Frankreich beschließt Strafe für Leugnung des Armenier-Genozids
(gloria.tv/ KNA) Es ist eines der dunkelsten Kapitel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs: der Völkermord an den Armeniern. Bis heute behauptet die türkische Regierung, es habe ihn nie gegeben. Von Christoph Arens (KNA).
Mehr als 20 Länder und das Europaparlament allerdings haben das Geschehen offiziell als Genozid eingestuft, auch Frankreich, wo mehr als 500.000 Armenier leben. Am Donnerstag hat die Nationalversammlung in Paris auch die Leugnung des Verbrechens unter Strafe gestellt. Sie soll mit einem Jahr Gefängnis und 45.000 Euro Strafe geahndet werden.
Am 24. April 1915 begann der Völkermord mit der Verhaftung von 235 armenischen Intellektuellen in Istanbul. Zwischen 1915 und 1917 wurden nach Schätzungen zwischen 600.000 und 1,5 Millionen Armenier ermordet. Auch Zehntausende assyrische und andere Christen wurden während des Ersten Weltkriegs durch die damalige Osmanische Regierung umgebracht.
Im von Krisen geschüttelten Osmanischen Reich bildeten die Armenier um 1900 eine autonome Gemeinde mit eingeschränkten Rechten. Erfolge in Landwirtschaft, Handwerk und Finanzwesen weckten Neid. Für viele Türken waren die unter westlichem Schutz stehenden Christen Schuld am Siechtum und Auseinanderfallen des Reiches. Schon Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu ersten Pogromen. Allein die Massaker von 1894 bis 1896 hinterließen zwischen 50.000 und 300.000 Tote. Als zwischen 1909 und 1912 auch die Balkanvölker auf nationale Unabhängigkeit drängten oder von den Großmächten annektiert wurden, spitzte sich die Situation zu: Die 1908 an die Macht gekommenen Jungtürken zielten auf ein einheitliches türkisches Reich, wollten Türkisch als Einheitssprache und den Islam als alleinige kulturelle und religiöse Basis durchsetzen.
Der Erste Weltkrieg lieferte die Gelegenheit, dieses Konzept durchzusetzen. Auf Befehl des Innenministeriums wurde die Elite der Armenier zu Tausenden verhaftet und meist ohne Prozess hingerichtet.
Zehntausende starben auf Todesmärschen in der mesopotamischen Wüste.
Deutschland, damals Kriegsverbündeter der Türkei, schaute stillschweigend zu, war aber genau informiert. Der deutsche Vizekonsul in Erzurum hielt 1915 fest: «Die armenische Frage soll nun im gegenwärtigen Krieg gelöst werden», und zwar «in einer Form, die einer absoluten Ausrottung der Armenier» gleichkomme.
Der Widerstand einer kleinen Gruppe Armenier wurde weltweit bekannt und ging in die Literaturgeschichte ein: In seinem Erfolgsroman «Die vierzig Tage des Musa Dagh» schilderte Franz Werfel, wie sich im Herbst 1915 mehrere tausend Armenier am 1.700 Meter hohen Berg Musa Dagh verschanzten. Kurz bevor sie aufgeben mussten, wurden sie von einem französischen und einem britischen Kriegsschiff gerettet.
Die Gewalttaten hatten ein Nachspiel, das Rechtsgeschichte schrieb:
Nach dem Weltkrieg drängten die westlichen Siegerstaaten erstmals auf Kriegsverbrecherprozesse. Ein türkisch besetztes Kriegsgericht in Istanbul stellte fest, dass die Verbrechen zentral vorbereitet wurden, und verurteilte 17 Angeklagte zum Tode, konnte aber nur drei Hinrichtungen vollziehen. Die Haupttäter flohen, wurden aber zum Teil von armenischen Attentätern ermordet.
Bis heute belasten diese Ereignisse die internationalen Beziehungen. Die Deportationen seien eine Kriegsnotwendigkeit gewesen, um die Armenier an der Unterstützung der russischen Truppen und an Aufständen zu hindern, behaupten türkische Historiker bis heute. Man solle Beweise für den Völkermord vorlegen, forderte Ministerpräsident Tayyip Erdogan mehrfach.
Auf den jüngsten Vorstoß Frankreichs reagierte die Türkei beleidigt und drohte kulturelle und wirtschaftliche Sanktionen an. Doch auch die Armenier in der Türkei sind nicht glücklich über den Beschluss: Die lange gemeinsame Geschichte von Türken und Armeniern dürfe nicht für immer im Schatten der schmerzlichen Ereignisse von damals bleiben, erklärte das armenische Patriarchat in der Türkei.
