Offener Brief an Kardinal Woelki über die AfD
Sehr geehrte Eminenz Kardinal Woelki, sehr geehrte Hoch- und Ehrwürden, sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte scharfe Kritik am Verhalten auch aus Ihrem Erzbistum hinsichtlich im Betreff genannter Angelegenheit üben.
Die "Alternative für Deutschland" ist eine auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Partei, die auch nicht einmal von staatlichen Behörden überwacht wird. Sie hat das volle verfassungsmäßige Recht, einen Bundesparteitag auch in Köln abzuhalten und wie andere Parteien ihre Strategie für den Bundestagswahlkampf festzulegen.
Gleichermaßen ist es berechtigt, Kritik an dieser Partei, ihrer Programmatik, ihren Äußerungen und Zielen und an den Vorgängen auf dem Parteitag zu üben.
Dieses Recht steht auch Angehörigen des Klerus selbstverständlich zu.
Allerdings sind die Mittel, mit welchen nicht nur in diesem Falle hier und heute vorgegangen wird, oftmals alles andere als rechtsstaatskonform, menschengemäß oder gar christlich.
Es ist daher mit großer Sorge zu beobachten, wenn Angehörige des Klerus oder engagierte Laien nicht nur sachliche Kritik üben, sondern sich mit Gruppen und Personen de facto solidarisieren, die über jedes Maß diesbezüglich hinausgehen, die sachliche Auseinandersetzung nicht wünschen und nicht selten den "Kritisierten" Menschenwürde und die heute zum säkularen Heiligtum gewordenen "Menschenrechte" absprechen, also das tun, was sie selbst der AfD vorwerfen.
Es handelt sich hier um eine Neuauflage des Jakobinertums, das bereits namens der Menschheit Andersdenkende bis hin zur Hinrichtung oder auch viehischen Ermordung (siehe den Vernichtungskrieg gegen die kirchen- und königstreuen Landadligen und Bauern in der westfrz. Vendée 1793ff.) verfolgte.
Wenn nun Angehörige des Klerus sich an tendenziell vergleichbaren Vorgängen beteiligen, so kommt mir leider Oswald Spenglers Anf. der 1930er Jahre gebrauchtes Wort vom "Priesterpöbel", womit er den Teil des frz. Klerus bezeichnete, der sich der revolutionären Zivilverfassung für den Klerus unterwarf, in den Sinn.
Leider ist die auch in deutschen Landen nicht unbekannt oder neu. Ebenfalls zur Zeit der Aufklärung kam es vor, daß Bischöfe vor lauter Rationalismus und Idealismus Wallfahrten untersagten - oder sich dem preußischen Staat anbiederten (dazu äußerte sich dann in den 1830er Jahren Joseph Görres in "Athanasius und die Kirche seiner Zeit"). Man denke auch an die Weigerung des Kölner Domkapitels, anläßlich der Verkündung des Dogma der Unbefleckten Empfängnis im Jahre 1854 den Dom zu illuminieren. Domverdunkelungen, die zugleich Zeugnisverdunkelungen, so oder so, sind, sind also auch keineswegs neu.
Diese Welle dürfte aus dem damaligen Protestantismus stammen. Ebenfalls aus dem liberalen Protestantismus stammt die Bewegung der NS-affinen "Deutschen Christen", deren antifaschistisch gewendete Nachfolger heute anderen zeitgeistigen Dummheiten nachlaufen, was ebenfalls nicht ohne Einfluß auf die katholische Kirche in deutschen Landen bleibt. Es waren denn auch seinerzeit nicht etwa traditionalistische oder konservative Katholiken, oder hauptsächlich nicht, welche eine Affinität zum Nationalsozialismus entwickelten, sondern progressive, modernistische.
Ebenso gehen heute theologischer Modernismus und Anbiederung an den politischen Zeitgeist, mag es nun um Ehe und Familie, um gender et c. gehen oder um die Flüchtlingskrise und den Islam, einher.
So auch im aktuellen Falle.
Es betrübt mich, daß dies unter der Ägide eines Erzbischofs und Kardinals der römischen Ortskirche geschieht, der seinem Vorgänger im Erzbistum Köln, S. Em. Joachim Kard. Meisner, Vieles zu verdanken hat, von dem er sich allerdings anscheinend besonders abheben will, indem er in puncto Islam de facto das Gegenteil sagt und indem er darauf verzichtet, ebenso deutlich wie dieser zu diesem und anderen Themen Stellung zu nehmen. Daß ein Erzbischof und Kardinal sich positiv zum Lebensschutz äußert, oder zur Eucharistie als Quelle des kirchlichen Lebens, das ist beinahe zu selbstverständlich, als daß man es unbedingt als positives Gegenbeispiel besonders betonen müßte. Es fällt nur heutzutage, da der deutsche Klerus sich meist selbst hier sehr bedeckt hält, besonders auf, was die Gesamtheit nicht besser macht.
