"Неофициально – 84 трупа". Украинский удар по Лантратовке
"Inoffiziell - 84 Tote". Ukrainischer Angriff auf Lantratovka tötet vermutlich 84 russische Bauarbeiter
10. Januar 2023. Radio Svoboda/Radio Liberty

Radio Svoboda hat herausgefunden, dass bei einem ukrainischen Angriff in dem Dorf Lantratovka im besetzten Teil der Region Luhansk mehr als 80 Menschen ums Leben gekommen sein könnten - überwiegend Bauarbeiter aus Nowosibirsk, die in die Ukraine gekommen waren, um Geld zu verdienen. Wir entdeckten auch, dass unter Lantratovka, das 20 Kilometer von der russischen Grenze entfernt liegt, Arbeiter aus Russland Gräben aushoben und DOTs (langfristige Verteidigungspunkte) aus Beton errichteten. Einige Arbeiter waren in der Stadt Valuiki untergebracht und wurden täglich in die und aus der Ukraine transportiert - doch in letzter Zeit wurde der Bau der militärischen Befestigungen aufgrund der verschärften Feindseligkeiten eingestellt.
Am 8. Januar veröffentlichte der in Spanien lebende ukrainische Blogger Anatoliy Shariy zwei Videos: Eines wurde in der Aula der Lantra-Schule vor dem ukrainischen Angriff aufgenommen, das andere zeigt die Verletzten und die Zerstörung in den ersten Minuten nach dem Beschuss.

"Es gab viele Tote in Makiivka, nur wurden die Fälle, in denen 50 bis 200 Menschen auf einmal starben, vertuscht und totgeschwiegen", schrieb Sharii in der Bildunterschrift des Videos. Dies ist eine Anspielung auf den ukrainischen Silvesterangriff auf ein russisches Mobilisierungslager bei Donezk, bei dem nach offiziellen Angaben 89 Soldaten getötet wurden, inoffiziellen Berichten zufolge jedoch bis zu 600.

In einem weiteren Beitrag vom selben Tag stellte der Blogger klar, dass die Schule in Lantratiwka nicht von Mobilisierten, sondern von "Zivilisten, die zum Ausheben von Gräben angeheuert wurden", besetzt wurde. In dem von Sharyi veröffentlichten Video ist in der Aula der Schule tatsächlich nichts zu sehen, was darauf hindeuten könnte, dass die in der Schule lebenden Personen der Armee angehören: Sie sind alle in Zivil gekleidet, einige in blaue Arbeitsoveralls mit reflektierenden Streifen (was im Gegensatz zu zahlreichen Videos und Fotos von russischen Mobilisierungsorten steht, auf denen immer mindestens mehrere Personen in Militäruniform zu sehen sind).
Pro-russische öffentliche Foren und Konten in den sozialen Medien, wie das von Shariy, behaupteten, dass "Bauarbeiter, die zum Wiederaufbau der Infrastruktur gekommen waren", in Lantratiwka ums Leben gekommen seien, wobei die Verfasser einiger Beiträge angaben, dass sie "in verschiedenen Teilen der LNR und sogar in der Region Charkiw" angeheuert worden seien. Wie Radio Liberty herausfand, war dies nicht der Fall: Es handelte sich größtenteils um Russen, die "für einen langen Rubel" in die besetzten Gebiete kamen.
"Der Handwerkerraum wurde in die Luft gesprengt".

Bereits am 15. Dezember schrieb der Telegrammkanal "We can explain" darüber, dass über Anzeigen im Internet Menschen gesucht werden, die in den besetzten Gebieten in Russland Gräben ausheben. Den Journalisten gelang es, herauszufinden, dass die Leute von der Firma StroyCom eingestellt wurden, die sich auf ihrer Website damit rühmt, am Bau der Krim-Brücke, des neuen Terminals des Flughafens Sotschi und des Lakhta-Zentrums in St. Petersburg beteiligt zu sein. Denjenigen, die sich auf die Baustelle im Donbass begeben wollten, wurde eine monatliche Vergütung von bis zu 210.000 Rubel versprochen. Ähnliche Anzeigen sind auch heute noch im Internet zu finden.

Radio Liberty fand im sozialen Netzwerk VKontakte Fotos und Videos von frisch ausgehobenen Gräben und DOTs auf dem Konto eines Bewohners einer russischen Region des Urals (wir geben seinen Namen aus Gründen der Sicherheit dieser Person nicht an), der, wenn wir seinen anderen Posts glauben, im Dezember in der Stadt Valuiki in der Region Belgorod war. Wir haben diese Bilder geolokalisiert und festgestellt, dass sie einen Kilometer von Lantratovka entfernt aufgenommen wurden (genaue Koordinaten).

Er veröffentlichte auch Fotos von einem Zimmer mit Etagenbetten, in dem er mit anderen Arbeitern wohnte. Wir haben den Ort als die ehemaligen Räumlichkeiten des Sakura-Clubs in Valuiki in der Belinskogo-Straße geolokalisiert. Der Standort wird auch durch ein weiteres Bild bestätigt, das der Arbeiter gepostet hat - es zeigt den Evakuierungsplan des Clubgebäudes. Wie in dem von Anatoly Sharyy veröffentlichten Video sind auch auf diesen Fotos keine Anzeichen von Militärangehörigen zu sehen, die auf dem Gelände leben, und die Betten sind mit denselben blauen Overalls mit Reflexionsstreifen bedeckt.
Der Arbeiter, der diese Bilder veröffentlicht hat, bestätigte Radio Liberty in einem Briefwechsel, dass er in der Region Luhansk angekommen war, nachdem er eine Anzeige der Firma StroyCom aufgegeben hatte, und gab auch Einzelheiten über seine Arbeit und den Beschuss der Lantra-Schule durch Highmars an.

