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Santiago_
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Jesus, das Judentum & die Eucharistie - "Die Eucharistie Verstehen" - Folge 0 Ich habe bereits mehrere Bücher von Brant Pitre mit Gewinn gelesen und zwei davon auf diesem Kanal in Reihen eingearbeitet …Mehr
Jesus, das Judentum & die Eucharistie - "Die Eucharistie Verstehen" - Folge 0

Ich habe bereits mehrere Bücher von Brant Pitre mit Gewinn gelesen und zwei davon auf diesem Kanal in Reihen eingearbeitet – jene über Jesus und jene über Maria. Beide versuchen ihren Gegenstand aus dem Alten Testament und von den jüdischen Quellen her neu für den Christen aufzuschlüsseln. Eigentlich unternehmen sie dabei nicht etwas neues, sondern zeigen das, was der ersten Generation von Christen, die mehrheitlich aus dem Judentum kam, aus der Erfahrung des gelebten Glaubens völlig selbstverständlich war. Und auch die frühen Kirchenväter hatten durch das intensive Studium der Schrift, oft noch einen Zugang zu dieser alten Welt. Doch mit dem Fortschreiten der Zeit und der Tatsache, dass das Judentum sich bald komplett wandeln musste, ließ dies auch manche theologische Reichtümer verblassen. War der Tempel Jerusalems – mit der Unterbrechung der babylonischen Verwüstung – ein Jahrtausend lang Mittelpunkt jüdischen Lebens gewesen, führte der im Jahr 66 begonnene jüdische Aufstand gegen die römische Besatzung im Jahr 70 zur Zerstörung des Heiligtums und der Stadt. Jerusalem wurde als römisches Aelia Capitolina wieder aufgebaut – und an der heiligsten Stätte ein Tempel für Jupiter errichtet. Das war unerträglich für die jüdische Seele und Widerstand formierte sich. Im Jahr 132 keimte Hoffnung auf, Simon Bar Kochbar – der Beiname bedeutet “Sohn des Sterns” - trat als Messias auf und errang mit dem Schwert Erfolge, brachte trotz römischer Hilfstruppen aus Syrien, Ägypten und Arabien, weite Teile des Landes für drei Jahr unter jüdische Kontrolle – sogar Münzen wurden geprägt, die das “Jahr 1 der Erlösung feierten”. Doch am Ende scheiterte die Revolte. Der römische Geschichtsschreiber Cassius Dio spricht von 50 zerstörten Befestigungsanlagen, fast 1000 dem Erdboden gleich gemachten Dörfern und 580.000 toten Juden – mit vielen weiteren, die später an Hunger oder Seuchen sterben sollten. Inwieweit diese Zahlen korrekt oder übertrieben sind, ist umstritten, aber Folge des Aufstands war nun die völlige Vertreibung der Juden aus Jerusalem. Das Judentum, wie es zur Zeit Jesu gewesen war, gab es nicht mehr. Der Zion und der Tempel waren verloren. Christen, die die Römer schlicht für eine jüdische Sekte hielten, traf damals das gleiche Los der Vertreibung. Aber ihr Messias war nicht in einer Revolte gefallen, sondern hundert Jahre zuvor am Kreuz gestorben – und wie sie verkündeten – am dritten Tage aus dem Grab erstanden. Das Jerusalem, als dessen Bürger sich die Jünger Jesu seither sahen, war in der Ewigkeit zu finden.