Sehr geehrte Eminenz, ich habe Sie seinerzeit im November 2011 einmal in Erfurt erlebt, kurz nach Ihrer Berufung zum Erzbischof von Berlin. Sie predigten im Hohen Dom zum Patronatsfest unserer Theologischen Fakultät hervorragend über den Hl. Albertus Magnus. Ich würde mir wünschen, daß Sie mehr daran anknüpften, anstatt sich auf so oberflächliche und anbiedernde Weise, wenn Sie es vielleicht auch ernst meinen mögen, in die Politik zu verstricken. Das hat auch nichts mehr mit einer vorpolitischen Orientierung für die Gläubigen zu tun. Denn dann müßten Sie ebensolche Kritik an anderen Parteien einschließlich der CDU üben, in vielerlei Hinsicht.
Mein Bischof, S. E. Dr. Ulrich Neymeyr, hat zwar Kritik an den Demonstrationen der AfD in Erfurt geübt, zugleich aber deutlich gemacht, daß sich niemand ausgeschlossen fühlen müssen und Kritik an der aktuellen Politik ihr Recht habe. Dieses Maß vermisse ich in Köln und anderswo. Ebenso hat S. E. Dr. Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg, vor kurzem erst gesagt, daß der Klerus nicht in solcher Weise den Menschen ihr Wahlverhalten vorschreiben solle.
Prälat Dr. Wilhelm Imkamp, Wallfahrtdirektor in Maria Vesperbild im Bistum Augsburg, hingegen betonte vor kurzem, daß einen Vertrauensvorschuß haben solle, wer gegen Abtreibung und Homo-Ehe sei. Die Schlußfolgerungen kann jeder selbst ziehen für sein eigenes Verhalten.
Ich finde das, was man derzeit aus dem Erzbistum Köln diesbezüglich mitbekommt, oder auch aus dem Erzbistum München-Freising oder der Deutschen Bischofskonferenz hinsichtlich politischer Fragen und der eklatanten Nähe nicht etwa zum Grundgesetz, sondern zur konkreten Politik und zur Bundesregierung - möglicherweise auch zu einer künftigen unter Martin Schulz -, ich finde diese anbiedernde, keineswegs neue und mit Blick auf die wechselnden Adressaten dieser Anbiederei heuchlerische neudeutsche Pseudoökumene schlichtweg falsch und beschämend.
Marco Reese
[Text gefunden auf Freiwelt.net]
ich möchte scharfe Kritik am Verhalten auch aus Ihrem Erzbistum hinsichtlich im Betreff genannter Angelegenheit üben.
Die "Alternative für Deutschland" ist eine auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Partei, die auch nicht einmal von staatlichen Behörden überwacht wird. Sie hat das volle verfassungsmäßige Recht, einen Bundesparteitag auch in Köln abzuhalten und wie andere Parteien ihre Strategie für den Bundestagswahlkampf festzulegen.
Gleichermaßen ist es berechtigt, Kritik an dieser Partei, ihrer Programmatik, ihren Äußerungen und Zielen und an den Vorgängen auf dem Parteitag zu üben.
Dieses Recht steht auch Angehörigen des Klerus selbstverständlich zu.
Allerdings sind die Mittel, mit welchen nicht nur in diesem Falle hier und heute vorgegangen wird, oftmals alles andere als rechtsstaatskonform, menschengemäß oder gar christlich.
Es ist daher mit großer Sorge zu beobachten, wenn Angehörige des Klerus oder engagierte Laien nicht nur sachliche Kritik üben, sondern sich mit Gruppen und Personen de facto solidarisieren, die über jedes Maß diesbezüglich hinausgehen, die sachliche Auseinandersetzung nicht wünschen und nicht selten den "Kritisierten" Menschenwürde und die heute zum säkularen Heiligtum gewordenen "Menschenrechte" absprechen, also das tun, was sie selbst der AfD vorwerfen.
Es handelt sich hier um eine Neuauflage des Jakobinertums, das bereits namens der Menschheit Andersdenkende bis hin zur Hinrichtung oder auch viehischen Ermordung (siehe den Vernichtungskrieg gegen die kirchen- und königstreuen Landadligen und Bauern in der westfrz. Vendée 1793ff.) verfolgte.
Wenn nun Angehörige des Klerus sich an tendenziell vergleichbaren Vorgängen beteiligen, so kommt mir leider Oswald Spenglers Anf. der 1930er Jahre gebrauchtes Wort vom "Priesterpöbel", womit er den Teil des frz. Klerus bezeichnete, der sich der revolutionären Zivilverfassung für den Klerus unterwarf, in den Sinn.
