Josef Ratzinger forderte 1970 die Priesterehe
(gloria.tv KNA) Die «Süddeutsche Zeitung» verkaufte es am Freitag als
Sensation: Dabei ist das Memorandum der Theologen Karl Rahner, Walter Kasper, Karl Lehmann und Joseph Ratzinger schon Anfang der 1970er Jahre veröffentlicht und heftig diskutiert worden. Brisanz hat das jetzt wieder ausgegrabene Schreiben dennoch: Denn immerhin haben der heutige Papst Benedikt XVI. und mit Kasper und Lehmann zwei inzwischen prominente Kardinäle damals eindringlich an die deutschen Bischöfe appelliert, den Zölibat der Priester auf den Prüfstand zu stellen.
Auf alle Fälle bietet das Papier neuen Stoff für die wieder aufgeflammte Debatte über die verpflichtende Ehelosigkeit der katholischen Priester. Zölibatskritiker von heute berufen sich auf den frühen Ratzinger. Auch weil es damit schwerer werden dürfte, sie in eine kirchenfeindliche Ecke zu stellen.
«In einer notvollen Situation der Kirche» hatten sich damals insgesamt neun aufstrebende Theologen, die einer Kommission der Bischofskonferenz zur Glaubens- und Sittenlehre angehörten, an die Bischöfe gewandt. Gerade mit Blick auf den absehbaren Priestermangel brauche die Kirche missionarische Kräfte für eine Offensive.
Einerseits bekannten die Theologen sich zum Zölibat als eine wesentliche Form des Priestertums. Andererseits aber forderten sie, dass die Kirche sich fragen müsse, «ob die bisherige Weise, in der die priesterliche Existenz realisiert wird, in der lateinischen Kirche die einzige Lebensform» bleiben müsse.
Der Zölibat sei kein Dogma, sondern kirchliches Gesetz, das angesichts veränderter gesellschaftlicher Umstände hinterfragt werden könne, heißt es weiter. Auch dürfe der Pflichtzölibat «nicht zum absoluten Fixpunkt der Überlegungen gemacht werden, nach denen sich alle anderen kirchlichen und pastoralen Erwägungen ausschließlich zu richten hätten».
Argumente, die jetzt wiederholt werden. Ausgelöst haben die erneute Diskussion prominente CDU-Politiker, die dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehören oder angehörten, darunter Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Sie appellieren an die Bischöfe, sich zumindest für die Weihe «erprobter verheirateter Männer» (viri probati) einzusetzen.
Wer «eisern am überkommenen Pflichtzölibat festhält, führt die Gemeinden sehenden Auges in den seelsorgerischen Notstand», verweist Lammert auf den Priesternotstand. «1960 waren knapp 15.500 Geistliche in der Pfarrseelsorge tätig, derzeit sind es noch 8.500.
Gerade noch 150 Männer wollten 2010 in Deutschland katholische Priester werden.» Vielen Gläubigen werde bereits heute ihr Recht auf die Sonntagsmesse vorenthalten.
Die Deutsche Bischofskonferenz will derzeit nicht in die Debatte einsteigen. Das Thema sei «von weltkirchlicher Tragweite» und verlange Entscheidungen auf gesamtkirchlicher Ebene, heißt es in Bonn. Sehr deutlich kritisiert der gerade neu ernannte deutsche Kardinal Walter Brandmüller den Appell. In einem Offenen Brief schreibt er von einer «Kampagne» und einer «persönlichen Beleidigung» für die «überwältigende Zahl von Priestern, die den Zölibat überlegt und aus freien Stücken» übernommen hätten.
Letztlich werde auch Christus selbst dadurch beleidigt.
«Was legitimiert Sie als Politiker, zu einem innerkirchlichen Thema Stellung zu beziehen?», fragt der aus Bayern stammende Kirchenhistoriker. Die Initiative nähre den Verdacht, dass es «um erste Schritte hin zu einer anderen Kirche» gehe. Auch aus den Reihen der Union kommt Widerspruch: Der Zölibat sei «nicht die drängendste Frage», sagt JU-Chef Philipp Missfelder. Er halte den Zölibat zudem für wichtig, da sich die Priester «so mit ihrem Leben vollkommen in den Dienst Gottes und der Kirche stellen».
Familienstaatssekretär Hermann Kues (CDU) dagegen weist diese Kritik zurück. Der Priestermangel «muss und darf jeden umtreiben, der es gut mit der Kirche meint», sagt er. Die Kirche sei das Volk Gottes, und dazu gehörten neben Bischöfen und Priestern «selbstverständlich auch Laien». Eine Einlassung von christlich orientierten Politikern sei deshalb «nicht nur selbstverständlich, sondern auch unverzichtbar».