In der Welt, die später folgen sollte, war der Anspruch Christi zu einem nahezu universalen Gemeingut geworden. Die von ihm eingesetzten Sakramente wurden von der Christenheit gefeiert. Verteidigen musste man dies meist nur gegen innerkirchlichen Dissens und häretische Bewegungen, die ihr eigenes Verständnis der Schrift oft aus ihrer Zeit und ihrem gesellschaftlichen Kontext nahmen. Die Reformation wollte weg von Philosophie und den großen Theologischen Gebäuden, welche über Jahrhunderte gewachsen waren. Doch Luther, Calvin und Zwingli – auch wenn man ihnen nur die reinsten Absichten unterstellen wollte - lasen die Bibel als Männer des 16. Jahrhunderts und übersahen dabei, dass nicht nur die Schrift, sondern auch das Leben der Kirche, gegen die sie rebellierten, uralte Wurzeln hatte – ja, dass das eine ohne das andere nicht richtig entschlüsselt werden konnte. Und das nächste halbe Jahrtausend konzentrierte sich die Apologetik von beiden Seiten auf Streitfragen, deren Lösung nie im nackten Buchstaben der Schrift liegen konnte. Hier, so meine ich, liegen echte Verdienste eines neuen Klimas, das die Zeit nach dem 2. Vatikanischen Konzil, prägen sollte. Ein Interesse an den Ursprüngen und am Judentum war erwacht und fruchtbarer Dialog mit Rabbinern begonnen. Das lieferte Einsichten wie das frühe Christentum tiefer aus dem Judentum her verstanden werden konnte und wie in der Tat, sein Erbe – vielfach unbewusst – immer noch lebendig im Glauben und Leben der Kirche war und bis heute ist. Das ist nicht verwunderlich. Denn das Christentum hat sich schon in seinen Anfängen nicht als neue Religion, sondern als Erfüllung der jüdischen Verheißung verstanden. Wie tief dies geht und wie viele Details diese Erfüllung umfasst, kann jedoch nur sehen, wer seinen eigenen geschichtlichen Kontext verlässt und beginnt, Christus und sein Handeln so zu sehen, wie es seine Jünger gesehen haben – Jünger, die als Juden zum Glauben an den Messias gekommen waren.
Josef O.
Sehr interessant!! @Ursula Wegmann hat so recht: "Das MESSIASVERSTÄNDNIS muss gerade heute neu in der Rückschau überdacht werden!" Genau darauf laufen die Ausführungen von Johannes Maria Schwarz hinaus: das Ganze aus dem Alten Testament und von den jüdischen Quellen her neu aufzuschlüsseln! Die frühen Kirchenväter hätten durch das intensive Studium der Schrift oft noch einen Zugang zu dieser …Mehr
Sehr interessant!! @Ursula Wegmann hat so recht: "Das MESSIASVERSTÄNDNIS muss gerade heute neu in der Rückschau überdacht werden!" Genau darauf laufen die Ausführungen von Johannes Maria Schwarz hinaus: das Ganze aus dem Alten Testament und von den jüdischen Quellen her neu aufzuschlüsseln! Die frühen Kirchenväter hätten durch das intensive Studium der Schrift oft noch einen Zugang zu dieser alten Welt gehabt, die späteren Theologen aber nicht mehr. Die Lösung von Streitfragen in der Apologetik könne nie im nackten Buchstaben der Schrift liegen. Deshalb: "Hier, so meine ich, liegen echte Verdienste eines neuen Klimas, das die Zeit nach dem 2. Vatikanischen Konzil, prägen sollte. Ein Interesse an den Ursprüngen und am Judentum war erwacht und fruchtbarer Dialog mit Rabbinern begonnen. Das lieferte Einsichten, wie das frühe Christentum tiefer aus dem Judentum her verstanden werden konnte und wie in der Tat sein Erbe – vielfach unbewusst – immer noch lebendig im Glauben und Leben der Kirche war und bis heute ist. Das ist nicht verwunderlich. Denn das Christentum hat sich schon in seinen Anfängen nicht als neue Religion, sondern als Erfüllung der jüdischen Verheißung verstanden. Wie tief dies geht und wie viele Details diese Erfüllung umfasst, kann jedoch nur sehen, wer seinen eigenen geschichtlichen Kontext verlässt und beginnt, Christus und sein Handeln so zu sehen, wie es seine Jünger gesehen haben – Jünger, die als Juden zum Glauben an den Messias gekommen waren."