Leider ist die auch in deutschen Landen nicht unbekannt oder neu. Ebenfalls zur Zeit der Aufklärung kam es vor, daß Bischöfe vor lauter Rationalismus und Idealismus Wallfahrten untersagten - oder sich dem preußischen Staat anbiederten (dazu äußerte sich dann in den 1830er Jahren Joseph Görres in "Athanasius und die Kirche seiner Zeit"). Man denke auch an die Weigerung des Kölner Domkapitels, anläßlich der Verkündung des Dogma der Unbefleckten Empfängnis im Jahre 1854 den Dom zu illuminieren. Domverdunkelungen, die zugleich Zeugnisverdunkelungen, so oder so, sind, sind also auch keineswegs neu.
Diese Welle dürfte aus dem damaligen Protestantismus stammen. Ebenfalls aus dem liberalen Protestantismus stammt die Bewegung der NS-affinen "Deutschen Christen", deren antifaschistisch gewendete Nachfolger heute anderen zeitgeistigen Dummheiten nachlaufen, was ebenfalls nicht ohne Einfluß auf die katholische Kirche in deutschen Landen bleibt. Es waren denn auch seinerzeit nicht etwa traditionalistische oder konservative Katholiken, oder hauptsächlich nicht, welche eine Affinität zum Nationalsozialismus entwickelten, sondern progressive, modernistische.
Ebenso gehen heute theologischer Modernismus und Anbiederung an den politischen Zeitgeist, mag es nun um Ehe und Familie, um gender et c. gehen oder um die Flüchtlingskrise und den Islam, einher.
So auch im aktuellen Falle.
Es betrübt mich, daß dies unter der Ägide eines Erzbischofs und Kardinals der römischen Ortskirche geschieht, der seinem Vorgänger im Erzbistum Köln, S. Em. Joachim Kard. Meisner, Vieles zu verdanken hat, von dem er sich allerdings anscheinend besonders abheben will, indem er in puncto Islam de facto das Gegenteil sagt und indem er darauf verzichtet, ebenso deutlich wie dieser zu diesem und anderen Themen Stellung zu nehmen. Daß ein Erzbischof und Kardinal sich positiv zum Lebensschutz äußert, oder zur Eucharistie als Quelle des kirchlichen Lebens, das ist beinahe zu selbstverständlich, als daß man es unbedingt als positives Gegenbeispiel besonders betonen müßte. Es fällt nur heutzutage, da der deutsche Klerus sich meist selbst hier sehr bedeckt hält, besonders auf, was die Gesamtheit nicht besser macht.
Sehr geehrte Eminenz, ich habe Sie seinerzeit im November 2011 einmal in Erfurt erlebt, kurz nach Ihrer Berufung zum Erzbischof von Berlin. Sie predigten im Hohen Dom zum Patronatsfest unserer Theologischen Fakultät hervorragend über den Hl. Albertus Magnus. Ich würde mir wünschen, daß Sie mehr daran anknüpften, anstatt sich auf so oberflächliche und anbiedernde Weise, wenn Sie es vielleicht auch ernst meinen mögen, in die Politik zu verstricken. Das hat auch nichts mehr mit einer vorpolitischen Orientierung für die Gläubigen zu tun. Denn dann müßten Sie ebensolche Kritik an anderen Parteien einschließlich der CDU üben, in vielerlei Hinsicht.
Mein Bischof, S. E. Dr. Ulrich Neymeyr, hat zwar Kritik an den Demonstrationen der AfD in Erfurt geübt, zugleich aber deutlich gemacht, daß sich niemand ausgeschlossen fühlen müssen und Kritik an der aktuellen Politik ihr Recht habe. Dieses Maß vermisse ich in Köln und anderswo. Ebenso hat S. E. Dr. Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg, vor kurzem erst gesagt, daß der Klerus nicht in solcher Weise den Menschen ihr Wahlverhalten vorschreiben solle.
Prälat Dr. Wilhelm Imkamp, Wallfahrtdirektor in Maria Vesperbild im Bistum Augsburg, hingegen betonte vor kurzem, daß einen Vertrauensvorschuß haben solle, wer gegen Abtreibung und Homo-Ehe sei. Die Schlußfolgerungen kann jeder selbst ziehen für sein eigenes Verhalten.
Ich finde das, was man derzeit aus dem Erzbistum Köln diesbezüglich mitbekommt, oder auch aus dem Erzbistum München-Freising oder der Deutschen Bischofskonferenz hinsichtlich politischer Fragen und der eklatanten Nähe nicht etwa zum Grundgesetz, sondern zur konkreten Politik und zur Bundesregierung - möglicherweise auch zu einer künftigen unter Martin Schulz -, ich finde diese anbiedernde, keineswegs neue und mit Blick auf die wechselnden Adressaten dieser Anbiederei heuchlerische neudeutsche Pseudoökumene schlichtweg falsch und beschämend.
Marco Reese
[Text gefunden auf Freiwelt.net]