Angeblich haben die Verteidiger dem falschen Zeugen ein Schriftstück zur Unterschrift vorgelegt. Dann ist von einem gekauften Artikel in einem bedeutenden bundesweiten Magazin für Nachrichten die Rede, aber Gisela Friedrichsen hält das für eine „Vermutung, die jeglicher Grundlage“ entbehre, denn alles sei sorgfältig recherchiert.

Laut Süddeutsche wird sich nun auch der Lebenspartner der Angeklagten verantworten müssen. Die Rechtsanwälte der Angeklagten sind ebenfalls ins Visier der Staatsanwalt geraten.

Der Spiegel ist und bleibt nach eigenem Bekunden unschuldig. Ein Verteidiger habe eben alles zu unternehmen, was seinem Mandanten diene: „Verteidiger sind Partei. Sie haben zum Wohl des Angeklagten alles zu tun, was rechtlich geboten und zulässig ist, auch wenn sie sich dabei bei den Richtern unbeliebt machen.“ Dieser Satz wäre so unstrittig, aber in diesem Fall geht es um Maßnahmen, die über das rechtliche Gebotene und Zulässige hinausgingen. Wenn hinter einem Magazin für Nachrichten kein Anstand, keine Ehrlichkeit, kein gesellschaftlicher Wertekonsens und keine über das formale Recht hinausgehenden Gebote stehen, dann ist schließlich alles geboten.