Mehr als 20 Länder und das Europaparlament allerdings haben das Geschehen offiziell als Genozid eingestuft, auch Frankreich, wo mehr als 500.000 Armenier leben. Am Donnerstag hat die Nationalversammlung in Paris auch die Leugnung des Verbrechens unter Strafe gestellt. Sie soll mit einem Jahr Gefängnis und 45.000 Euro Strafe geahndet werden.
Am 24. April 1915 begann der Völkermord mit der Verhaftung von 235 armenischen Intellektuellen in Istanbul. Zwischen 1915 und 1917 wurden nach Schätzungen zwischen 600.000 und 1,5 Millionen Armenier ermordet. Auch Zehntausende assyrische und andere Christen wurden während des Ersten Weltkriegs durch die damalige Osmanische Regierung umgebracht.
Im von Krisen geschüttelten Osmanischen Reich bildeten die Armenier um 1900 eine autonome Gemeinde mit eingeschränkten Rechten. Erfolge in Landwirtschaft, Handwerk und Finanzwesen weckten Neid. Für viele Türken waren die unter westlichem Schutz stehenden Christen Schuld am Siechtum und Auseinanderfallen des Reiches. Schon Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu ersten Pogromen. Allein die Massaker von 1894 bis 1896 hinterließen zwischen 50.000 und 300.000 Tote. Als zwischen 1909 und 1912 auch die Balkanvölker auf nationale Unabhängigkeit drängten oder von den Großmächten annektiert wurden, spitzte sich die Situation zu: Die 1908 an die Macht gekommenen Jungtürken zielten auf ein einheitliches türkisches Reich, wollten Türkisch als Einheitssprache und den Islam als alleinige kulturelle und religiöse Basis durchsetzen.
Der Erste Weltkrieg lieferte die Gelegenheit, dieses Konzept durchzusetzen. Auf Befehl des Innenministeriums wurde die Elite der Armenier zu Tausenden verhaftet und meist ohne Prozess hingerichtet.
Zehntausende starben auf Todesmärschen in der mesopotamischen Wüste.
Deutschland, damals Kriegsverbündeter der Türkei, schaute stillschweigend zu, war aber genau informiert. Der deutsche Vizekonsul in Erzurum hielt 1915 fest: «Die armenische Frage soll nun im gegenwärtigen Krieg gelöst werden», und zwar «in einer Form, die einer absoluten Ausrottung der Armenier» gleichkomme.
Der Widerstand einer kleinen Gruppe Armenier wurde weltweit bekannt und ging in die Literaturgeschichte ein: In seinem Erfolgsroman «Die vierzig Tage des Musa Dagh» schilderte Franz Werfel, wie sich im Herbst 1915 mehrere tausend Armenier am 1.700 Meter hohen Berg Musa Dagh verschanzten. Kurz bevor sie aufgeben mussten, wurden sie von einem französischen und einem britischen Kriegsschiff gerettet.
Die Gewalttaten hatten ein Nachspiel, das Rechtsgeschichte schrieb:
Nach dem Weltkrieg drängten die westlichen Siegerstaaten erstmals auf Kriegsverbrecherprozesse. Ein türkisch besetztes Kriegsgericht in Istanbul stellte fest, dass die Verbrechen zentral vorbereitet wurden, und verurteilte 17 Angeklagte zum Tode, konnte aber nur drei Hinrichtungen vollziehen. Die Haupttäter flohen, wurden aber zum Teil von armenischen Attentätern ermordet.
Bis heute belasten diese Ereignisse die internationalen Beziehungen. Die Deportationen seien eine Kriegsnotwendigkeit gewesen, um die Armenier an der Unterstützung der russischen Truppen und an Aufständen zu hindern, behaupten türkische Historiker bis heute. Man solle Beweise für den Völkermord vorlegen, forderte Ministerpräsident Tayyip Erdogan mehrfach.
Auf den jüngsten Vorstoß Frankreichs reagierte die Türkei beleidigt und drohte kulturelle und wirtschaftliche Sanktionen an. Doch auch die Armenier in der Türkei sind nicht glücklich über den Beschluss: Die lange gemeinsame Geschichte von Türken und Armeniern dürfe nicht für immer im Schatten der schmerzlichen Ereignisse von damals bleiben, erklärte das armenische Patriarchat in der Türkei.