"Man hat uns jetzt herausgeholt und gesagt, dass die Feindseligkeiten begonnen haben. Zwei Busse aus Nowosibirsk kamen mit uns nach Lantratovka, mit Dachdeckern und Zimmerleuten. Wir wurden jeden Tag über die Grenze gebracht, und sie wurden in der Schule untergebracht. 3 Highmars auf einen Hinweis hin, offiziell - 11 Leichen, inoffiziell - 84. Um 3 Uhr morgens 3 Raketen, eine, dann 5 Sekunden später eine zweite und eine dritte. Das Herrenzimmer wurde in Stücke gesprengt". Radio Liberty war nicht in der Lage, die Zahl von 84 Todesopfern aus anderen Quellen zu bestätigen.

Unserer Quelle zufolge ist StroiCom seinen Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern nicht vollständig nachgekommen: Die Zugfahrt nach Walujki wurde ihnen bezahlt, ihr Lohn belief sich auf 6.000 Rubel pro Tag, abzüglich einer 13%igen Steuer, aber er und seine Kollegen haben die versprochene "Tagespauschale" noch nicht gesehen. Das russische Militär befand sich nicht über ihren Köpfen, aber "man konnte nicht näher an sie herankommen, um zu trinken. In Valuiki wachten die Arbeiter um 5.45 Uhr auf, frühstückten, fuhren um 6.30 Uhr mit dem Bus nach Lantratovka, kehrten um 20 Uhr in die Stadt zurück und aßen um 9 Uhr zu Abend. In Lantratovka selbst "aßen sie Drypacks". "Während wir warten. Es gibt Forderungen nach einer Brücke nach Nowosibirsk. Ich möchte nicht mehr ins Ausland [Russland] gehen - falls sie es wieder tun", schrieb unser Gesprächspartner.
"Die Behandlung ist schlimmer als die von Vieh".

Radio Liberty hat die Bewertungen untersucht, die Schichtarbeiter in den letzten Monaten über StroyCom auf einer der Profil-Webseiten hinterlassen haben. In einem der Berichte, die am 15. Dezember, einen Tag vor dem ukrainischen Streik gegen die Schule in Lantratovka, veröffentlicht wurden, bestätigt ein anonymer Baggerfahrer, dass einige der StroyCom-Mitarbeiter nicht in der russischen Valuiki, sondern in einer Schule auf "LNR"-Gebiet untergebracht waren.

"Sie wurden in eine Turnhalle gesteckt, 500 Leute in einer Turnhalle, Maschinenführer, Arbeiter, alle in einem Raum. Es war völlig unhygienisch, fast alle Menschen waren erkältet, einige husteten Blut, kurzum, es war voll ******. Für 500 Menschen gab es Außenduschen mit drei Kabinen und einen 50-Liter-Boiler. Wir haben draußen gegessen wie die Tiere", schrieb der Autor der Rezension (die Schreibweise des Originals wurde beibehalten).

Dieselbe Turnhalle, in der 500 Personen Platz fanden, wurde in einer anderen Bewertung erwähnt. Vielleicht handelt es sich dabei um die Turnhalle der Schule, die in dem von Anatoly Sharyy veröffentlichten Video zu sehen ist.

In einem weiteren Bericht, den ein anonymer Schreiner am 18. Dezember, zwei Tage nach dem Einschlag in die Schule, auf derselben Website veröffentlichte, wird der Beschuss direkt erwähnt:

"Um 4.10 Uhr morgens schlugen drei Granaten direkt auf die Schule ein, es war beängstigend, ich arbeitete einen Tag lang, sie zahlten keine Versicherung, nur für einen Tag Arbeit, sie entschädigten nicht für verlorene Sachen oder ein kaputtes Telefon usw., sie schickten mich wie eine Peitsche nach Hause", sagte der Autor (Rechtschreibung beibehalten).

Neben der Gefahr, von ukrainischem Granatenbeschuss getroffen zu werden, mussten russische Arbeiter, die in die besetzten Gebiete gehen wollten, mit unhygienischen Unterbringungsbedingungen, schlechter und eintöniger Verpflegung und 20-stündigen Arbeitsschichten rechnen, wenn man den Weg zum Arbeitsort bedenkt. In einem Bericht heißt es, dass die in der Region Luhansk angeworbenen Mechaniker wegen des Mangels an Baumaschinen "auf Schaufeln" arbeiten mussten. "Leute, denkt nicht daran, in dieses [Geschäft] zu gehen, es ist alles wahr, die Einstellung ist schlimmer als bei Vieh, Männer [arbeiten] in den Gräben, ohne sich zu schonen, sie kommen in den Kindergarten, der eine Katastrophe ist, keine Heizung [nichts], stehen um 3 Uhr morgens auf, und [trotzdem] schläfst du, du wirst krank, es ist ihnen egal, sie werden gefeuert", schließt ein anderer Kritiker.