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Sensation: Dabei ist das Memorandum der Theologen Karl Rahner, Walter Kasper, Karl Lehmann und Joseph Ratzinger schon Anfang der 1970er Jahre veröffentlicht und heftig diskutiert worden. Brisanz hat das jetzt wieder ausgegrabene Schreiben dennoch: Denn immerhin haben der heutige Papst Benedikt XVI. und mit Kasper und Lehmann zwei inzwischen prominente Kardinäle damals eindringlich an die deutschen Bischöfe appelliert, den Zölibat der Priester auf den Prüfstand zu stellen.
Auf alle Fälle bietet das Papier neuen Stoff für die wieder aufgeflammte Debatte über die verpflichtende Ehelosigkeit der katholischen Priester. Zölibatskritiker von heute berufen sich auf den frühen Ratzinger. Auch weil es damit schwerer werden dürfte, sie in eine kirchenfeindliche Ecke zu stellen.
«In einer notvollen Situation der Kirche» hatten sich damals insgesamt neun aufstrebende Theologen, die einer Kommission der Bischofskonferenz zur Glaubens- und Sittenlehre angehörten, an die Bischöfe gewandt. Gerade mit Blick auf den absehbaren Priestermangel brauche die Kirche missionarische Kräfte für eine Offensive.
Einerseits bekannten die Theologen sich zum Zölibat als eine wesentliche Form des Priestertums. Andererseits aber forderten sie, dass die Kirche sich fragen müsse, «ob die bisherige Weise, in der die priesterliche Existenz realisiert wird, in der lateinischen Kirche die einzige Lebensform» bleiben müsse.
Der Zölibat sei kein Dogma, sondern kirchliches Gesetz, das angesichts veränderter gesellschaftlicher Umstände hinterfragt werden könne, heißt es weiter. Auch dürfe der Pflichtzölibat «nicht zum absoluten Fixpunkt der Überlegungen gemacht werden, nach denen sich alle anderen kirchlichen und pastoralen Erwägungen ausschließlich zu richten hätten».
Argumente, die jetzt wiederholt werden. Ausgelöst haben die erneute Diskussion prominente CDU-Politiker, die dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehören oder angehörten, darunter Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Sie appellieren an die Bischöfe, sich zumindest für die Weihe «erprobter verheirateter Männer» (viri probati) einzusetzen.
Wer «eisern am überkommenen Pflichtzölibat festhält, führt die Gemeinden sehenden Auges in den seelsorgerischen Notstand», verweist Lammert auf den Priesternotstand. «1960 waren knapp 15.500 Geistliche in der Pfarrseelsorge tätig, derzeit sind es noch 8.500.
Gerade noch 150 Männer wollten 2010 in Deutschland katholische Priester werden.» Vielen Gläubigen werde bereits heute ihr Recht auf die Sonntagsmesse vorenthalten.
Die Deutsche Bischofskonferenz will derzeit nicht in die Debatte einsteigen. Das Thema sei «von weltkirchlicher Tragweite» und verlange Entscheidungen auf gesamtkirchlicher Ebene, heißt es in Bonn. Sehr deutlich kritisiert der gerade neu ernannte deutsche Kardinal Walter Brandmüller den Appell. In einem Offenen Brief schreibt er von einer «Kampagne» und einer «persönlichen Beleidigung» für die «überwältigende Zahl von Priestern, die den Zölibat überlegt und aus freien Stücken» übernommen hätten.
Letztlich werde auch Christus selbst dadurch beleidigt.
«Was legitimiert Sie als Politiker, zu einem innerkirchlichen Thema Stellung zu beziehen?», fragt der aus Bayern stammende Kirchenhistoriker. Die Initiative nähre den Verdacht, dass es «um erste Schritte hin zu einer anderen Kirche» gehe. Auch aus den Reihen der Union kommt Widerspruch: Der Zölibat sei «nicht die drängendste Frage», sagt JU-Chef Philipp Missfelder. Er halte den Zölibat zudem für wichtig, da sich die Priester «so mit ihrem Leben vollkommen in den Dienst Gottes und der Kirche stellen».
Familienstaatssekretär Hermann Kues (CDU) dagegen weist diese Kritik zurück. Der Priestermangel «muss und darf jeden umtreiben, der es gut mit der Kirche meint», sagt er. Die Kirche sei das Volk Gottes, und dazu gehörten neben Bischöfen und Priestern «selbstverständlich auch Laien». Eine Einlassung von christlich orientierten Politikern sei deshalb «nicht nur selbstverständlich, sondern auch unverzichtbar».
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