Tina 13
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Altersarmut : Sie kochen Kohlrabiblätter aus und heizen nur ein Zimmer

Scheitert die Ehe, sind Frauen, die für die Familie aus dem Job ausstiegen sind, besonders anfällig für Altersarmut. ©Jeremy Wong

Altersarmut trifft oft Frauen: Sie verdienen weniger und arbeiten oft in Teilzeit. Unsere Autorin erforscht prekären Ruhestand. Sie sagt: Die Pläne der Groko helfen kaum.

Altersarmut

Sie kochen Kohlrabiblätter aus und heizen nur ein Zimmer

Du findest einfach nichts anderes! Keine Chance, die Arbeitgeber wollen Jüngere", so eine Endsechzigerin, die abends in einem Call Center Telefonaquise betreiben muss. Sie hat 40 Jahre bei einer Versicherung gearbeitet, muss aber wieder jobben, weil ihre Rente von 1.000 Euro nicht zum Leben ausreicht. Eine 80-jährige ehemalige Hausmeisterin sagt: "Ich habe nur kaputte Winterschuhe." Die Reparaturkosten könne sie sich nicht leisten. Und eine frühere Bürokraft, Anfang siebzig, geriet nach ihrer Scheidung in die Schuldenfalle: "Alles weg, alles weg, jetzt muss ich knausern und sparen." Mit Freundinnen treffen? "Das ist Luxus, das geht nicht." Sie ist bitter geworden: "Das Leben ist eigentlich gelaufen. Ich sehe kein Highlight mehr für mich."

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Frauen sind besonders von der Altersarmut gefährdet, da sie auch ihr ganzes Berufsleben lang weniger verdienen als Männer. Sie waren und sind es noch immer, die für die Kindererziehung und oft auch für die Pflege der Eltern Abstriche bei der Karriere machen."

Momentan stocken 4,6 Prozent der Menschen in Deutschland beim Eintritt in den Ruhestand ihre Rente beim Sozialamt auf, weil sie unter dem Existenzminimum liegt. Das zeigt die Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Der Anteil Neuverrentneten, die diese sogenannte "Grundsicherung" beziehen, hat sich somit seit 2005 fast verdoppelt. Und die städtischen Armutsberichte sind sich einig: Die Zahl der bedürftigen Rentnerinnen und Rentner ist in Wahrheit viel größer. Die Scham und die Schuldgefühle, nicht selbst für sich gesorgt zu haben, verhindern oft, dass Bedürftige im Ruhestand sich Hilfe bei den Ämtern holen. Auch ihren Familien wollen Betroffene nicht zur Last fallen.

Dafür, dass vor allem die jüngeren Rentnerinnen und Rentner von Armut betroffen sind, ist auch das immer weiter abgesenkte Rentenniveau verantwortlich: 1990 lag es vor Steuern noch bei 55,1 Prozent des durchschnittlichen Jahreseinkommens, 2016 bei 48 Prozent. Altersarmut und die Renten waren – längst überfällig – im Wahlkampf Thema. Inzwischen haben sich CDU/CSU und SPD bei den Koalitionsgesprächen auf eine Rentenpolitik geeinigt. Die Rente soll auf dem Niveau von 48 Prozent eingefroren werden. Auch auf die Einführung einer "Grundrente" konnte sich Schwarz-Rot einigen – das heißt: "Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt haben", sollen nach 35 Beitragsjahren zehn Prozent oberhalb der Grundsicherung erhalten. Desweiteren ist eine Erweiterung der Mütterrente angedacht: Frauen, die ihre Kinder vor 1992 auf die Welt gebracht haben, sollen künftig auch das dritte Jahr Erziehungszeit in der Rente angerechnet bekommen. Dies sind sicherlich Schritte in die richtige Richtung. Doch scheinen sie angesichts der Lage mickrig.

Der durchschnittliche Bedarf der Grundsicherung lag im Dezember 2015 laut dem fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bei 785 Euro. Die Grundsicherung ist in teueren Großstädten zwar höher, weil das Existenzminimum für jeden individuell berechnet wird. Aber sie reicht in teureren Städten bei Weitem nicht aus, um ein würdiges Leben zu führen. Der Alltag der Frauen, mit denen wir gesprochen haben, war geprägt von Ängsten und Sorgen, die nicht mit zehn Prozent Rentenerhöhung behoben wären. Ganz oben: aus ihrer Wohnung raus zu müssen, weil eine Miet- oder Nebenkostenerhöhung droht oder sie dann zu teuer ist für die Bezuschussung des entsprechenden Amtes. Umziehen im Alter mit beginnenden körperlichen Einschränkungen? Wohin denn? Die Frauen haben ihr Netz aus Ärzten, Helfern und Freunden über Jahre rund um die Wohnung aufgebaut, die inzwischen auch der zentrale Rückzugsort ist. Ein Umzug aufs billigere Land würde sie de-integrieren, denn nur in diesem gewohnten Nahraum können sie den Alltag im höheren Alter noch allein bewältigen. Sozialwohnungen, zumal in einer Großstadt wie München, sind Mangelware. Eine ehemalige leitende Altenpflegerin klagte, schon lange auf eine Sozialwohnung zu warten. Provisorisch schläft sie seit zwei Jahren auf einem Klappbett im Flur der Tochter. Sie hat über 40 Jahre alte Menschen versorgt und nun findet sie im Alter keinen bezahlbaren Wohnraum.

www.zeit.de/…/altersarmut-fra…
Tina 13
😭😭😭
Tina 13
Die deutsche Wirtschaft befindet sich am Anfang einer historischen Rezession. Einer Umfrage im Auftrag der Postbank zufolge sind bereits 2,1 Millionen Existenzen bedroht, weitere 3,5 Millionen Deutsche verzeichnen erhebliche finanzielle Einbußen. Inmitten des Chaos und der Existenzängste gibt es immerhin eine Frau, die sich über eine hoch dotierte Position freuen kann: Andrea Nahles.
Vered Lavan
In unserer apostatischen Unwertsgesellschaft sind die Älteren wertlos. Furchtbar.
Tina 13
Das ist gewollt und wird so gesteuert.
Rita 3
Das ist unser Staat. Und dann kommen tausende, die hier noch keinen Finger gerührt haben und bekommen das Neueste umsonst, und die Ansprüche wachsen in den Himmel- selber erlebt!!
Tina 13
„Die Zahl der bedürftigen Rentnerinnen und Rentner ist in Wahrheit viel größer. Die Scham und die Schuldgefühle, nicht selbst für sich gesorgt zu haben, verhindern oft, dass Bedürftige im Ruhestand sich Hilfe bei den Ämtern holen. Auch ihren Familien wollen Betroffene nicht zur Last fallen.“
3 weitere Kommentare von Tina 13
Tina 13
„Der durchschnittliche Bedarf der Grundsicherung lag im Dezember 2015 laut dem fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bei 785 Euro. Die Grundsicherung ist in teueren Großstädten zwar höher, weil das Existenzminimum für jeden individuell berechnet wird. Aber sie reicht in teureren Städten bei Weitem nicht aus, um ein würdiges Leben zu führen.“
Tina 13
„Provisorisch schläft sie seit zwei Jahren auf einem Klappbett im Flur der Tochter. Sie hat über 40 Jahre alte Menschen versorgt und nun findet sie im Alter keinen bezahlbaren Wohnraum.“
Tina 13
„Mit Freundinnen treffen? "Das ist Luxus, das geht nicht." Sie ist bitter geworden: "Das Leben ist eigentlich gelaufen. Ich sehe kein Highlight mehr für mich."